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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Reinstmetalle wurden täglich gefördert, angereichert, katalytisch destilliert und eingeschmolzen. Tausende Betriebe der Erde benötigten sie als Rohstoffe. Und für diese Produktion waren die regelmäßigen Ernten Voraussetzung.
    Aus der Sicht der U-Boot-Mannschaften war der Zeitpunkt der Stilliegung der Boote gut gewählt. Die Mannschaften waren kaum von heute auf morgen zu ersetzen. Und trotzdem hatte Neuber, ohne den Ablauf des Ultimatums abzuwarten, entschieden, entschieden gegen Rijsdijks Bedenken: Die Mannschaften werden, sofern nicht binnen sechs Stunden die Arbeit wiederaufgenommen ist, demobilisiert.
    Was das für den Betroffenen bedeuten konnte, brauchte niemand Thomas zu erklären; schließlich hatte er in TITANGORA einige kennengelernt, die selbst nach der regulären Eingliederungszeit zu Hause keine Wurzeln geschlagen hatten. Und was waren für prächtige Kerle darunter. Thomas dachte an Richard, den Mammutfahrer. Vorzeitige Entlassung bedeutete in jedem Fall für etliche Kurzarbeit und niedrigeres Lebensniveau.
    Die schnell hereinbrechende Dämmerung ließ Lichterketten aufleuchten. Hinter der Einfahrt, gegen Manihiki, strahlte der Ozean wie glühender Walzstahl. Wasserfahrzeuge, die sich im Innern des Schiffsrondells befanden, setzten Positionslichter, die sich wie bunte Glühwürmchen bewegten. Nur draußen, gen Osten, dort, wo es schon dunkel war, verharrten sie unbeweglich. Dort lag die U-Flotte.
    Die Kombinatsleitung müßte informiert werden, sagte sich Thomas. Der Fall ist wichtig genug. Neuber hat nicht das Recht, darüber Nachrichtensperre zu verhängen. Seine Selbstherrlichkeit, die die Stelzer mit »das kriegt der Chef schon hin – pe, pe« kennzeichnete, durfte keine Katastrophe heraufbeschwören!
    Thomas war, als streife er langsam seine Haut ab und schlüpfe bedächtig in eine neue. Was gewesen war, lag auf einmal so weit, war traumhaft unwirklich… Streit mit Evelyn? Das Mädchen Kavor… Die Besorgtheit der Mutter… Lewrow, das Eis, Deland – ja Deland. Was wird er machen? Bestimmt hat er sich besonnen…
    Thomas konzentrierte sich. Er spürte die Müdigkeit schwinden. Ich gehe zu Dr. Andrej, nahm er sich vor, gleich! Doch er rührte sich in seinem Liegestuhl keinen Millimeter. Das kann ich nicht machen! Keine drei Tage hier und den alten Hasen etwas vorschlagen. Aber warum unternahmen sie nichts, warum ließen sie Neuber sich verrennen? Im Grunde war dann nicht nur er es, der versagte.
    Thomas war sich unschlüssig wie selten. Selbst wenn er mich auslacht, ich suche ihn auf!
    Et stand langsam auf, ließ den Liegestuhl einklappen und ging zögernd, immer noch in Gedanken, in das Schiffsinnere zum Ringkorridor.

II
    Die Messe des U-Kreuzers acht war eng. Die nach oben zu schräg verlaufenden Wände, dem Schiffsrumpf angepaßt, schienen auf den Raum und die Menschen zu drücken. Über den Köpfen schwammen Schwaden. Es roch nach kaltem Tabakrauch und Schweiß.
    Kapitän Kenneth saß am Kopfende des langen Tisches. Er sah abgespannt und müde aus.
    »Ich bin, das betone ich nochmals, für Neubers Vorschlag«, sagte er.
    »Redereien wieder!« rief ein korpulenter Mann mit Kapitänsstreifen am Ärmel dazwischen. »So wahr ich Mike Paterthik heiße, ändert sich gewiß abermals nichts. Ich bin dafür, nach wie vor: Boote besetzt halten, mindestens, bis jeder von uns seinen Vertrag hat.« Die letzten Worte unterstrich er, indem er mit der flachen Hand im Takt dazu auf den Tisch schlug. Offensichtlich hatte er Anhänger. Etliche murrten, deutlich gegen Kenneth gerichtet.
    »Da haben wir ja den richtigen zu unserem Sprecher gemacht…« und ähnliches klang in der Runde auf.
    »Sag deine Meinung, Joe«, forderte Kenneth seinen Nebenmann auf.
    »Also«, sagte der mit Joe Angeredete. Am Tisch trat Ruhe ein. In der Tat strahlte Joe eine Würde aus, die ihm in der Kapitänsrunde der Flotte Respekt verschaffte. Joe war das Klischeebild eines Seemanns: schmal, beinahe dürr, ein wettergegerbtes, nicht ganz sauber rasiertes Gesicht und eine leicht gerötete Nasenspitze. Darüber saßen stechende Augen. Er mochte fünfzig Jahre alt sein.
    »Also, ich denke, wir haben ihnen einen Schreck eingejagt. Sie werden uns nun nicht wieder hinhalten.« Er reihte die Worte so bedächtig aneinander wie ein Juwelier seine Perlen, von denen er jede einzelne noch mal gegen das Licht hält. »Also denke ich, wir bringen die Ernte ein. Unterdessen sollen Kenneth und einige andere von uns die Dinge aushandeln, die

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