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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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erklären, wohin die zehntausend Mark gekommen waren?
    Und was würde geschehen, wenn er vergaß, neues Geld vom Klinik-Konto zu überweisen? Dann würde einer der beiden Schecks ungedeckt sein, es würde Anrufe von der Bank geben, Robert würde Erklärungen fordern...
    Nachdenklich ging sie über den Hof zum Wald. Sie spürte das gleiche Gefühl, wie sie es einmal beim Baden gehabt hatte: Schlingpflanzen hielten ihre Beine umklammert, schienen sie immer tiefer ins Wasser zu ziehen, ließen nicht mehr los, bis sie um Hilfe schrie.
    Damals hatte Robert sie befreit, sie gerettet.
    Wen konnte sie heute um Hilfe rufen? Wer würde sie aus ihren eigenen Lügenschlingen befreien?

    *

    Christi Himmelfahrt. Die Morgensonne war von zarten Föhnwolken verschleiert, zum Frühstück im Freien war es zu kühl.
    Die alte holländische Uhr in der Bibliothek schlug leise neun Uhr. Monika wartete auf Robert, der gestern abend angerufen und versprochen hatte, heute so früh wie möglich nach Ried zu kommen, er rechne, schon zum Frühstück. Monika überlegte, ob sie die Klinik anrufen solle, tat es dann aber doch nicht. Sie wollte Robert nicht drängen.
    Die Tür ging auf und Irene kam herein.
    »Guten Morgen, Frau Berckheim. Hoffentlich geht es Ihnen heute besser?«
    Tatsächlich hatte sich Monika in den letzten drei Tagen elend gefühlt. Sie glaubte immer wieder, dieses Mädchen beobachte sie, und wenn sie plötzlich hinschaute, schien Irenes Blick lauernd auf sie gerichtet.
    In der vergangenen Nacht hatte sie zum ersten Mal wieder gut geschlafen. Nichts, so hatte sie sich gestern abend gesagt, aber auch gar nichts deutete darauf hin, daß Irene eine Ahnung hatte.
    »Ja«, sagte Monika. »Ich habe gut geschlafen und fühle mich wirklich frisch. Haben Sie schon gefrühstückt?«
    »Ja. Mit den Kindern. Sie spielen Federball auf der Wiese hinter dem Verwalterhaus.« Sie lächelte. »Es war gar nicht leicht, sie davon abzubringen, ihre Mutti zu wecken.«
    Nun lächelte auch Monika.
    »Nett von Ihnen, Fräulein Keltens. Aber schicken Sie mir die Kinder jetzt bitte herein. Mein Mann hat sich heute frei gemacht, er muß jeden Augenblick kommen, und wir werden alle zusammen frühstücken.«
    Irene nickte.
    »Gern, Frau Berckheim. Ich werde nur noch sehen, daß sie sich die Hände waschen.«
    Irene brachte die Kinder und zog sich dann zurück.
    »Wollen Sie nicht auch bleiben?« fragte Monika.
    »Vielen Dank, nein, ich möchte ein paar Briefe schreiben. Wenn Sie mich brauchen, bin ich natürlich sofort wieder zu Ihrer Verfügung.«
    Die beiden Schläger und die Federbälle hatte Monika gestern besorgt, die Kinder wollten sich nicht mehr davon trennen. Sie fingen auch in der Bibliothek an zu spielen, bis Monika es ihnen untersagte.
    Inzwischen hatte auch Irene gemerkt, daß man vom Hause aus nicht unbemerkt telefonieren konnte. Sie ging zum Verwalter hinüber, einem älteren, sehr stillen Mann.
    »Darf ich mal telefonieren, Herr Brömmer?«
    »Bitte.«
    Sie wählte die Nummer ihrer eigenen Wohnung in München, und als sich ihre Freundin meldete, sagte sie:
    »Ich habe es wirklich gut, hier draußen. Aber es gibt keine Illustrierten. Bitte besorge mir doch alle, in denen etwas von der YPSILON steht. Ja, danke. Und schick sie bitte postlagend nach Herrsching.«
    Sie wollte schon einhängen, als ihre Freundin fragte:
    »Sag mal, kennst du einen Mann namens Tino Moreno?«
    »Tino Moreno? Nie gehört. Was ist mit ihm?«
    »Sagt, er sei Reporter, er wollte dich sprechen, und als ich ihm erklärte, daß du nicht hier seist, wollte er mich nach dir ausquetschen. Komisch, was?«
    »Ich weiß nicht. Handelte es sich um Aufnahmen?«
    »Er sagte es. Angeblich für ein italienisches Journal. Aber ich glaube, er hat gelogen. Könnte es nicht mit... na, du weißt schon... zusammenhängen?«
    »Keine Ahnung. Hast du ihm gesagt, wo ich bin?«
    »Nein. Aber er hat mir seine Adresse dagelassen. Er wohnt in der >Eden-Pension<.«
    »Meinetwegen. Sonst noch was?«
    »Nein. Bleibst du noch lange?«
    »Selbstverständlich. Wahrscheinlich für immer.«
    Sie hängte ein und fing den mißbilligenden Blick des Verwalters auf.
    »Mich interessiert das eben«, sagte Irene schnippisch. »Drüben spricht kein Mensch von dem Unglück, Frau Berckheim am allerwenigsten, und irgendwie möchte man doch informiert sein.«
    »Ich nicht. Geht mich auch nichts an.«
    Sie ging zur Tür.
    »Danke fürs Telefonieren«, sagte sie.
    Als sie über den Hof ging, bog ein großer, heller

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