Ansichten eines Klaus - Roman
An so was denkt man ja auch nicht. Zieht dein Exfreund wieder bei dir ein, klar, da fragscht du net zuerst: Schatz, hascht du eigentlich die andere Wohnung gekündigt? Andererseits, ist vielleicht auch gut so, jetzt, wo Ilka ihn wieder rausgeschmissen hat, da weiß er immerhin, wo er unterkommt. Hätte noch gefehlt, dass er wieder bei Jimmi aufkreuzt. Aber die Wohnung behalten, in der er während der Trennung gelebt hat, auch nach der Trennung, das ist schon ein Ding. Was soll das, fragt man sich da doch? Hat der net geglaubt, dass die Beziehung hält? Sammelt der Immobilien? Oder wollte der sich ein anderes Nest warmhalten? Aber das Beschte kommt ja noch.« Er sieht auf meinen Mund. »Na, sitscht noch alles?«
Ich nicke.
»Nein, am beschten nicht bewegen, ich seh schon.«
Jenny geht raus, offenbar kennt sie die Geschichte schon, oder sie hat draußen zu tun.
»Aber das sind ja wie gesagt nur die pikanten Details am Rande. Das wirklich Interessante ist das wegen wem. Wegen wem hat sich Ilka von ihm wieder getrennt. Wobei vielleicht viel interessanter wäre, weshalb sie überhaupt wieder mit ihm zusammen war. Na ja, jetzt hat sie ihre Lektion ja gelernt. Hoffentlich. Du kennscht doch diese Journalistin aus dem Fernsehen.«
Ich kenne viele Journalistinnen aus dem Fernsehen, nein, eigentlich kenne ich kaum Journalistinnen aus dem Fernsehen, denn ich schaue so selten Fernsehen. Spontan würde mir da nur Anne Will einfallen und vielleicht noch Sabine Christiansen. Aber ich darf ja nichts sagen. Und nicken auch nicht.
»Na, die hier im Dritten, die immer so Lokalnachrichten macht. So ’ne Hübsche, dunkle Haare, rundes Gesicht, Schmollmund, so wie die Hagen-Tochter. Mit der « – Jochen sticht mit dem Zeigefinger in die Luft, direkt in Richtung meines Mundes, als säße die hübsche, dunkelhaarige, rundgesichtige, schmollmundige auf meinem Schoß –, »mit der ischt der Alexander ins Bett!«
Aha.
»Gut, ob sie nun im Bett waren, weiß man nicht, aber irgendwas mit Sex werden sie schon gemacht haben.« Sicher. »Und das darf natürlich nicht rauskommen. Sie, die berühmte Journalistin, er Pressesprecher bei der Firma und Werbefilmstar ...«
Die Biersache wird Alexander wahrscheinlich ewig anhängen – na wenigstens etwas.
»Aber frag mich net, wie lange das ging«, sagt Jochen. »Gerüchteweise isch von einem Jahr die Rede. Das heißt, er war noch mit der Fernsehtante zusammen, als er mit Ilka wieder ... Aber den beiden wurde es ja auch leicht gemacht, sie Journalistin, er Pressesprecher. Treffen sich ab und zu, immer wieder mal bei Pressekonferenzen, dann hier und da mal ein Interview oder ein Hintergrundgespräch, dann kann sie ihrem Chef sicher ab und zu mal eine Info präsentieren, die kein Kollege hat. Ja, die guten Verbindungen«, er reißt wieder die Hände in die Luft, Finger gespreizt und Handflächen schnell hin und her um die eigene Achse wedelnd, »Und wird auch weiterhin hingeschickt, wenn’s mal was über die Firma zu berichten gibt. Und du weischt ja sicher, was Alexander damals behauptet hatte, als das mit seiner Praktikantin herauskam ...« Er bricht ab.
Ich zucke leicht mit den Schultern.
»Noi, beweg dich am besten gar nicht. Konzentrier dich darauf, dass du beim Zubeißen einen konstanten Druck ausübscht, ja?«
Ich nicke.
»Und nicht nicken! Na, der Alexander hatte doch damals behauptet, sie hätte ihn ausgenutzt. Und jetzt rat mal, nein, sag nichts, dieselbe Kiste noch mal. Der arme, arme, von allen Frauen ausgenutzte Alexander. Und sie, die böse, hübsche, böse Frau vom Fernsehen, die hat sich ja nur an ihn rangemacht, weil sie Informationen von ihm wollte. Nein, er hat nicht mit ihr gevögelt, weil sie so hübsch ist. Wenn ich nicht so gut erzogen wäre, ich würde ja fast«, er beugt sich zu mir und flüstert, »Arschloch sagen.« Dann blickt er auf die Uhr. »Halbzeit«, sagt er. »Na, jetzt haben wir es ja bald geschafft. Die ganze Zeit hat keiner was gemerkt, mit Alexander und der Fernsehfrau – o Mann, wenn mir nur der Name einfallen würde. Ja, natürlich hat man die beiden manchmal beim Mittagessen gesehen. Aber eben in aller Öffentlichkeit. Und sie immer schön brav mit ihrem Diktiergerät auf dem Tisch. Das ist überhaupt die beste Tarnung. In aller Öffentlichkeit fremdgehen, also nicht gerade wilde Zungenküsse im Reinhardt’s, aber bitte, Hauptsache, man wird gesehen und keiner vermutet irgendwelche Heimlichkeiten. Dann sagen alle: Die zusammen? Nie und nimmer!
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