Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
Sind wir nicht ganz automatisch bedingt durch unsere genetische Veranlagung, durch unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten, Kultur, Erziehung und unsere Erfahrungen?
Wenn wir darüber nachdenken, müssen wir wohl zugestehen, dass es keine bedingungslose Freiheit gibt, weder als äußere noch als innere Freiheit. In unserer Lebenswelt gibt es immer gewisse Bedingungen und damit auch nur gewisse Möglichkeiten, die wir ergreifen können. Müssen wir uns für die eine oder andere Möglichkeit im Leben entscheiden, hat diese Entscheidung immer mit unseren Erinnerungen, mit unseren Emotionen und mit unserem Charakter, das heißt mit uns als Person zu tun. Wäre das nicht so, wäre es nicht unsere Entscheidung. Bei einer Entscheidung versuchen wir nun, die Möglichkeiten, die wir haben, über die wir nachdenken, mit unserem Willen in Einklang zu bekommen. Unsere Handlungsfreiheit besteht nun darin, dass wir über Handlungsalternativen nachdenken können, um uns dann in einer Entscheidung auf einen bestimmten Willen festzulegen. Und genau darin besteht auch die Freiheit der Entscheidung. Handlungsfreiheit hat einfach damit zu tun, dass wir bekommen, was wir wollen, und dass wir für das, was wir tun, unsere Gründe haben.
Wann aber sind wir dann unfrei? Unfreiheit muss jetzt nicht heißen, dass wir nicht fähig sind zu überlegen. Aber was heißt es dann? Nehmen wir an, wir sind süchtig. Immer wieder greifen wir zur Zigarette, zur Tablette oder auch zur Flasche. Oder vielleicht gehen wir auch ins Casino, in das uns unsere Spielsucht immer wieder treibt. Es ist unser Wille und auch unsere routinierte Überlegung, wie der Wille am besten umzusetzen ist, was uns ins Casino treibt. Selbst dann, wenn wir viele unangenehme Dinge auf uns nehmen, unter ständigem Geldmangel leiden oder uns verstecken müssen, betreten wir immer wieder das Casino. Wir haben uns schon oft ausgemalt, wohin das Spielcasino, die Zigarette, die Tablette oder die Flasche uns führen können: zu Krankheit, Ruin oder gar Tod. Auch kennen wir die Möglichkeiten, wie wir aus der Sucht herauskommen können. Denn wir haben sowohl schon Therapeuten aufgesucht, als auch bei anderen Menschen miterlebt, dass es geht. Doch es nützt einfach nichts: Wir sind ein Sklave unserer Sucht.
Stellen Sie sich vor: Sie stehen jetzt vor der Anklagebank. »Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?« Auf einmal bricht es aus Ihnen heraus: »Ich konnte nicht anders. Natürlich wusste ich es, und ich wollte es auch nicht. Ich habe gekämpft wie ein Wilder, aber es hat einfach nichts genützt.« Der Ankläger könnte jetzt sagen: »Aber Sie hätten sich doch auch anders entscheiden können.« Verzweifelt rufen Sie aus: »Nein, das gerade nicht.«
Jetzt sind wir beim zwanghaften Willen und bei der inneren Unfreiheit angelangt. Ein zwanghafter Wille ist ein unkontrollierter Wille. Unkontrolliert heißt dabei, dass wir selbst nicht Urheber dieses Willens sind. Genauso wenig sind wir Urheber bei unbewussten Handlungen. Wir können diesen Willen nicht durch Überlegen beeinflussen. Er ist uns eigentlich völlig fremd. Es ist deshalb für die Frage der menschlichen Freiheit völlig irrelevant, ob unser Verhalten genetisch oder kulturell bedingt ist. Wenn unsere Handlungen von Dingen bewirkt werden, die außerhalb unserer Kontrolle liegen und deshalb nicht von uns beeinflusst werden können, fühlen wir uns unfrei und sind es auch.
Wenn wir aufgrund einer Sucht oder durch zwanghafte Gedanken unfrei sind, wissen wir, dass es sich um eine Krankheit handelt, die ärztlich behandelt werden muss. Aber oft genug ist es der Fall, dass vielleicht keine Krankheit diagnostiziert werden kann, wir uns aber trotzdem unfrei fühlen in unseren Entscheidungen. Und zwar oft viel weniger durch äußere Umstände als durch uns selbst. Äußere Umstände können wir meist sehr schnell einordnen, indem wir sie als Dinge erkennen, die wir ändern können oder eben nicht. Damit können wir umgehen. Bei uns selbst ist das meist nicht so einfach. Nicht selten kommen uns Gedanken in den Sinn, die wir nicht so schnell loswerden. Und diese Gedanken sind oft genug gar nicht mehr freiwillig. Aber nicht nur, dass sie nicht freiwillig in unseren Kopf kommen, sie hemmen uns außerdem daran, unser Leben zu leben.
Versuchen Sie in dem Fall, sich Abstand zu Ihren Gedanken zu verschaffen. Auch wenn Sie nicht verhindern können, dass diese Gedanken kommen, können Sie versuchen zu beobachten, was die Gedanken mit Ihnen
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