Anruf aus Nizza
saß, da waren sie in einen Taumel aus Freude, Gier und Irrsinn ausgebrochen.
Auch Irenes Harpune hatte getroffen...
*
Ein fröhlicher schmetternder Finkenschlag war es, der Monika aus ihren Träumen löste. Noch mit geschlossenen Augen wartete sie, und als sie ihn wieder hörte, schlug sie die Augen auf.
Sie fühlte sich noch ein wenig schlaftrunken, aber wohlig ausgeruht, stand auf und lugte durch die dünnen Vorhänge hinaus.
Unter der Linde war der Frühstückstisch gedeckt. Robert saß am Tisch und las in einem dicken Buch, wahrscheinlich einem Fachbuch, denn ab und zu machte er sich Notizen an den Rand.
Die Kette der Berge hinter dem See schien nachgerückt, deutlich konnte man die Gipfel und die Schneefelder unterscheiden. Über den blauen Himmel zogen sich Föhnschleier. Das Wetter würde bald umschlagen.
Monika brauchte noch eine Weile, bis sie sich erinnerte. Wie falsch hatte sie sich gestern abend benommen! Auf einmal stand alles wieder ganz deutlich vor ihr: die Ankunft, dieses Mädchen, ihr Erschrecken und ihr Zusammenbruch... »Schick sie weg, Robert, sofort!«
Sie hatte die Nerven verloren, das einzige, was sie sich jetzt auf keinen Fall leisten konnte.
Sie überlegte, während sie heiß und kalt duschte, wie sie den Fehler von gestern abend wiedergutmachen könne. Es war doch gar nicht gesagt, daß dieses Mädchen sie erkannt hatte, aber trotzdem konnte es nicht hierbleiben. Niemals würde Monika diese ständige, lebendige Erinnerung aushalten. Nur vorsichtig mußte sie sein, ganz unauffällig mußte sie ihren Mann dazu bringen, Irene Keltens wieder fortzuschicken.
Während sie in ihre langen, flaschengrünen Cordhosen schlüpfte, empfand sie das dringende Verlangen, mit einem Vertrauten zu sprechen.
Sie griff zum Telefonhörer, hob ab, und erinnerte sich gerade noch daran, daß die drei Apparate im Hause miteinander verbunden waren. Es hatte bisher im Hause Berckheim keine Geheimnisse gegeben.
Über die Hintertreppe schlich sie hinunter, eilte ungesehen über den Hof zum Verwaltungsgebäude, und als sie sich davon überzeugt hatte, daß niemand in der Nähe war, rief sie Wolfgang Rothe an.
»Wolf, ich habe gestern... ja, natürlich, alles in Ordnung, bei dir auch? Nein, deshalb rufe ich ja an, ich habe gestern abend, als wir ankamen, einen fürchterlichen Unsinn gemacht. Weißt du, wer hier...was? Das hast du gewußt? Ach so, ja, natürlich, wir waren noch in Neapel und dann in Lugano, das konntest du nicht wissen. Ja, also, sie ist hier, Robert hat sie als Hilfe oder als Kindermädchen oder weiß Gott warum engagiert. Nein, ich... ich weiß eben nicht, anmerken hat sie sich nichts lassen, nein, überleg doch mal, sie war ja bewußtlos, ich bin fast sicher, daß sie nichts weiß. Aber eben nur fast. Wie kann ich das rauskriegen? Ja, ja natürlich, ich hatte einen Nervenzusammenbruch und hab’ geschrien, er soll sie rausschmeißen... wie? Nein, er wird das alles noch auf meinen Schock schieben. Ja, vielleicht hast du recht, ich werde so tun, als würde ich auch keine Ahnung haben. Niemand kann mir schließlich beweisen, daß ich zu dieser Zeit nicht auf der Jacht gewesen bin, Gitta würde für mich schwören. Und du? Danke, Wölfchen, es war gut, daß ich mit dir sprechen konnte. Vielen Dank. Ich bin jetzt ganz ruhig.«
Sie schlich ebenso unbemerkt ins Haus zurück, in ihr Zimmer hinauf und schob die Vorhänge auf. Sie winkte Robert zu.
»Guten Morgen! Eine Minute noch, ich bin gleich unten!«
Er hatte schon gefrühstückt, trank aber zur Gesellschaft noch eine Tasse Kaffee mit ihr, während er sie unauffällig beobachtete. Sie sah erholt und ruhig aus.
»Wolltest du nicht heute wieder in die Klinik?« fragte sie.
»Doch, eigentlich schon. Aber vorerst mußte ich doch sehen, wie du dich fühlst.«
Sie schaute ihn an, strahlend.
»Großartig, Lieber. Herrlich ausgeschlafen und stark, um Bäume auszureißen.« Ihre Stirn umwölkte sich, ihre Stimme verlor ein wenig Glanz. »Aber, Lieber, ich glaube... ich muß mich gestern abend scheußlich aufgeführt haben.«
»Keine Rede«, sagte er. »Es war ein klarer Nervenzusammenbruch. Ich hatte ihn schon längst erwartet.«
Sie schaute in den Garten und zum See hinunter.
»Wo sind die Kinder?«
»Mit Fräulein Keltens im Wald. Dominique hat behauptet, es gäbe schon Erdbeeren.«
Monika senkte den Blick.
»Hat sie... hast du... Robert, du hast doch hoffentlich nicht mit ihr davon gesprochen, was ich gestern gesagt habe?«
Er
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