Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
Ich möchte vielmehr für faire Bedingungen sorgen. Ich möchte die Atmer wissen lassen, dass ich ein Zombie bin. Ich möchte, dass sie sich auf eine Weise vor mir fürchten, wie sie das nie für möglich gehalten hätten.
Auf Augenhöhe.
Wie alle Regierungsbehörden versprüht das örtliche Sozialamt so viel Herzlichkeit und Charme wie ein türkischer Knast, nur ohne die Prügel, die Folter, die Hinrichtungen, die Erpressungen und gelegentlichen Geiselnahmen.
Im hinteren Teil befinden sich vier Schalter, mit einer Sicherheitstür neben dem ersten und einem Wartebereich, der aus vier Stuhlreihen besteht. Das Podest für den Sicherheitsmann hinter der Eingangstür ist verwaist, als ich eintrete. Gegenüber steht ein Anmeldungscomputer:
Wenn Sie einen Termin haben, drücken Sie die 0.
Sonst drücken Sie die 1.
Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, telefonisch einen Termin zu vereinbaren. Das scheint auch kein Problem zu sein, denn im Wartebereich hockt lediglich ein einsamer Atmer, und ein weiterer steht am einzigen offenen Schalter und spricht mit dem Beamten. Also drücke ich die 1, und der Thermodrucker spuckt eine Marke mit der Nummer A75 aus.
Ich setze mich in die dritte Reihe, um zwei Stühle versetzt und eine Reihe hinter eine Frau mittleren Alters, die in einer Zeitschrift blättert. Keine zehn Sekunden nachdem ich Platz genommen habe, erschauert sie und wickelt sich noch enger in ihre Strickjacke. Und bevor ihre Nummer aufgerufen wird, verlässt sie das Gebäude.
So wirke ich auf die Leute.
Der ältere Mann am Schalter kommt zum Ende und steuert auf den Ausgang zu; als er an mir vorbeiläuft, nimmt sein Gesicht eine graue Färbung an. Dann ruft der Schalterbeamte meine Nummer auf.
Das Erste, was ich jetzt jedes Mal tue, wenn ich einen Atmer erblicke, ist, dass ich ihn von Kopf bis Fuß mustere. Kann man Gulasch aus ihm zubereiten, oder eignet er sich besser zum Grillen? Sieht er eher nach Filet Mignon oder nach Hackfleisch aus? Natürlich kommt es vor allem darauf an, was für Vorlieben man hat. Oder wie viel Mühe
man sich bei der Zubereitung des Essens gibt. Wenn man unschlüssig ist, kann man das Fleisch auch einfach weich klopfen, es in Olivenöl einlegen, Sardellenfilets und Kapern hinzufügen und das Ganze Carpaccio nennen.
Der Beamte des Sozialamtes lässt mich an Hackfleisch denken.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragt er mit einem Lächeln, das mehr wie eine Grimasse wirkt.
So erinnert er mich an Ted, abgesehen von dem goldenen Ohrring und den Botox-Injektionen.
Ich erkläre ihm, dass ich meine Sozialversicherungsnummer reaktivieren möchte.
»Reaktivieren?«, fragt er. »Warum ist die Nummer denn überhaupt erloschen?«
»Man hat mich irrtümlicherweise für tot erklärt«, sage ich.
Er starrt mich eine Weile an, immer noch das aufgesetzte Lächeln im Gesicht. »Das ist nicht ganz unkompliziert.«
Ich zeige ihm meine Geburtsurkunde und meinen Führerschein sowie meinen Ausweis und nenne ihm meine Sozialversicherungsnummer.
Er nimmt meine Dokumente und tippt meine Nummer in den Computer. Auf seiner Stirn bilden sich kleine Schweißperlen. Was auch immer auf seinem Monitor erscheint, lässt die Farbe aus seinem Gesicht weichen.
»Hier … hier steht, dass Sie tot sind«, sagt er mit gebrochener Stimme.
Ein Irrtum, rufe ich ihm ins Gedächtnis.
Er schaut zu mir herüber, dann auf den Monitor, schließlich dreht er sich um und wirft einen Blick über die Schulter. Er ist allein.
»Gary!«, ruft er.
»Gibt’s ein Problem?«, frage ich.
»Gary!«
»Äh, Entschuldigung«, sage ich.
Er dreht sich wieder zu mir um, das Gesicht kreidebleich, und starrt auf den Monitor. »In unseren Unterlagen steht, dass Sie … dass Andrew Warner … dass er am vierzehnten Juli gestorben und drei Tage später wiederbelebt wurde.«
»Genau wie Jesus«, sage ich. »Und jetzt würde ich gerne meine Sozialversicherungsnummer reaktivieren, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
»Das ist …«, sagt er und tritt rückwärts vom Schalter fort. »Das geht nicht.«
»Warum nicht?«, frage ich. »Weil …«, sagt er, während er zurückwankt und nach dem Telefon langt. »Weil …«
»Weg vom Schalter.«
Ich fahre herum. Links von mir, neben der Sicherheitstür, steht Gary, der Sicherheitsmann. Seine rechte Hand schwebt über seiner Pistole. Als ob ihm das was nutzen würde. Er könnte mich mit seinem kompletten Magazin vollpumpen, und ich würde es immer noch schaffen, ihn zu rösten, bevor die Oprah
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