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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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merke ich.« Und zum ersten Mal waren Tonfall wie Inhalt ihrer Worte etwas persönlicher.
    »Nun, vielleicht können Sie mich ja nach etwas fragen, das Ihnen bei Ihrer Entscheidung hilft.«
    »Angenommen, ich wäre wegen irgendwas auf der Flucht.«
    »Das hinge von den Einzelheiten ab.«
    Sie seufzte.
    »Es tut mir leid, wenn Ihnen die Sache dadurch nicht klarer wird.«
    »Mir auch.«
    »Sie könnten mir für den Anfang erst mal erzählen, was eigentlich los ist. Ich könnte Sie dann aufhalten, wenn Sie zu Dingen kämen, die ich nicht für mich behalten könnte.«
    Aber sie hatte beschlossen zu gehen. Sie stand auf und sagte: »Vielleicht später.«
    »Ich hoffe, Sie finden irgend jemanden, der Sie ein wenig aufheitert«, sagte ich. 
    Sie gab kein Anzeichen von sich, ob sie diese Bemerkung gehört hatte. Sie marschierte zur Tür und ging.
    Ich saß ein paar Sekunden lang da und versuchte, sie die Treppe hinuntergehen zu hören. Aber ich hörte nichts. Vielleicht übertönte der Wind die schwachen Geräusche, die sie machte. Vielleicht machen müde, zwanzigjährige Mädchen in Turnschuhen auch nicht viel Lärm auf dieser Welt.
    Ich trat ans Fenster, um zu sehen, wie meine Besucherin an der Tankstelle in den blaßgrünen Wagen stieg. Sie stieg auf der Beifahrerseite ein.
    Ich wartete, aber der Wagen fuhr nicht los. Ich beobachtete ihn noch drei oder vier Minuten lang.
    Dann ging ich wieder an meinen Schreibtisch.
    Ich legte mein Buch weg.
    Ich holte meine Rechnungen hervor und machte mich an die Arbeit.
    Nach einer Weile hörte ich auf. Es ärgerte mich, daß ich meinen Beobachtungsposten so schnell aufgegeben hatte. Ich stand auf und schaute abermals aus dem Fenster.
    Der grüne Wagen war nicht mehr da.
     
     

9
    Kate King kam um halb acht zurück. Ich stand an meiner Spüle und wusch mich - ich wollte ausgehen -, als ich die Klingel hörte. Es war Samstagabend. Ich hatte eine Verabredung und wollte nicht zu spät kommen. Ich ging ohne Hemd an die Tür und trocknete mich dabei mit einem Handtuch ab.
    Ich sagte: »Ach, Sie sind's.«
    Es schien ihr für einen Augenblick die Sprache zu verschlagen. Die Geschichte meines Lebens: ein Körper, der die Frauen sprachlos macht.
    Schließlich sagte sie, und es klang überrascht: »Sie wohnen auch hier?«
    »Haben Sie denn in der Erwartung geklingelt, ich sei nicht hier?«
    »Hm, nein. Ich habe noch Licht gesehen. Ich habe gedacht, Sie arbeiten.«
    »Wollen Sie reinkommen?« fragte ich. »Oder sind Sie nur noch mal hergekommen, um mir zu sagen, daß ich Ihnen doch nicht helfen kann?«
    Es war nach Dienstschluß. Ich war märchenhaft erfolgreich. Diesen winzigen Hauch von Schnoddrigkeit konnte ich mir leisten.
    Oder war diese Nachlässigkeit der Einstellung der erste Schritt auf dem Weg zurück zum Mißerfolg? Oh, mein Gott!
    Sie sagte: »Ich möchte, daß Sie etwas für mich tun.«
    »Tun? Ich dachte, Sie wollten erst entscheiden, ob Sie mir von Ihrem Problem erzählen möchten.«
    »Jetzt wäre da etwas, das Sie für mich erledigen sollen.«
    »Kommen Sie rein, und setzen Sie sich. Aber geben Sie mir einen Augenblick Zeit. Ich will mich anziehen.«
    »In Ordnung.«
    Sie kam herein.
    Ich zog ein Hemd an, fuhr mir einmal durchs Haar und kehrte ins Büro zurück. »Also, was soll ich nun für Sie tun?«
    »Hm, ein Paket zustellen.«
    »Was für eine Art Paket?«
    »Dieser Art.« Aus einer großen Tasche irgendwo tief unten in ihrem Mantel holte sie einen ziegelsteinförmigen Gegenstand hervor, der in Packpapier gewickelt und mit Klebeband versiegelt war.
    »Was ist da drin?«
    »Nichts Gefährliches.«
    Merkwürdige Ausdrucksweise. Ich hätte gesagt: »Nichts Ungesetzliches«, wenn ich versucht hätte, mich dazu zu bewegen zu tun, wozu sie mich bewegen wollte.
    Also fragte ich: »Etwas Ungesetzliches?«
    »Oh, nein. Nichts in der Art.«
    Und aus irgendeinem Grund - diese zwischenmenschliche Sache, von der wir alle meinen, wir verstünden uns so gut darauf - glaubte ich ihr.
    »Wo soll ich es hinbringen?«
    »In den Garfield Park. Wissen Sie, wo der ist?«
    »Im Süden der Stadt. Nicht besonders weit weg. Ja. Und wenn ich dort bin, soll ich dann von der ersten Weide auf der linken Seite aus zehn Schritte nach Nordosten gehen und The Star-Spangled Banner in Dis-Dur pfeifen, bis eine Frau in einem Bikini mit Pünktchenmuster mir auf die Schulter tippt und mich fragt, wieviel Uhr es in Tokio ist?«
    »Was?«
    »Ms. King, das hört sich stark nach Spionage und Geheimagenten

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