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Anschlag auf den Silberpfeil

Anschlag auf den Silberpfeil

Titel: Anschlag auf den Silberpfeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Erich mit
dem nächsten Brocken. Erich astet sein Moped den Hang hinauf. Erich versteckt
sich.
    Und dann das Ergebnis seiner Mühe! Die
Bilder vom Zugunglück!
    Eine richtige Fotoreportage.
    Gertrud spielte mit dem Gedanken, ein
kleines Fotoalbum zusammenzustellen. Vielleicht amüsiert Erich sich in 20
Jahren darüber und zeigt es auf Partys herum — als den tollsten Streich seiner
Jugend.
    Sie legte die Fotos beiseite.
    Goliath war nicht zu sehen. Dann hörte
sie ihn in der Küche. Er schlabberte süßen Rahm aus seiner Schüssel. Fette
Milch und Rahm mochte er am liebsten.
    Erstmal mache ich’s anders, überlegte
sie. Sage noch nichts von den Fotos. Gebe mich nur als Augenzeuge zu erkennen.
Ob mich der Alte für einen Mann hält, wenn ich dumpf rede. Kräuter habe ich
gesammelt — oben auf dem Berg — und dabei, zufällig, alles beobachtet. Weil ich
arbeitslos bin, vier Kinder habe und eine kranke Frau — deshalb muß ich mein
Wissen zu Geld machen. Das wird er verstehen, der Privatbankier. Vielleicht
legt er noch von sich aus was drauf.
    „Goliath“, sagte sie mit dumpfer
Stimme, „klinge ich jetzt wie ein Mann? Oder wie ein heiseres Weib?“
    Der Kater lag wieder auf der Couch. Aus
gelben Augen sah er sein Frauchen an. Die spitzen Ohren bewegten sich.
    Sie setzte sich ans Telefon, blätterte
im Teilnehmerverzeichnis, fand die Privatnummer und hielt einen Finger zwischen
die Seiten.
    Nachdem sie gewählt hatte, stülpte sie
die Faust wie einen Trichter über die Sprechmuschel. Das würde, wie sie hoffte,
ihre Stimme verzerren.
    „Jesper“, meldete sich der Bankier.
    Ihr Herz hämmerte. Um Zeit zu gewinnen,
sagte sie: „Bitte, Herrn Robert Jesper.“
    „Am Apparat.“
    „Ich hoffe, Sie vertragen einen Schreck“,
sagte sie dumpf durch die Faust. „Was ich Ihnen mitzuteilen habe, ist nämlich
nicht angenehm. Es betrifft Ihren Sohn.“
    „Wer spricht dort?“
    „Das werden Sie nie erfahren. Für unser
Geschäft hat das auch keine Bedeutung. Haben Sie schon von dem Anschlag gehört?
Im Teufelstunnel ist vorhin ein Triebwagen der Bundesbahn entgleist. Weil
Felsbrocken auf die Schienen gehäuft waren. Und nun raten Sie mal, wer dafür
verantwortlich ist! Ihr Herr Sohn. Jawohl. Ihr Erich! Was sagen Sie nun?“
    Jesper sagte nichts.
    Das Schweigen in der Leitung dehnte
sich aus.
    War er umgekippt? Nahm er
Beruhigungstropfen?
    „Hallo?“ fragte sie. „Sind Sie noch da?“
    „Ich glaube Ihnen nicht, was Sie da
behaupten.“ Seine Stimme klang verändert.
    „Es ist wahr. Fragen Sie Ihren Sohn.
Ich habe ihn deutlich erkannt, obwohl ich anfangs weit weg war. Habe oben auf
dem Teufelsberg Heilkräuter gesammelt. Durchs Fernglas sah ich, was er trieb.
Natürlich wollte ich den Anschlag verhindern. Dieses Verbrechen! Aber ich bin
behindert und kann nur langsam gehen. Und da war auch schon der Triebwagen — und
das Unglück geschah.“
    „Völlig unmöglich!“ schnarrte Jesper. „Mein
Erich macht sowas nicht.“
    Gertrud horchte auf seine Stimme. Wie
verändert die jetzt klang. Aber mit ihrem beduselten Kopf begriff sie nichts.
    „Ich kann es beweisen“, sagte sie. „Hatte
nämlich zufällig meinen Fotoapparat bei mir. Und da habe ich ihn...“
    Sie stockte. Um Himmels willen! Das
wollte sie doch gar nicht sagen. Aber jetzt war es raus.
    „...fotografiert“, vollendete Jesper
den Satz. „Und nun? Wollen Sie mir das Foto verkaufen? Einschließlich des
Negativs? Es geht also um Erpressung?“
    „Sie müssen mich verstehen. Ich bin
arbeitslos. Ich habe Familie. Jeden Pfennig drehe ich dreimal um, bevor ich ihn
ausgebe. Wenn wir geschäftlich zusammenkommen, ist doch uns allen gedient. Der
gute Ruf des Hauses Jesper bleibt erhalten. Sie geraten nicht in die
Schlagzeilen. Ihr Sohn entgeht der strafenden Gerechtigkeit, die ihn doch nicht
bessern würde. Und ich kann mir mit Ihrem Geld... äh...“
    Wieder stockte sie. Aufpassen, Gertrud!
Denn beinahe hätte sie gesagt: ...den teuren Luchsmantel kaufen. Zum
Sommerpreis, also mit 5000 DM Nachlaß.
    „Wieviele Fotos haben Sie gemacht?“
fragte Jesper.
    „Viele. Bis... äh... der Film voll war.“
    Himmel! dachte sie. Jetzt habe ich
geredet, ohne meine Stimme zu verstellen. Bin ich zu dumm für Erpressung?
    „Also gut, wenn... Es kommt jemand“,
sagte er rasch. „Besuch. Ich kann jetzt nicht mehr sprechen. Rufen Sie morgen
wieder an. Um zwölf Uhr mittags. Und kein Wort zur Polizei. Wir werden uns
einig werden — so daß allen gedient ist.“
    Er legte

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