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Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Titel: Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Schilling-Frey
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entstanden. Damit ist er jedoch in der Hauptsache ein soziales Wesen: Er liebt seinesgleichen innerhalb der Gruppe und ist gleichzeitig aggressiv gegen Feinde der Gruppe. Laut Darwin ist sogar zu erwarten, dass der Mensch die Sympathie von kleinen Gruppen auf größere Gemeinschaften überträgt: Nach seiner Theorie begünstigt die Evolution Tiere, die einander helfen, wenn der daraus gezogene Vorteil langfristig größer ist als der kurzfristige Nutzen. Tiere und auch Menschen sind damit Resultate der Evolution, die Aktivitäten des eigenen Interesses fördert. Diese schließen jedoch weder Altruismus noch Empathie aus. Für Darwin gab es keinen Widerspruch zwischen dem unerbittlichen evolutionären Prozess und der Sanftmütigkeit der daraus resultierenden Arten. Rousseau würde vermutlich sagen, dass es im evolutionären Prozess um nichts anderes gehe als um die amour de soi , die Selbstliebe und damit auch Selbsterhaltung, als eines der von ihm festgestellten Prinzipien des Menschen. Das andere Prinzip des Menschen ist, nach Rousseau, das Mitgefühl. Dies könnte bei Darwin der soziale Instinkt, Sympathie und die Sanftmütigkeit sein. Dahingehend liegen also Rousseau und Darwin gar nicht so weit auseinander.
    Aber worin liegt dann der Unterschied von Mensch und Tier? Denn Unterschiede muss es geben, da wir bis heute nicht davon ausgehen, dass Tiere glücklich sind.
    Affen: Altruisten oder Egoisten?
    Nehmen wir einmal an, dass die Evolutionstheorie heute nicht mehr nur eine Theorie, sondern eine offensichtlich begründete Tatsache ist. Unser biologisches Erbe ist also tierisch. Nicht selten neigen wir deshalb dazu, unser Verhalten mit dem zu begründen, was in der Natur vorkommt. Das bedeutet, dass wenn wir von Natur aus gut sind, wir lediglich uns selbst treu bleiben müssen und uns nicht verderben lassen dürfen, um ein gutes und glückliches Leben zu führen.
    Der Zoologe und Verhaltensforscher Frans de Waal vertritt in seinem Buch Primaten und Philosophen aus dem Jahre 2006 die These, dass Menschen von Natur aus gut sind. Zu dieser Überzeugung gelangt er durch die Beobachtung von Schimpansen, anderen Primaten und sozialen Tieren. Die menschliche Fähigkeit, manchmal gut und nicht jederzeit schlecht zu handeln, hat, nach de Waal, ihren Ursprung in Emotionen wie der Empathie.
    De Waal weist darauf hin, dass wir Menschen Nachkommen von höchst sozialen Vorfahren sind, denn Tier- und Menschenaffen leben und lebten schon immer in Gruppen.
    Der Verhaltensforscher ist der Ansicht, dass die Evolution kaum etwas wegwirft. Strukturen werden höchstens umgewandelt und modifiziert. Die menschliche Eigenschaft der Empathie, die sich schon im Babyalter ausbildet, bei der es viele neurale wie physiologische Korrelationen gibt, aber auch genetisches Substrat, weist darauf hin, dass eine evolutionäre Kontinuität mit anderen Säugetieren vorliegt. Schon im Jahre 1964 stellte man fest, dass Rhesusaffen sich weigern, sich durch Ziehen einer Kette Nahrung zu verschaffen, wenn damit einem ihrer Kameraden ein Schock versetzt wird. Sie hungerten lieber, als einander Schmerzen zufügen zu müssen.
    Jedoch können wir auch innerhalb der Spezies evolutionäre Unterschiede beobachten. Sowohl Tier- als auch Menschenaffen verfügen wohl über Empathie per se, jedoch können nur Menschenaffen die Perspektive eines anderen einnehmen, was auf eine zusätzliche kognitive Schicht hinweist.
    Menschenaffen haben die Fähigkeit, andere zu trösten. Beobachtet ein Menschenaffe beispielsweise einen Kampf zweier Affen, aus dem ein Verlierer resultiert, versucht er, den Verlierer zu trösten, indem er sanft den Arm um ihn legt. Um erkennen zu können, dass der Ursprung einer Empfindung nicht bei uns selbst, sondern bei anderen liegt, müssen wir zwischen dem Selbst und den anderen differenzieren können. Es gibt also ein großes Spektrum von emotionalen Bindungsmustern, angefangen bei ganz einfachen und automatischen bis hin zu hochkomplexen Mustern.
    Aber so, wie das sogenannte Gute in der Natur beobachtet werden kann, gibt es auch Zeugnisse für das sogenannte Böse: Der Verhaltensforscher Volker Sommer beschreibt in seinem Buch Darwinisch denken folgenden Sachverhalt: »Im Mai 1977 hörten Fischer Kampflärm am Kahama-Fluss und entdeckten bald darauf die arg zugerichtete Leiche von Charlie. Geradezu makabre Züge nahm der Angriff auf den letzten Kahama-Mann, Sniff, an. Mitte 1977 drangen sieben Kasakela-Männer in die restlichen 1,8

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