Anschlag Auf Die Goetter
Durch seine schmerzende Zunge abgelenkt, hatte er einen Augenblick die Hände von seinem Kontrollpult genommen und damit den Anschluß an Devs verzweifelte Manöver verpaßt.
Im Innern des Schiffes ertönte eine dumpfe Explosion, ließ die »Foxfire« taumeln. Devs Augen überflogen rasch die Kontrollinstrumente, erkannten, daß der Generator Nummer 3 ausgefallen war und damit ihre Antriebsenergie um ein Drittel verminderte.
Ihr Chronometer zeigte nur noch 10 Sekunden bis zur Erreichung des Landepunktes. Wenn sie diesen kurzen Zeitraum überstanden, hatten sie eine gute Chance, die Waffen des Gegners zu zerstören. Dabei wußte Dev nicht genau, ob das Schiff nach all ihren Ausweichmanövern noch richtig auf Kurs lag, und ohne Bildschirm war sie nicht in der Lage, ihre Annäherung exakt zu bestimmen. Es war möglich, daß sie zu niedrig flogen und an den Berghängen zerschellten. Oder sie flogen zu hoch, und das Energiefeld ihres Schwerkraftantriebes verfehlte den Berg. Sie beobachtete die Anzeigen der Instrumente auf dem Pult des Navigators neben ihr, doch die Angaben schienen ihr verschwommen und unbestimmt. Sie konnte sich nicht dazu entschließen, das Schiff gemäß dieser Angaben zu steuern. Ihr blieb nur noch ihr Piloteninstinkt, und dieser Instinkt sagte ihr, daß sie eine Spur zu niedrig flogen, daß das Schiff den Gipfel des Berges streifen würde. Nochmals zündete sie das Triebwerk, hoffte darauf, daß das Schiff auf dieses Kommando reagierte. Fast augenblicklich schoß das Schiff in die Höhe, die enorme Schwerkraft preßte die Menschen in ihm wieder in ihre Sitze. Dev hatte das unbestimmte Gefühl, daß die »Foxfire« mit diesem letzten Schub geradewegs über den Gipfel des Berges gehüpft war. Der Zielpunkt war erreicht, nichts geschah. Vor Freude blinzelnd wandte sich Dev an ihre Mannschaft:
»Ich glaube, wir haben…«
Eine heftige Explosion erschütterte das Schiff, schlagartig erlosch das Licht.
»Ein Pessimist ist lediglich ein Mensch, dem die Vorstellungskraft zur Lösung seiner Probleme fehlt.«
Anthropos: Der gesunde Geist
VII
Dev hatte das dumpfe Gefühl, als wären sie und das Schiff zu einer Einheit verschmolzen. Die Schwerkraft war gewichen, ersetzt durch eine Gewichtslosigkeit, die den Magen umkrempelte. Es handelte sich dabei nicht um den freien Fall im Weltraum, obwohl das Gefühl sehr ähnlich war. Die »Foxfire« taumelte haltlos ihrem Rendezvous mit der harten Oberfläche von Dascham entgegen.
Dev konnte zwar nichts sehen, aber das bedeutete nicht, daß sie nicht auch handeln konnte. Ardeva Korrell hatte lange hart gearbeitet, um Kommandant eines Raumschiffes zu werden. Inzwischen hatte sie so viel Erfahrung gesammelt, daß sie die Tasten und Schalter des Instrumentenbordes vor ihr im Schlaf kannte. Sofort zündete sie den Antrieb, doch es war schon zu spät. Hart prallte das Schiff auf den Berg, die Körper der Mannschaftsmitglieder wurden nach vorne geschleudert, doch die Anschnallgurte der Beschleunigungsliegen hielten. Dev meinte, in zwei Teile zerrissen zu werden, eine gewaltige Faust preßte die Luft aus ihren Lungen, dann verlor sie das Bewußtsein.
Als sie wieder zu sich kam, war sie im ersten Moment von Panik ergriffen, die sich jedoch in Erleichterung verwandelte, als sie feststellte, daß sie noch lebte. Um sie herum herrschte totale Finsternis, und gewaltsam mußte sie in sich die neu aufkeimende Furcht vor der Dunkelheit unterdrücken. Sie erinnerte sich plötzlich an ein Erlebnis, als sie vier Jahre alt war: Sie hatte schlecht geträumt und wachte schweißüberströmt auf, der Raum, in dem sie lag, war total finster. Sie begann zu schreien, weckte durch ihr Geschrei die anderen Kinder, die mit ihr im Schlafsaal des Waisenhauses schliefen und ebenfalls zu weinen begannen. Selbst als das Licht aufflammte, dauerte es eine halbe Stunde, bis das Personal die erschrockenen Kinder beruhigt hatte.
Es war zwar seltsam, doch diese Erinnerung beruhigte sie.
»Ich bin doch kein kleines Mädchen mehr, das sich vor dem Unbekannten fürchtet«, sagte sie sich. »Es stimmt, ich schwebe jetzt in größerer Gefahr als damals, doch ich habe eine Waffe, womit ich kämpfen kann. Ein gesunder Geist bedeutet äußerste Kraft.« Ihr Atem wurde ruhiger, sie versuchte, ihre gegenwärtige Lage zu überdenken. Sie konnte zwar nichts sehen, doch das behinderte kaum ihre anderen Sinne. Die Schwere ihres Körpers drückte sie nach unten, die Beschleunigungsliege im
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