Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
anderen Worten: Sie haben die Türen dichtgemacht und um Hilfe gerufen.
Carl ist nicht mal fortgelaufen oder hat sich zur Wehr gesetzt, sondern hat draußen auf die Polizei gewartet und sich ohne Widerstand festnehmen lassen. Im Gegensatz zu Naomi, die mit Handfesseln und einem Elektrostab überwältigt werden musste, bevor man sie aus dem Kino abführen konnte.
Wie sich herausstellte, hat sie es trotz ihrer leeren Augenhöhle geschafft, unbemerkt an der Kasse vorbeizukommen, doch als sie in der Schlange am Popcorn-Stand wartete, hat ein kleiner Junge, der mit seiner Mutter vor ihr
stand, sich immer wieder umgedreht und sie angestarrt. So dass sie schließlich sagte: »Was denn? Hast du etwa noch nie einen Zombie gesehen?«
Wenigstens hat man ihr nicht ins Gesicht geschossen.
Ich greife nach oben und berühre das gezackte Loch über meinem linken Auge. Ich konnte es zwar reinigen und mit einem Antibiotikum einreiben, aber ohne Menschenfleisch verheilt es nicht wie sonst. Und ich kann nicht damit rechnen, dass Rita hier irgendwas reinschmuggelt, da man sie zusammen mit Leslie, Beth und Tom eingebuchtet hat, weil sie vor der SPCA demonstriert hat, um gegen unsere Inhaftierung zu protestieren.
Allerdings werden alle anderen freigelassen, sobald ihre rechtmäßigen Aufsichtspersonen hier aufkreuzen, um sie herauszuholen. Meine eigene Lage ist da etwas heikler. Nicht nur, dass ich keine Eltern mehr habe, die meine Geldbuße bezahlen könnten, die Polizei ist auch dahintergekommen, dass sie verschwunden sind. Obwohl sie keine Beweise haben, bin ich natürlich der Hauptverdächtige, aber auch wenn sie nie etwas zutage fördern, um mir den Mord an meinen Eltern nachzuweisen, bleiben mir nur noch vier Tage, bevor ich an die Bezirksverwaltung überführt und weitergeleitet werde. Es sei denn, es meldet sich jemand, der mich in Pflege nimmt.
ZOMBIE SUCHT ATMER
Stubenrein
Mag Katzen und Strandspaziergänge
Kann gut kochen
Das einzige Problem: Selbst wenn sich jemand bereiterklären würde, mich bei sich aufzunehmen, wird die Bezirksverwaltung
das nicht genehmigen, weil das Verschwinden meiner Eltern nach wie vor ungeklärt ist. Man betrachtet mich als gemeingefährlichen Zombie; das heißt für mich, wenn die sieben Tage vorbei sind, Pech gehabt.
Das musste ja irgendwann so kommen. Wenn du deine Eltern verspeist, kannst du nicht erwarten, dass keiner etwas von ihrem Verschwinden mitkriegt. Doch wenn du die Reste deiner Eltern zu Kroketten verarbeitest, denkst du einfach nicht über die Folgen deines Handelns nach.
Jerry muss erneut mehrmals niesen, gefolgt von einem heftigen, trockenen Hustenanfall. Ich rechne jeden Moment damit, dass er einen Haarball ausspuckt.
Das einzige ursprüngliche Mitglied aus unserer Gruppe, das nicht hochgenommen wurde, ist Helen, obwohl sie mir bei einem Besuch anvertraut hat, dass sie ständig daran denkt, ihre Schwester zu verspeisen.
»Sie sieht einfach unglaublich saftig aus.«
Ja. Saftig. Bei den Worten läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
Anstatt ihre Schwester zu verspeisen, hat Helen mit Hilfe von Zack und Luke einen Obdachlosen erledigt; anschließend haben sie ihn in Stücke geschnitten und in der Gefriertruhe in Ians Garage verstaut.
Wenn Grün die Farbe des Neids ist, bin ich eine pürierte Erbensuppe.
Für eine Erbensuppe mit Menschenfleisch zerlasse man 2 EL Butter in einer Kasserolle, vermenge sie mit 2 EL Mehl, gieße jeweils ½ 1 Milch und Menschenfleischbrühe hinzu und bringe das Ganze zum Kochen. Dann rühre man gehacktes Menschenfleisch und das Püree aus grünen Erbsen unter, würze es mit Salz und Pfeffer, und lasse alles bei
geschlossenem Deckel 5 bis 10 Minuten simmern. Das ergibt sechs Portionen.
Helen meinte, ich solle mir keine Sorgen machen, sie und Ian würden sich schon was überlegen, um mich hier rauszuholen. Ich hoffe, dass ihnen schnell was einfällt, damit ich frisches Menschenfleisch essen kann, denn ich zupfe schon die ganze Zeit Stücke meines Gehirns aus der Austrittswunde in meinem Hinterkopf.
KAPITEL 47
Tag fünf meiner Gefangenschaft.
Vor zwei Tagen hat man Jerry entlassen. Ich kann nicht behaupten, dass mir sein ständiges Schnaufen und Husten fehlt, aber wenigstens hat es das monotone Gefauche ein wenig aufgelockert.
Die rote Perserkatze im Käfig neben mir ist am schlimmsten. Sie faucht mich zwar nicht so laut an wie die anderen, aber da ihr Gesicht so eingedrückt ist, funktionieren ihre Atemorgane nicht richtig, so dass sie
Weitere Kostenlose Bücher