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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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während des Marsches ununterbrochen auf Thomas ein, der ihm höfliche, einsilbige Antworten gab. Aber das genügte ihm, und er erzählte Thomas immer mehr von seinem Studium und seinen Plänen.
    Deland hatte den Theodolit geschultert. Die übrigen Geräte hatten sie vor Ort gelassen. Er sprach auch jetzt kein Wort, aber Thomas hatte den Eindruck, als zische er eine Melodie durch die Zähne.
    Im Büro setzte er das Instrument ab, sagte, ohne jemanden anzusehen, »hallo« und ging. Schon in der Tür, ohne sich umzudrehen, nahm er mit einem Nicken entgegen, daß sie am nächsten Tag zur Mittagsschicht wieder einfahren wollten, um die nötige Sollrichtung anzugeben.
    Thomas dachte erneut: Gehen lassen! Über Delands Arbeit hatte er sich nicht zu beklagen – warum sollte er sich mit anderer Leute Sorgen belasten?
    Pjotr erwartete Thomas bereits und drängte. Er solle sich beeilen. Dadurch, daß der Reaktor gestört sei, wären heute einige Dinge durcheinandergeraten und es sei umdisponiert worden. »Ein bunter Abend ist angesetzt – schon deshalb, weil die Abendschicht ausfällt.«
    Thomas warf einen bedauernden Blick auf seine Feldbücher. Eigentlich wollte er schon ein wenig rechnen. Und außerdem war ihm nicht nach buntem Abend, ihm war nie nach buntem Abend. Aber Pjotr hatte extra auf ihn gewartet, und die Rechnerei lief nicht weg.
    Über den Automaten wählte Thomas ein paar belegte Brote, verschlang sie beim Umkleiden, strich sich übers Kinn, merkte, daß es kratzte. Pjotr stand schon fertig angezogen in der Tür und maulte, als sich Thomas auch noch Bartentferner auftrug. Aber schließlich konnten sie gehen.
    Nina war auch da. Das stellte Thomas fest, bevor er den großzügig ausgestatteten Saal betrachtete, in dem er sich zum erstenmal befand. Niedrig zwar, barähnlich, weitläufig, intim und wieder nicht intim, kurz, eine Atmosphäre, wie er sie sich oft in Gaststätten großer Städte gewünscht hätte und wie sie sicher auch Evelyn zusagen würde.
    Erst nach einem gründlichen zweiten Blick bemerkte er, daß die Band eine videoplastische Illusion war. Die Musikübertragung war so gut, daß man die Akteure in persona nicht vermißte.
    Thomas versuchte Pjotr so zu dirigieren, daß sie wenigstens an einem Tisch in Ninas Nähe Platz bekamen.
    Nina war für den allgemeinen Geschmack sehr modern angezogen und hatte bestimmt einige Leistungsbons als Luxusaufschlag für ihre Kleidung ausgegeben. Er beobachtete sie und die übrigen Mädchen, die mit ihr am Tisch saßen.
    Es tanzte niemand. Nach einer Weile verschwand die Band plötzlich, ein junger Mann betrat das Podium und kündigte das Programm an.
    Thomas sah seufzend zu Pjotr. Doch als er merkte, daß dieser offenbar gespannt dem Kommenden entgegensah, ließ er es bei dem Blick bewenden und verkniff sich jede Bemerkung.
    Das Programm war wirklich sehr gut. Die Glossen auf das Leben in TITANGORA waren für ihn außerordentlich wertvoll. In den Witzen steckten, bestimmt Wahrheiten. Auch Ninas Neigung zum Extravaganten wurde mit schallendem Gelächter bedacht, als auf der Bühne eine entsprechende Szene dargeboten wurde. Nina selbst lachte herzlich mit.
    Thomas begann, sie großartig zu finden.
    Pjotr trank Wein. Er hatte sich gleich eine ganze Flasche geholt und bot Thomas davon an. Aber Rotwein war nicht nach dessen Geschmack, und außerdem hatte er nicht vor zu trinken, dazu schien ihm der morgige Tag zu anstrengend zu werden.
    Später tanzte Thomas mit Nina. Er war – auch zu Evelyns stillem Verdruß – kein besonders guter Tänzer. Zudem brachten sie hier mehr Tänze, bei denen die Computer Pate gestanden hatten, als ihm lieb war. Aber er sah keine andere Möglichkeit, mit Nina ins Gespräch zu kommen, als beim Tanzen, und so tanzte er eben. Als sie ihn dann ebenfalls holte, fing er an, mit sich zufrieden zu werden.
    Nina war ausgelassen fröhlich. Thomas ließ sich davon anstecken und natürlich auch verleiten, an der Bar Dinge zu trinken, die ihn zusammen einen ganzen Bon kosteten und deren Namen schon schlimm genug waren.
    In der Pause lud ihn Nina zu einem Spaziergang ein. Sie lachte über sein erstauntes Gesicht und fragte, ob er schon im Turm gewesen sei. Als er verneinte, sagte sie, das müsse jeder Neuling gesehen haben, nahm ihn an der Hand, und sie zogen los.
    Unterwegs erklärte sie ihm, spitzbübisch wichtigtuend, daß nicht jedermann Zugang zum Turm habe, aber weil sie bei GEOMESS wären und vom Turm aus öfter gemessen würde, na ja… Sie

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