antares
den Boden und atmete tief durch. Dann fuhr er sie ärgerlich an. »Ich will überhaupt keine dieser verdammten Injektionen mehr!«
»Der Arzt hielt sie offenbar für nötig. Du bist völlig dehydriert.«
»Ich sagte, keine Injektionen mehr!« Er stand vorsichtig auf und ging tastend einige Schritte. Sie war schockiert über seinen Zustand, Er sah aus, als hätte er mindestens sieben Kilo verloren. Die Rippen und Gelenke zeichneten sich deutlich ab, seine zuvor starken und geschmeidigen Muskeln schienen völlig erschlafft und schwach. »Ich erhole mich nur durch Ruhe, Vitamine und Wasser«, sagte er.
»Und ich habe dich noch nie so abgemagert gesehen, Andrej.
Vielleicht hatte der Arzt nicht so unrecht -«
»Ich bin abgemagert«, entgegnete er, »weil euer Essen so mies ist. Hat man beim KGB noch nie etwas von Steaks gehört? Die einzigen Proteine hier sind Hühnchen und Bohnen. In Vegas bekommt man ein Zwanzig-Unzen-Steak für fünf Dollar! Für praktisch nichts kann man fressen wie ein Schwein...«
Er unterbrach sich und stützte sich mit einer Hand aufs Bett.
Er drehte sich halb zu Musi Zajkow herum und schüttelte den Kopf. »Vegas... Das klingt, als läge es ein Jahrhundert zurück.«
Aber es waren tatsächlich erst ein paar Tage.
»Las Vegas hat mit deinem Leben jetzt nichts mehr zu tun, Andrej«, sagte sie.
»Und worin besteht mein Leben jetzt? Wann kann ich eigentlich mal mein Leben leben? Wenn ich wieder in der Sowjetunion bin? Das wissen wir doch beide, daß ich dort nicht mehr gebraucht werde.«
Musi Zajkow hatte dergleichen schon des öfteren erlebt, doch niemals hätte sie gedacht, daß ein so intelligenter und professioneller Mann wie Oberst Andrej Maraklow anfällig dafür sein könnte. Das kam nicht nur von seiner körperlichen Schwäche - das war die übliche Art, wie Überläufer sprachen. Sie fühlten sich total verlassen und allein, selbst die stärksten, doch mit Andrej Maraklow war das doch etwas ganz anderes! Er war ein sowjetischer Agent gewesen, der in die Identität eines Amerikaners geschlüpft war- tatsächlich sogar zweimal: als Junge und Schüler, und dann als Mann. Jetzt mußte er diesen Teil seines Lebens hinter sich lassen und sich in eine ihm fremd gewordene Welt integrieren. Musi hatte wie selbstverständlich angenommen, daß Andrej Maraklow ganz anders war, viel stärker, viel ausgeglichener, viel weniger anfällig. Und nun sah sie, daß sie sich geirrt hatte. Auch er zeigte alle bekannten Symptome - Paranoia, Zorn, Einsamkeit, Schuldgefühle und selbst Impotenz ...
»Bitte glaube mir, was ich dir jetzt sage, Andrej«, sagte sie, »Dein Land will dich zurückhaben. Es braucht dich sogar. Du wirst eine führende und leitende Kraft für eine neue Generation Soldaten und Bürger sein. Man wird dich ehren und respektieren, wo immer du erscheinst. Und das hat gar nichts mit diesem Flugzeug zu tun. Nein, es werden deine Stärke, deine Kraft, dein Mut sein, deine Entschlossenheit und dein Patriotismus, die dich zum Helden unseres Volkes machen, nicht dieses Flugzeug.«
»Ach Quatsch«, sagte er und wandte sich von ihr ab. »Der einzige Grund, warum sie mich haben wollen, ist mein Wissen und sonst gar nichts.«
»Das stimmt gewiß nur teilweise«, sagte sie. »Natürlich ist dein Wissen wichtig. Und natürlich wird das Auswerten und Verbreiten dieses Wissens deine wichtigste Aufgabe nach deiner Heimkehr sein. Aber das ist doch nicht alles.« Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Ich kann es dir beweisen, Andrej.«
»So? Wie denn?«
»Komm mit mir. Zurück. Jetzt sofort. Laß das Flugzeug hier.«
Er fuhr herum. »Hierlassen? Hier?«
»Du bringst dich jedesmal, wenn du es fliegst, halb um«, sagte sie. »Sieb dich doch an. Es saugt dich aus wie eine Art elektronischer Parasit! Und es wird dich umbringen, wenn du weitermachst. Ich kann jederzeit ein Transportflugzeug beschaffen, das uns schon morgen früh nach Moskau bringt. Nimm aus dem Flugzeug mit, was du willst - seine wichtigsten Computer, die Diagramme, die Tonbandaufzeichnungen, oder was auch immer. Oder laß alles da. Um das Flugzeug kümmert sich schon der KGB. Du hast deine Pflicht getan, sollen die anderen jetzt die ihrige tun. Komm mit mir heim nach Rußland, und ich garantiere dir, du wirst dort als Nationheld bejubelt.«
Er starrte sie stumm an und schien über ihre Worte nachzudenken. Er begann ihr endlich doch zu glauben...
»Also, so ist das!« sagte er jedoch. »Du glaubst nicht, daß ich es schaffe,
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