Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
Vom Netzwerk:
Alles weitere überlasse ich dir. Baue deine Story so, daß sie hieb- und stichfest ist, und wimmle alle anderen Reporter und Schnüffler ab. Und dann ist es Zeit, daß du mich mit einschaltest, denn bis dahin weiß ich ja offiziell von der ganzen Geschichte noch nichts.«
    »Warum muß ich dich eigentlich einschalten?« Tino knabberte an seinen Fingernägeln. »Ich habe doch meinen Bericht exklusiv, den Vertrag unterschreibt sie mir doch sofort, oder?«
    »Ja, natürlich.«
    »Also, dann wird sich die übrige Presse endlich mal um Tino Moreno reißen, und mir tolle Summen anbieten. Ich mache Verträge mit Deutschland, England, Frankreich und allen anderen. Überall nur mit einem Blatt, und zwar mit dem...«
    Er rieb seinen dicken Daumen an seinem nikotinbraunen Zeigefinger.
    »Ist mir egal«, sagte Giulio. »Ich jedenfalls muß aus der ganzen Vorgeschichte rausbleiben. Wir machen überall fifty-fifty, auch später, wenn das Hauptgeschäft erst losgeht. Sie darf aber um Gottes willen keine Lunte riechen. Für sie muß ich immer der gute Freund und Helfer bleiben. Erst recht, wenn du eines Tages kommst und deine Forderungen stellst. Ich werde ihr dann erklären, daß ihr Reporter alle Schweine seid, und sie mit allen ihren Sorgen zu mir kommen, meinen Rat einholen, und so habe ich sie ständig unter bester Kontrolle. Du bekommst dann von mir die jeweils besten Tips. Einverstanden?«
    »Natürlich. Und du meinst, sie hat wirklich soviel, daß es sich lohnt?«
    »Mehr, als du jemals mit deiner armseligen Schreiberei verdienen kannst. Und was ich noch sagen wollte: deine Story verkaufst du, wie du willst, mich interessieren nur meine fünfzig Prozent. Klar?«
    »Klar, Giulio.«
    »Aber von allem, was später nachkommt, will ich zwei Drittel. Auch klar? Und jetzt bring mich bitte in mein Hotel, ich werde wunschlos glücklich einschlafen und warten, bis du morgen früh in meinem Hotel erscheinst und mich weckst. Sagen wir um halb elf Uhr, bitte nicht früher, ich möchte in Ruhe baden und frühstücken. Du wirst also mit allen Zeichen höchster Aufregung hier erscheinen, geheimnisvolle Worte ausstoßen und den Direktor neugierig machen, er könnte später ein Zeuge für uns sein. Dann verlangst du nach mir, weil dir bekannt ist, daß ich mit Dr. Kröger und seinen Bekannten befreundet bin, und bringst möglichst wieder einen Hausdiener oder das Stubenmädchen mit in mein Zimmer. Und dann lernen wir uns offiziell kennen, und du fragst mich, ob ich nicht eine Dame identifizieren könne, die vermutlich die Katastrophe auf der YPSILON miterlebt hat. Und ich werde Hals über Kopf mit dir kommen, Thomaso wird später Zeuge sein für die rührende Szene des Wiedererkennens von Madame Berckheim. Ist dir der kurze Sinn dieser langen Rede in allen Details klar?«
    »Völlig klar.«
    »Dann gute Nacht...«

    *

    »Sie brauchen nicht zu warten«, sagte Irene zu dem Taxifahrer, zahlte und holte ihre Schlüssel aus der Handtasche. Oben, in ihrem Zimmer, zog sie sich um und ging in die Küche, wo sie mit einem schiefen Blick von der Majorswitwe empfangen wurde.
    »Guten Morgen«, sagte Irene. »Ich muß mit Ihnen sprechen, Frau Lohwinckel.«
    »Trifft sich gut«, sagte die Frau. »Ich mit Ihnen auch. Wir haben uns lange nicht gesehen.«
    »Ich hatte einen kleinen Unfall«, erklärte Irene und zündete sich eine Zigarette an. »Ich lag im Krankenhaus und jetzt fahre ich für einige Zeit in Erholung aufs Land.«
    Die Witwe blieb mißtrauisch. »Einen Unfall? Merkwürdig. Konnten Sie denn Herrn Clarisch davon nicht verständigen?«
    »Doch, aber nicht gleich. Leichte Gehirnerschütterung, wissen Sie? Paul weiß inzwischen längst Bescheid. Wie gesagt, ich fahre aufs Land, für wie lange, weiß ich noch nicht. Eine Bekannte wird so lange in meinen Zimmern wohnen. Sie haben doch nichts dagegen?«
    »Na schön«, sagte Frau Lohwinkel mürrisch. »Ich hab’ nichts dagegen, Fräulein Keltens. Ich nehme an, daß es sich um eine anständige Dame handelt.«
    Irene schaute sie mit ihrem unverschämtesten Lächeln an.
    »Würden Sie mir zutrauen, daß ich mit unanständigen Damen befreundet bin? Also abgemacht, die Miete wird regelmäßig bezahlt, und die Wohnung gehört nach wie vor mir, auch falls ich länger wegbleiben sollte.«
    »Wann verreisen Sie?«
    Irene schaute auf ihre Armbanduhr.
    »Ich werde in einer Dreiviertelstunde abgeholt.«
    Sie verließ die Küche und fing an, ihre Koffer zu packen. Als sie damit fertig war, setzte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher