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Anthologie - Das Ginsterbett

Anthologie - Das Ginsterbett

Titel: Anthologie - Das Ginsterbett Kostenlos Bücher Online Lesen
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denn los?«
    Der Atem stockte im Hals und das Herz trommelte, daß sich alles vor ihren Augen drehte. Die Worte kamen unzusammenhängend.
    »Marianne…«
    »Was ist mit Marianne?«
    »Sie ist weg. Sie ist hinuntergegangen, um zu baden, und jetzt ist sie weg.«
    Tante Edith ergriff ihre Arme.
    »Beruhige dich, Evachen. Marianne ist ja hier. Sie ist gerade hineingegangen. Sie sitzt in der Küche.«
    Eva blieb in der Tür stehen. Dort saß Marianne beim Tisch mit einem Glas Milch. Sie hatte Tante Ediths Bademantel an.
    »Warum hast du nichts gesagt?«
    Ihr Gesicht war ausdruckslos, die Stimme kühl.
    »Hast du geglaubt, ich habe mich ertränkt?«
    »Warum hast du nicht gesagt, daß du heraufgehen wirst?«
    Nun sah sie es an ihr: fremde, verächtliche Augen.
    »Dumm von dir, so hysterisch zu werden. Mama wundert sich sicher, was in dich gefahren ist.«
    Sie stand auf und stellte das Glas hin. Eva sank beim Tisch nieder. Sie sprach zu Mariannes Rücken.
    »Kommst du nicht hinunter?«
    »Geh inzwischen voraus. Ich komme später.«
    Darauf ging sie in ihr Zimmer. Schloß die Tür. Tante Edith kam zurück und sah sie neugierig an. Da fiel ihr Blick auf den Fuß.
    »Ojoj… du mußt ein Pflaster darauf geben. Warte, ich werde dir helfen.«
    Eva hielt die Zehe hin mit dem weißen, aufgerissenen Hautteilchen und dem Blut, das unter dem Nagel gestockt war.
    Tante Edith bemühte sich geschäftig mit Desivon und Heftpflaster.
    »Das ist nicht so schlimm, wenn es auch jetzt ein bißchen schmerzt. Man muß nur genau damit sein, es rein zu halten. Tut es sehr weh?«
    Eva lächelte ins Nichts hinein. »Nur wenig.«
    Sie hatten eigentlich ins Kino gehen wollen, nur zu zweit, aber Marianne hatte keine Lust. Es war Tanz im Gymnasium, und Marianne traf fast sofort einige, die sie kannte.
    »Ich will mit ihnen nur ein paar Worte sprechen. Wir treffen uns dort bei dem Pfeiler. Nur einige Minuten.«
    Es war gedrängt voll und lärmend in der großen Halle, und die Schulband spielte ohrenbetäubend. Sie blieb nahe beim Ausgang stehen. Dort waren Ann und Barbro. Ann winkte ihr zu. Dann wurde sie zum Tanz aufgefordert. Er war lang und schlaksig, tanzte mechanisch und ohne Überzeugung und sprach die ganze Zeit mit einer heruntergeschraubten und falsch scherzenden Stimme.
    »Kommst du oft her?«
    Vorn auf der Estrade schlängelte sich der bärtige Klarinettist durch ein Solo, bis das Kornett und die melancholischen Trombonen wieder einstimmten und der feiste Schlagwerker drauflos donnerte. Sie konnte Marianne nirgendwo sehen. Die Stimme des Langen in ihren Ohren:
    »Den mit der Klarinette, den kenn ich.«
    Sie strengte sich an, im Takt mitzufolgen. Er redete die ganze Zeit. Sie antwortete. Sie tanzten noch einen Tanz. Er drückte sie hart an sich, und ihr war das nicht angenehm. Ann tanzte mit einem Jungen nur einige Schritte von ihr entfernt. Sie lächelte, lachte, redete. Die Musik hörte auf, und der Lange hielt ihre Hand. Sie entzog sie ihm.
    »Leider. Ich soll jemand treffen. Wir sehen uns vielleicht.«
    Marianne stand nicht beim Pfeiler. Eva folgte den Tanzenden mit den Blicken. Eine Ansammlung hinten bei der Treppe. Ein Kommen und Gehen. Nirgends Marianne. Einen Augenblick war sie entschlossen, zu gehen. Aber möglicherweise hatte sie bereits hier gestanden und hatte auf sie gewartet. Sie war vielleicht irgendwo dort in dem Gewimmel und suchte sie.
    Der gewöhnliche Haufen von Jungen trieb sich bei der Treppe neben dem Orchester herum, rauchte, stampfte den Takt, sie erzählten einander, wie die Lehrer heißen, erzählten einander, daß sie jetzt die Blonde dort auffordern werden oder die kleine Dunkle oder vielleicht die in Rot, sie entzündeten die Zigarette am Stummel des andern und erzählten einander, wie es vorigen Samstag war und vorvorigen Samstag. Und an all den andern Samstagen, wo sie vorn beim Orchester herumlümmelten und viel zuviel rauchten.
    Einer von ihnen erblickte sie, lächelte und grüßte. Es war Anns Bruder, und sie konnte nicht nein sagen. Er war zwei Jahre jünger, und seine Hände waren warm und feucht vor Nervosität. Er drückte seine Wange dicht an die ihre.
    »Weißt du, daß du hübsch bist?«
    Sie antwortete nicht.
    »Ja, sicher, ich meine es ernst. Du bist kolossal hübsch.«
    Sie antwortete nicht.
    »Oh, verzeih…«
    »Bitte.«
    »Ich habe vielleicht einen Fehler gemacht.«
    Seine Atemzüge drangen in ihr Ohr hinein, seine Lippen lagen fast unmerklich an ihrer Wange.
    »Hast du das nicht gern? Cheek to

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