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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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sozusagen noch nicht ganz. Was? Keine Besuchszeit? Na, hören Sie mal. Schwester! Wozu habe ich denn ein Privatzimmer verlangt? Na also...«
    Der elektrische Öffner summte, und der elegante Herr verschwand mit seiner Bonbonniere hinter der Glastür. Paul sah ihn die Treppe hinaufsteigen.
    Da stand er nun mit seinem Fliederstrauß. Das also war des Rätsels Lösung: ein Mann, ein sehr eleganter Mann mit einem Sportwagen. Was hatte er gesagt? Sozusagen noch nicht ganz verlobt. Na ja, aber vermutlich bald. Und das Baby?
    Es schien ihm nun alles klar. Irene hatte natürlich eine Liebschaft mit diesem Schnösel, der sicherlich nicht daran dachte, sie zu heiraten. Aber einen Vater brauchte das Kind, und dazu wäre er gerade gut genug gewesen. Ah, und deshalb wollte sie auch gleich heiraten, sofort. Und deshalb war sie so wütend gewesen...
    Die Schwester lächelte dem jungen Mann mit seinem Fliederstrauß freundlich zu: »Wohin wollen wir denn?«
    Paul warf ihr einen abwesenden Blick zu und verließ langsam die Vorhalle der Klinik.
    In einem merkwürdigen Zustand zwischen Beklemmung und Erleichterung, zwischen Enttäuschung und dem Gefühl, gerade noch einer großen Gefahr entronnen zu sein, stieg er draußen die Treppe hinab. Vor dem Sportcoupé blieb er stehen. Mit einem Schwung flog der Fliederstrauß neben den Fahrersitz.
    »Bitte, meinen herzlichen Glückwunsch. Werdet glücklich miteinander!«
    Eine Viertelstunde später stand er wieder vor einem Schalter am Hauptpostamt. Diesmal verlangte er ein Telegrammformular. Mit Druckbuchstaben schrieb er den Text:
    EINTREFFE HAMBURG ZUR MASCHINENÜBERNAHME SCHON ÜBERMORGEN ABEND — PAUL CLARISCH

    *

    Wolfgangs Gummisohlen quietschten leise auf dem spiegelblanken Linoleum. Ganz wohl war ihm nicht in seiner Haut. Eigentlich hatte er gehofft, das Mädchen sei inzwischen längst entlassen worden, und er könne hier ihre Adresse erfragen. Daß sie noch da war, schien ihm kein gutes Zeichen. Nun, man würde sehen. Vielleicht war es deshalb gerade richtig, mit ihr zu sprechen.
    Vor Zimmer achtzehn blieb er stehen und klopfte entschlossen an der weißen Tür.
    Keine Antwort.
    Er klopfte nochmals. Vielleicht schlief das Mädchen gerade.
    Wieder keine Antwort.
    Die Stationsschwester kam den Gang entlang und grüßte den Besucher freundlich.
    »Wollen Sie zu Fräulein Keltens?«
    »Ja.«
    »Haben Sie geklopft?«
    »Ja, aber sie antwortet nicht. Vielleicht schläft sie.«
    »Lange können Sie nicht bleiben, die Visite kommt bald. Warten Sie einen Augenblick, ich schau mal nach.«
    Sie verschwand im Zimmer. Wolfgang wartete. Es dauerte eine Weile, vielleicht wollte sich das Mädchen für den Besucher noch zurechtmachen.
    Aber dann kam die Schwester herausgeschossen, ließ die Tür hinter sich ins Schloß fallen, rief Wolfgang etwas zu, was er nicht verstand, und rannte an ihm vorbei ins Schwesternzimmer. Wolfgang hörte ihre Stimme durch die offene Tür.
    »Herr Doktor, bitte rasch auf Zimmer 18. Ich glaube... ja, Schlaftabletten...«
    Als sie, ziemlich blaß, wieder herauskam und Wolfgang noch dastehen sah, sagte sie: »Sind Sie mit Fräulein Keltens verwandt?«
    »Nein. Was ist denn...«
    »Dann können Sie Fräulein Keltens jetzt nicht besuchen. Es ist... sie hat einen... Rückfall. Bitte kommen Sie ein andermal wieder.«
    Er hatte doch das Wort Schlaftabletten ganz deutlich gehört. Außerdem sagte ihm die Aufregung genug.
    Himmel, dachte er, jetzt hat sie sich umgebracht. Und jetzt kommt die Kriminalpolizei und womöglich...
    Er ließ seine Bonbonniere im Stationszimmer liegen und verschwand so unauffällig wie möglich.

    *

    Die Nacht war mondlos, aber sternklar und hell, so daß man die dunkle Silhouette des zerklüfteten, bergigen Ufers vom Kutter aus erkennen konnte. Das Schiff lag vor Anker und wiegte sich sanft auf und ab. Außer den grünen und roten Positionslichtern brannte auch im Führerhaus Licht, das sich im schwarzen, glatten Wasser spiegelte.
    Der Kutter gehörte Pietro Nenni und seiner siebenköpfigen Familie nicht allein, sondern es waren noch einige weitere Verwandte daran beteiligt. Gemeinsam hatten sie es, nach langwierigen und exakten Versuchen, in den Farben grün, schwarz und braun angestrichen. Diese Farbe sah man sowohl bei Tage als auch bei Nacht am wenigsten.
    Bekanntlich halten die Italiener nicht viel von ihren eigenen Zigaretten, auch die Bevölkerung von Sardinien nicht, und so kamen Pietro und Giulio Torrini zusammen auf den Gedanken, Zigaretten

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