Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
mißtrauisch und außerdem der Meinung, daß er alles besser übersieht, schneller kann, daß die anderen – kraß gesagt – mehr oder weniger Nichtskönner sind. Er muß einfach mal auflaufen!«
    Auf die Bemerkung von Thomas, daß sie mit Neuber vernünftig reden müßten, hatte Dr. Andrej gelächelt. »Was denkst du, was wir schon alle geredet haben. Wir resignieren, weiter nichts! Wir achten höchstens darauf, daß in unsere Sektoren nicht zuviel Destruktives einsickert. – Hier bestimmen drei: Neuber, die Stelzer, und beeinflußt werden sie beide von Proz.«
    »Wer ist Proz?« hatte Thomas gefragt, »ich habe ihn noch nicht kennengelernt.«
    Dr. Andrej hatte belustigt gelächelt. »Warst du bei Neuber im Zimmer?«
    Thomas war die Frage überflüssig vorgekommen. »Ja«, hatte er irritiert geantwortet, »gleich am ersten Abend.«
    »Dann hast du das große Bedienpult gesehen, das sich zum Teil über seinen Schreibtisch hinweg nach links und rechts fortsetzt?«
    »Habe ich…« Thomas war eine Ahnung gekommen.
    »Dann hast du Proz bereits kennengelernt!« Dr. Andrej hatte gelacht. »Irgendein Witzbold hat Neubers Prozeßüberwachungssystem den Namen Proz gegeben. Der hat sich eingebürgert.«
    Thomas hatte ein wenig unsicher gelächelt und dann zögernd gesagt: »Aber dann dürfte doch in solchen Fällen die Entscheidungsfindung nicht besonders schwerfallen!«
    »Hast du davon Ahnung?« hatte Dr. Andrej zurückgefragt. Thomas hatte die Schultern gezuckt. »Was man eben auf der Hochschule so darüber hört. Ob ich mich gleich damit zurechtfände, weiß ich nicht, als Nichtfachmann.«
    »Es kommt eben auf das Modell und immer noch darauf an, welche Informationen dem Rechner eingegeben werden. Siehst du! Und hier ist es so: Neuber macht Stichproben und verläßt sich auf einige Zuträger und im übrigen fast ausschließlich auf seine Interpretation der objektiven Daten unseres integrierten Informationssystems, auf eine Art souveräne Auslegung. Eine regelmäßige Analyse führt er nicht durch, und wie zugänglich er anderen Meinungen ist, hast du ja selbst in den wenigen Tagen erlebt.«
    »Und da gibt er einfach…?«
    »… da gibt er einfach die Daten ein, die, natürlich neben den objektiven, ihm genehm sind – um es einmal ganz kraß zu sagen.
    Wenn du einem solchen Rechner die Daten der täglichen Produktion eingibst und die des Plans, kannst du jederzeit erfragen, wo du stehst in der Erfüllung. Du weißt aber nicht, wie lange das so gehen wird, wenn du nicht gleichzeitig den Zustand deiner Produktionsmittel erfaßt. Das wichtigste sind aber immer noch die Produktivkräfte und insbesondere die Menschen.
    Simple Schulweisheiten, aber wie du siehst, ist es wohl schwer, die Regeln einzuhalten. Und hier bei uns… Ich glaube, das schafft ein Rechner, auch der größte, nicht. Wie willst du die Vielfalt Mensch erfassen! Wahrscheinlich versucht es Neuber deshalb erst gar nicht.
    Viele von uns sind der Meinung, daß Proz bereits so weit Subjekt ist, daß er gleichsam mit Neuber eine Einheit bildet, ihn ergänzt. Und daraus schöpft Neuber auch die Überlegenheit, die er zu seinen Entscheidungen braucht.«
    Thomas war leicht verwundert.
    »Zum Beispiel heute«, hatte Dr. Andrej hinzugefügt, um Thomas’ letzte Zweifel zu zerstreuen. »Die Entscheidung Neubers: das Gegenultimatum. Dem liegt folgende, von Proz vorbereitete Überlegung zugrunde: Das Ziel ist, die Flora- und Faunaernten zu sichern. Er kalkuliert: Fünfzig Prozent der Flotte gehen auf sein Ultimatum ein, die andere Hälfte verläßt die Boote. Wir haben soundso viel Leute hier, die, von ihrer Qualifikation aus gesehen, den Algorithmus einer U-Boot-Steuerung in kurzer Zeit beherrschen müßten, also eine rein subjektive Annahme. – Übrigens denkt er dabei an Leute wie dich. Also: Schnellehrgang, und die Boote fahren. Der Ausfall ist zu verschmerzen. Das hat Proz exakt durchgespielt!«
    »Aber was wird aus den Bootsbesatzungen, die nicht auf Neubers Weisung eingehen?«
    »Was willst du. Die sind renitent, sagt Neuber. Die sollen froh sein, wenn wir sie nicht ganz und gar nach Hause schicken. – Es wird sich etwas finden. Tatsächlich nach Hause schicken kann er sie deshalb nicht, weil die Kombinatsleitung von dem gesamten Vorfall nicht unterrichtet wurde. – Und Proz ist das natürlich gleichgültig, er ist eine Maschine.« Hier hatte Dr. Andrej sarkastisch gelächelt.
    Thomas begann langsam den Teufelskreis innerhalb der Leitung New Maoris zu

Weitere Kostenlose Bücher