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Anthropofiction

Anthropofiction

Titel: Anthropofiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon E.Stover und Harry Harrison
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beschäftigt. Es wurde dunkel.
    Sie ging fast die ganze Nacht hindurch über die Felder. Jedes war besetzt von einem Campbell, einem Smythe oder einem Pinckney. Die Männer trugen Gewehre und Scheinwerfer und unterhielten sich heiter, wenn sie sich an den Zäunen trafen und sprachen von einer wilden Fuchsjagd.
    Sie kroch auf das Grundstück der Clarks, als es schon hell wurde und schleppte sich in ihr Zimmer. Niemand beachtete sie, als sie tobend und schreiend in ihrem Zimmer umherlief.
    In dieser Nacht schlich Miriam aus ihrem Zimmer – immer noch in dem verschmutzten, zerrissenen weißen Kleid – und die Treppen hinunter. Sie hielt vor dem Flurspiegel, um etwas Lippenstift aufzulegen, ihre Haare in Ordnung zu bringen und riß die halbabgerissenen Chiffon-Spitzen von ihren Ärmeln ab. Dann ging sie zu dem Feld, auf dem die Jungfrauen warteten. Sie stand schaudernd am Rand, als sie sah, wie der alte Mann, den sie Fettsack nannten, sie beobachtete. Einige Meter weiter sah sie einen anderen Mann, jung, schlank, mit vollem, glänzendem Haar. Sie seufzte, als sie eine junge Frau mit einem schlanken, in Jeans gekleideten Jungen das Feld verlassen und auf den Wald zugehen sah.
    Sie knotete ihr Band an einen Pfahl am Rande des riesigen Feldes. Dann suchte sie sich einen Weg durch die vielen buntgefärbten Bänder, an wartenden Mädchen in Weiß vorbei, hielt an einer angenehm wirkenden Stelle und setzte sich hin.

 
Lao Shaw
Jedermannoffskismus in Katzenstadt
     
    »Sagen Sie«, erkundigte ich mich, »was ist Jedermannoffskismus‹?«
    »Eine Art von politischem System«, erklärte mein marsianischer Gewährsmann, »in dem jeder für jeden da ist. In diesem System arbeiten alle, sind alle glücklich und alle in Sicherheit. Die Gesellschaft ist eine große Maschine; alle Mitglieder arbeiten vorzüglich zusammen, als vollintegrierte, verantwortungsbewußte Persön lichkeiten und Kollegen. Ein großartiges System!«
    »Gibt es Länder auf dem Mars, welche dieses System praktizieren?«
    »Es gibt sie.«
    »Wie steht es mit ihrem Land?«
    Mein Gewährsmann schwieg lange und bekannte dann widerstrebend: »Ja, wir haben damit herumgestümpert, ja, in der Tat. Gestümpert. Nicht aber, daß wir dies System jemals richtig praktiziert hätten.«
    »Gestümpert? Wieso das?« fragte ich.
    »Es verhält sich folgenderweise«, lautete die Antwort. »Von uralten Zeiten an saß stets ein Imperator auf dem Thron und beherrschte unser Land. Das Volk war von der Herrschaft ausgeschlossen. Eines Tages dann hörten wir Berichte, daß in anderen Ländern das Volk seine Angelegenheiten in eigene Hände genommen hat, und das hielten wir für sehr gut. So setzten wir uns ebenfalls dieses Ziel und versuchten es zu verwirklichen. Wir Katzenstädter sind eben so. Wenn wir von irgendeiner Neuerung in einem anderen Land hören, ahmen wir sie flugs nach. Zum Schluß kommt heraus, daß diese Neuerungen in anderen Ländern wirklich etwas taugen, während wir weitermachen wie zuvor: je schlechter es bei uns klappt, desto mehr stümpern wir mit blindlings ausgeliehenen politischen Systemen herum.«
    »Sie meinen, daß die Katzenstädter niemals eigene Häuser bauten, sondern immer anderer Leute Häuser ausgeliehen haben?«
    »Sehr wahr! Und geradeso verhielt es sich mit der Jedermanoffskiski-Clique.«
    »Clique?« Ich war verwirrt.
    »Verstehen Sie, das ist, was man auf der Erde eine politische Partei nennt.«
    »Oh«, machte ich.
    Mein Gewährsmann setzte seine Erzählung fort.
    »Es ging voran mit dem Jedermannoffskismus, und nach langen Jahren wurde der Imperator gestürzt. Es begann mit der ökonomischen Frage, und die Lösung war, die Eigentümer der Produktionsmittel aus der Welt zu schaffen, ihr Eigentum den Bauern und Arbeitern zu übereignen und damit die Macht in die Hände der kleinen Leute zu legen.«
    »Wer waren die Führer dieser Partei?« unterbrach ich. »Stammten sie selbst aus den Massen?«
    »Gott behüte, nein! Keineswegs! Sie waren kleine Krämerseelen, die sich von den großen Geschäften des Imperators beeinträchtigt fühlten; sie besaßen kein Wissen, keine Bildung, kein Gehirn – nichts! Ihr geheimer Plan war, die Großeigentümer auszuschalten, das Volk im Stich zu lassen und ihren eigenen Angelegenheiten nachzugehen. Nicht die Hinrichtung der Ausbeuter war der Fehler – die Katzenstädter hegten diesen Wunsch immer. Noch war es falsch, daran zu glauben, daß ehrliche Bauern und Arbeiter ihre Sache selbst anpacken könnten –

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