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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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mit der YPSILON abfuhren?«
    Einen Augenblick verlor Monika die Nerven.
    »Ja!« schrie sie Irene an. »Ja, und was geht Sie das denn an?«
    Irene hatte es vor Kameras gelernt, einen kindlich-erschrockenen Ausdruck auf ihr Gesicht zu zaubern.
    »Verzeihung, gnädige Frau, ich wollte nicht...«
    Monika riß sich zusammen.
    »Ich... bitte, Fräulein Keltens, es ist dieser Name, ich bitte Sie, ihn nicht zu erwähnen.«
    »Natürlich«, murmelte Irene. »Ich kann mir denken, welche Erinnerungen für Sie damit verbunden sind.«
    Sie verschwand in ihr Zimmer und dachte darüber nach, was sie nun zu unternehmen hatte. Monika schien ihr reif zu sein.

    *

    An diesem trüben Freitag morgen hockte Wolfgang Rothe an seinem Zeichentisch und kritzelte lustlos an einem Werbeplakat.
    Er sprang hocherfreut auf, als die Klingel an seiner Wohnungstür läutete, denn eine Unterbrechung erschien ihm wie eine Erlösung aus der Pein fruchtlosen Nachdenkens.
    Ein schmuddeliger, rundlicher Mann mit Knopfaugen stand vor der Tür.
    »Herr Rothe?«
    »Ja, was gibt’s?«
    »Ich bin Reporter«, sagte der kleine Dicke. »Mein Name ist Tino Moreno.«
    »Bitte, kommen Sie doch herein. Was kann ich für Sie tun, Herr Moreno?«
    Tino schaute sich bewundernd um.
    »Ich möchte eine Reportage machen, eine Beschreibung sozusagen, wie Künstler in Deutschland leben.«
    Wolfgang lachte.
    »Da sind Sie nicht der erste. Ich kann Ihnen Texte und Bilder von anderen Zeitschriften liefern. Sie brauchen nur abzuschreiben.«
    Nun grinste auch Tino.
    »Machen Sie das mit Ihren Reklameentwürfen auch so?«
    Wolfgang fand Gefallen an diesem Kerl. »Setzen Sie sich, Herr Moreno. Was zu trinken? Cinzano? Sie sind doch Italiener?«
    »Ja, und deshalb bitte Whisky, wenn’s schon sein muß. Also fangen wir mal an. Offensichtlich verdienen Sie gut?«
    »Es geht.«
    »Wäre die Frage zu indiskret, wieviel?«
    »Gewiß, viel zu indiskret.«
    »Ihre Hobbies, Herr Rothe?«
    »Schreiben Sie, daß ich Schneckenhäuser sammle.«
    »Ausgezeichnet. Und wie steht’s mit den Mädchen? Viele?«
    »Von Zeit zu Zeit.«
    »Warum nicht verheiratet?«
    »Die Richtige noch nicht gefunden, Herr Moreno. Das ist übrigens die erste wahre Antwort.«
    »Kann ich mir denken. Darf ich...«, er griff nach den Zigaretten, zündete sich eine an und sagte: »Frau Berckheim will sich wohl nicht scheiden lassen, wie?«
    Wolfgang schnappte nach Luft.
    »Was haben Sie da eben gesagt?«
    Tino winkte ab. »Regen Sie sich nicht auf, Herr Rothe. Ich weiß alles.«
    Mit zwei Sätzen stand Wolfgang vor ihm, packte ihn am Kragen und zog ihn aus dem Sessel hoch.
    »Was wissen Sie? Raus mit der Sprache.«
    Tino grinste.
    »Lassen Sie mich erst mal los, ich habe einen empfindlichen Hals, und wenn der zugeschnürt ist, kann ich nicht reden.«
    Wolfgang ließ los, Tino setzte sich seelenruhig wieder hin.
    »Ich war nämlich in Sardinien und habe dort alles für Frau Berckheim organisiert. Fragen Sie sie doch mal, ob sie mit meiner Arbeit zufrieden war.«
    Nun setzte sich auch Wolfgang wieder.
    »Ach so, das hätten Sie gleich sagen können. Und was wollen Sie nun in Wirklichkeit von mir?«
    »Geld natürlich.«
    Nun zündete sich auch Wolfgang eine Zigarette an.
    »Erpressung?«
    »Ja, genau das. Ich sehe, wir verstehen uns mit wenigen Worten.«
    Wolfgang überlegte, ob er diesen Kerl verprügeln sollte oder ihn nur einfach hinauswerfen.
    Er fragte: »Und wenn ich nicht zahle?«
    »Dann wird die ganze sensationelle Story von der YPSILON und Frau Berckheim veröffentlicht, einschließlich ihrem kleinen Abstecher zu einem gewissen Herrn Rothe.«
    »Wieviel wollen Sie?«
    »Ich dachte an etwa zehntausend.«
    »Und welche Gewähr habe ich, daß Sie nicht in kurzer Zeit die nächsten zehntausend fordern? Halten Sie mich für einen Idioten?«
    »Eben nicht, Herr Rothe. Und deshalb schlage ich Ihnen gleich zwanzigtausend vor. Denn sehen Sie mal: irgendwann wird es Ihnen natürlich zu dumm, für eine Frau zu bezahlen, die von Ihnen nichts wissen will. Diesen Punkt, gewissermaßen den Kulminationspunkt, herauszufinden, ist meine Aufgabe. Bleiben wir bei zwanzigtausend?«
    Tino lehnte sich bequem zurück, seine Knopfaugen wanderten noch einmal durch den eleganten Raum, dann sagte er, beinahe wehmütig: »Sie haben es geschafft, Herr Rothe. Ich nicht, das ist der Unterschied. Sie werden gemerkt haben, daß ich nicht ganz auf den Kopf gefallen bin, ich spreche vier Sprachen perfekt und ich kann mich klar und deutlich

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