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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Goldglieder, die wie ein Band ineinandergriffen. Damals hatte Robert noch nicht so viel Geld besessen, und diese Handarbeit eines bekannten Juweliers war für ihn eine unerhörte Ausgabe gewesen.
    Und später, als Dominique geboren worden war, ließ Robert auf jedes Glied einen kleinen Rubin setzen. »Kleine Mädchen«, hatte er dazu gesagt, »die kleinen Mädchen sind immer rosa. Wenn es nächstes Mal ein Junge wird, bekommst du noch die blauen Saphire dazu.«
    Sie hatte die blauen Saphire bekommen, und nun lag dieses Armband durch ihre Schuld irgendwo auf dem Meeresgrund.
    »Was sagten Sie eben?« hörte sie Giulio neben sich fragen.
    »Ich... ich dachte an ein Armband. Es war in der kleinen Schmuckschatulle. Wenigstens das hätte ich retten sollen, ich hätte es auch gerade an jenem Morgen tragen können. Um nichts ist es mir leid, nur gerade um dieses Armband.«
    Er schaute sie aus seinen dunklen Augen an wie ein trauriger Hund. Dann streichelte er sanft über ihre Finger, ganz flüchtig nur.
    Als sie wieder in den alten Fiat kletterten, fühlte Giulio rasch und unauffällig in die Brusttasche seiner Sportjacke. Seine Finger berührten das Armband, das er aus der Schatulle genommen hatte, ehe er die Koffer seinem Komplicen Pietro übergab.

    *

    Am Abend des gleichen Tages saßen Robert Berckheim und seine Mutter sich beim Abendessen gegenüber. Der lange, hohe Speiseraum mit seinen acht Fenstern zum See wirkte wie das Schiff einer Kirche, er war ungemütlich, wenn nur zwei Menschen an der Tafel für zwölf Personen saßen.
    In einer nahen Ortschaft war ein Wanderzirkus eingezogen, hatte sein kleines Zelt aufgeschlagen, und Roberts Mutter hatte die Kinder zur abendlichen Vorstellung hingeschickt, um allein mit Robert zu sein.
    Therese, deren Alter kaum jemand in Ried wirklich kannte, gehörte genauso zum Schloß wie die zerfallene Kapelle, der Turm und die ausgetretenen Treppen. Mit siebzehn war sie als Bauerntochter nach Ried gekommen, und hatte von Roberts Onkel laut testamentarischer Verfügung lebenslängliches Wohnrecht auf Ried.
    Das Essen verlief schweigsam, beinahe frostig. Es war für Robert eine Erlösung, als sie endlich in die Bibliothek hinübergingen, einen ebenso großen Raum, der aber durch seine alte Holztäfelung anheimelnd wirkte.
    Er schenkte den Beaujolais ein, den seine Mutter jeden Abend trank, holte sich eine Flasche Kognak, und dann setzten sie sich unter die Stehlampe in die breiten Ledersessel.
    »Nichts«, sagte er. »Ich habe gestern und heute fast alle Arbeit meinen Assistenten aufgehalst, um Zeit zu haben. Ich habe mit Gott und der Welt telefoniert. Nichts.«
    »Gar nichts?« Sie zog die Augenbrauen hoch, wie immer, wenn ihr etwas unverständlich war. Ihre schlanken Finger nahmen eine der langen russischen Zigaretten aus der Schachtel, Robert reichte ihr Feuer.
    »In der Nähe von Cagliari wurden ein paar Liegestühle angetrieben, vermutlich vom Deck der YPSILON. Und irgendwo wurde ein Holländer, van Holsten oder so ähnlich, ertrunken aufgefischt. Das ist bisher alles.«
    »Schrecklich«, sagte sie. Es ging ihr wirklich nahe. »Du mußt es den Kindern endlich sagen, Robert. Alle Leute wissen es schon.«
    »Ja, natürlich. Aber du hattest gesagt, du würdest den richtigen Zeitpunkt wählen und es ihnen erklären.«
    Sie trank ihren Beaujolais in kleinen Schlucken.
    »Ich weiß. Aber ich habe es mir überlegt: in solchen Fällen ist es besser, du als Vater sprichst mit ihnen. Sie müssen sich daran gewöhnen, ihr Vertrauen jetzt ganz dir zu schenken. Sprich heute abend mit ihnen.«
    »Heute? Nachdem sie aus dem Zirkus kommen?«
    »Freud und Leid liegen nahe beisammen. Bei Kindern erst recht.«
    Eine Weile schwiegen beide.
    Dann stand er auf, trat ans Fenster und schaute über den dunklen See. Plötzlich drehte er sich um.
    »Ich kann kein Wasser mehr sehen, Mama. Dabei weiß ich nicht einmal, ob sie ertrunken ist. Wenn es eine Explosion war, kann sie auch anders tödlich verletzt worden sein. Es ist grauenhaft, überhaupt nichts zu wissen.« Seine Hände ballten sich unbewußt zu Fäusten. »Ich werde übermorgen abreisen.«
    »Abreisen? Wohin, Robert?«
    »Nach Nizza. Mit Brigitte sprechen. Mit den Leuten dort sprechen, die sie zuletzt gesehen haben. Mit der Polizei sprechen, mit den Flugzeugführern, mit den Seeämtern. Ich weiß nicht wo, aber irgendwo muß es eine Spur von ihr geben.«
    Sie erhob sich ebenfalls und trat neben ihn.
    »Robert«, sagte sie leise. »Du mußt dich

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