antares
nordöstlich von Puerto Cabezas. Neben der eigentlichen Angriffsphase war dies der kritischste Teil des ganzen Fluges. Die nächsten hundertzwanzig Meilen bis zu den Cordilleras Isabelia-Bergen im Norden von Zentral-Nicaragua waren gefährlich, falls sie angegriffen wurden. Keine Berge, in denen sie sich verstecken konnten, nichts als plattes Sumpf- und Flachland, und die ganze Strecke obendrein im direkten Suchbereich des Radars von Puerto Cabezas. Sie wußten zwar nicht genau, wie stark die Luftverteidigung hier war, aber man hatte sie darauf vorbereitet, auf Luftabwehrraketen SA-10 und MiG-29 und MiG-23 zu treffen. Sie hatten immerhin keinen Geleitschutz und auch nicht den Vorteil, über befreundetem Gebiet zu fliegen. Im übrigen zielte dieser Einsatz mindestens ebensosehr wie auf handfeste Resultate auf Effekt. Ein großes amerikanisches Angriffsflugzeug, das ungehindert quer über Nicaragua einflog und ein stark geschütztes Zielobjekt angriff - das war nicht nur den tatsächlichen Erfolg wert, sondern eignete sich auch sehr zur Demoralisierung und Verwirrung.
Der grüne Suchradarbereich hatte sie fast erreicht. »Muß jede Sekunde Kontakt anzeigen«, sagte Carter durch. »Waffen feuerbereit! Stationscheck! Einzelmeldung, sobald fertig!«
Nancy Cheshire machte den Stationscheck des Piloten und verließ sich dabei lieber nicht nur auf den Computer, sondern führte auch visuelle Kontrollen durch. Sie war die erste weibliche Testpilotin bei HAWC. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die ihr diese Tatsache vor drei Jahren eingebracht hatte, als sie beim Programm Megafestung Plus anfing, hatte sich eher nachteilig auf ihren Ehrgeiz ausgewirkt, bester Pilot zu werden.
»Offensive fertig«, meldete Scott.
»Defensive fertig«, meldete Atkins.
»Stationscheck komplett. Kel, Warnlicht kommt«, meldete Nancy, als sie den Schleudersitzknopf prüfte, der der letzte Punkt der Checkliste war.
Carter sah der kleinen, rothaarigen Frau einen Moment lang ins Gesicht. »Wie geht's denn so da drüben?« fragte er.
Sie erwiderte seinen prüfenden Blick. »Ich fürcht' mich zu Tode!« sagte sie sarkastisch. »Warum fragen Sie nicht auch alle anderen, ob Sie sich fürchten?«
»Weil Sie mein Kopilot sind, Doofie!« knurrte Carter zurück.
»Mein Gott, bei Ihnen weiß man aber auch nie, wie man dran ist!«
Für eine Fortsetzung des Geplänkels war keine Zeit. Die grüne Projektion schien wie ein unirdischer Nebel über das ganze Flugzeug niederzusinken.
»Achtung, Vorsicht, Suchradar, zehn Uhr«, sagte der Computer an.
»Ich habe ein zweites auf zehn Uhr, schätzungsweise sechzig Meilen«, kam auch Atkins. »Sucher und Höhenfinder,,, sieht aus wie unsere SA-10 Shoreline, Hat uns aber noch nicht.«
»Schaffen Sie's uns vom Hals«, sagte Carter. »Jammen Sie das Suchradar. Hier draußen auf dem Wasser möchte ich von niemandem angepeilt werden. Kory, schicken Sie eine Warnmeldung an das HAWC-Satellitennetz, Sagen Sie, daß wir kommen.«
»Roger«, bestätigte Master Sergeant Kory Karbayjal, der Bordschütze und Abwehrsysteme-Offizier. Er kippte den SATCOM-Schalter herunter und gab Sendebefehle für den Satellitenkanal ein.
»Kel?«
»Was ist?« Carter wandte sich Nancy Cheshire zu.
»Dank der Nachfrage.« Sie wackelte ein klein wenig mit dem Kontroll-Knüppel.
Carter nickte kurz, nahm seine Sauerstoffvisiermaske und kontrollierte sie. »Aufsetzen,«
Sie setzte ihre Maske auf.
»Achtung, Besatzung, fertig zum Raketenabschuß«, sagte Atkins. »Radarprogrammierung komplett. Pilot, ich brauche hundert Fuß.«
»Roger.« Carter zog am Knüppel und manövrierte die Megafestung manuell hundert Fuß höher. »Erledigt.«
»Rainbow ist raus«, sagte Atkins durch.
Die Luft-Boden-Rakete AGM 136 Tacit Rainbow, eine Unterschall-»Drohne« mit Flügeln und kleinem Jet-Triebwerk, konnte feindliches Radar suchen und zerstören. War es an, fand es die Rakete zielgenau und zerstörte es mit einem hochexplosiven Sprengkopf von 45 kg. Fand sie kein aktives Radar, kreiste sie so lange in zehn Meilen Abstand um das Objekt, bis sie ein Signal fand, und flog dann zielgenau an. Selbst also, wenn das Radar zum Schutz abgeschaltet oder sogar weggefahren wurde, konnte die Rakete weitersuchen und das Ziel schließlich zerstören.
Carter schirmte seine Augen gegen die plötzliche grelle Helligkeit der Rückstoßflamme der AGM 136 ab, als sie davonzischte, dann nach links kurvte und in der Dunkelheit verschwand. Die Radarwarnung auf der grünen
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