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Anschlag auf den Silberpfeil

Anschlag auf den Silberpfeil

Titel: Anschlag auf den Silberpfeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Unsere roten Zahlen könnten ohnehin nicht röter sein. Bei unserem
gewaltigen Defizit (Fehlbetrag) kommt es darauf nicht mehr an. Eine
Million weniger macht die Pleite nicht schlimmer. Die Fahrpreise werden ohnehin
bald erhöht, und die Sicherheit der Reisenden steht nun mal im Vordergrund.
Anschläge, Entgleisungen und Zusammenstöße können wir uns einfach nicht
leisten.“
    „Spätestens bei der Geldübergabe“,
sagte Glockner, „erwischen wir den Täter. Bin ohnehin gespannt, was er sich
diesbezüglich einfallen läßt.“
    „Das will er mir erst morgen sagen“,
murmelte Schulzl-Müller mit müdem Nachtdienstblick. „Mir will er’s sagen. Ich
soll da sein. Ist es nicht unglaublich, was Beamten wie mir abverlangt wird?
Die Spätschicht lastet auf mir. Und statt dann den wohlverdienten Feierabend — nein,
Feiermorgen anzutreten, muß ich hierbleiben und auf den Anruf warten. Das nehme
ich ihm persönlich übel, diesem Verbrecher.“
    Bei diesem Schnauzbart-Bahnler, dachte
Tim — und unterdrückte ein Grinsen — wiegt das schwerer als die Erpressung. Sie
ließen ihn in seiner Spätschicht zurück.
    Als sie dann im Wagen saßen, meinte
Gaby: „Papi, bitte, stell doch ein bißchen den Polizeifunk an. Es ist so
irrsinnig spannend, wenn man hört, was sich an allen Ecken und Enden unserer
Großstadt ereignet. Bitte! Ja?“

13. Leo-Lu-Ka, die Bestie
     
    Die Nacht war noch schwärzer geworden.
Wolken schichteten sich am Himmel.
    In der Professor-Rutzl-Straße schien
alles Leben erloschen.
    Erich Jesper stand jetzt in der Nähe
des Hauses Nr. 17, spähte zu den erleuchteten Fenstern und spürte kribblige
Nervosität in den Waden.
    Er mußte einbrechen. Das wußte er.
Alles hing davon ab, ob er die Fotos samt Film an sich brachte.
    Wenn sie schläft, die Tante, dachte er,
drücke ich leise ein Fenster ein. Oder die Hintertür. Hoffentlich haut sie sich
bald in die Falle. Ist ja eine Zumutung, mich hier warten zu lassen.
    Plötzlich erlosch das Licht. Na also!
    Aber dann flammte die Beleuchtung über
der Haustür auf.
    Rasch duckte er sich hinter den Zaun,
an dem er lauerte.
    Tatsächlich! Gertrud Rawitzky kam aus
dem Haus, schloß ab und strich ihr Haar zurück. Sie hielt einen großformatigen
Umschlag in der Hand und hatte den Sommermantel noch nicht zugeknöpft.
    Ihr Wagen, der kleine rote, stand neben
dem Haus — sicherlich sommers wie winters, denn es gab keine Garage.
    Sie stieg ein und fuhr ab. Erich rieb
sich die Hände.
    Geduckt lief er hinüber. Er umrundete
das Haus. Auf der Rückseite entdeckte er eine Terrassentür.
    Hier konnte Gertrud sich sonnen oder
Kopfstand machen, ohne von nachbarlichen Blicken belästigt zu werden. Eine
vorgezogene Mauer, eine Holzwand als Sichtblende und eine hochgezüchtete Hecke
— alles wirkte abschirmend.
    In Höhe des Türhebels zerschlug er die
Scheibe.
    Glas klirrte. Splitter fielen in den
Vorhang.
    Aber bis zum Nachbarhaus drang das
Geräusch nicht. Dessen konnte er sicher sein.
    Er öffnete die Tür und wühlte sich
durch den Vorhang.
    Auf Licht mußte er verzichten. Das
konnte verräterisch sein. Möglicherweise hatte jemand beobachtet, daß die
Rawitzky abfuhr. Und der würde sich wundern, wenn hier plötzlich die Lampen
angingen.
    Immerhin hatte er eine kleine
Taschenlampe mitgebracht. Ihr bleistiftdünner Strahl huschte durch den Raum.
    Die Luft roch schwer nach Parfüm. Das
Zimmer war modern eingerichtet und ziemlich unordentlich. Keine Fotos.
    Er öffnete die nächste Tür. Der
Wohnraum. Aha! Es war grabesfinster. Aber sein Lichtstrahl blinzelte hinaus in
die Diele und ins angrenzende Atelier.
    Dort mußte er suchen. Dort würde er die
Fotos finden.
    Nach zwei Schritten hielt er inne.
    Was war das?
    Ein glühendes Augenpaar starrte ihn aus
der Finsternis an.
    Schreck fuhr ihm in die Knochen. Für
einen Moment war er wie gelähmt.
    Grüne Augen! Wie Phosphor. Ein Tier?
Ein Gespenst? Jetzt bewegten sie sich, kamen — um Himmels willen! — auf ihn zu:
Raubtieraugen! In denen Mordlust irrlichtert.
    „tschschschschsch…“
    Ein Fauchen, wie er es vor langer Zeit
am Tigerkäfig des Zirkus Sarani gehört hatte, drang an seine Ohren.
    Und dann sprang das Tier ihn an.
    Erich spürte einen Schlag an der Brust.
Er schrie auf. Krallen bohrten sich durch seinen Pullover in die Schulter.
Dolche stießen in sein Gesicht. Dieser Schmerz! Ein wildes Trommelfeuer traf
Wangen, Nase und Mund. Er schrie und schrie. Seine Haut wurde aufgerissen. Er
schlug um sich. Seine

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