Anthropofiction
Forschungen, die jemals auf den Marquesas gemacht wurden, selbst zu. Er kam etwa siebenunddreißig Jahre zu spät. Ralph Linton gebührt seit 1919 diese Ehre, und ich selbst machte die ersten stratigraphischen Ausgrabungen auf Nuku Hiva, einen Monat bevor Heyerdahls Schiff in der Taiohae-Bucht vor Anker ging. Die Ehre des erstmaligem sollte bedeutungslos sein, und sie ist es auch wirklich; es gibt da weit erstrebenswertere Adjektive, dieallerdings nicht so einfach erworben werden können.
Heyerdahl fahrt fort, indem er für sich in Anspruch nimmt, der erste Weiße gewesen zu sein, der die bekannte zweiköpfige Statue im Tal von Taipivai auf Nuku Hiva gesehen hat. Tatsächlich wurde diese Statue zuerst von Karl von den Steinen, dem berühmten deutschen Ethnographen, 1898 gesehen und in seinem Werk über die Kunst auf den Marquesas gebührend erwähnt. Von den Steinen wurde unglücklicherweise durch die abergläubische Furcht seines Eingeborenenführers davon abgehalten, die Statue zu photographieren.
Weiter nimmt Heyerdahl für sich in Anspruch, die große Befestigungsanlage von Morongo Uta auf Rapa Iti entdeckt zu haben. Diese Fundstelle wurde von J. G. Stokes vom Bernice-Bishop-Museum, in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts kartographiert und genau untersucht, aber der Bericht wurde nie veröffentlicht. Von der Museumsleitung wurde nie der Versuch gemacht, die Tatsache zu verschleiern, daß Stokes dort gearbeitet hat.
Das allgemeine Bild der Urgeschichte der Oster-Insel wie es von Aku-Aku übermittelt wird, ist folgendes: Die Inseln wurden zuerst von peruanischen Indianern besiedelt. Später, gegen Ende der prähistorischen Periode, fielen Polynesier (die in Wirklichkeit Nordwestküsten-Indianer waren) ein. Indem Heyerdahl Anleihen von einer alten Legende der Oster-Insel macht, dieeinen Krieg zwischen zwei Gruppen beschreibt, die im einzelnen die Langohren und die Kurzohren genannt werden, identifiziert er die Langohren als Peruaner und die Kurzohren als Polynesier. Er zeigt einige Bilder von angeblich reinrassigen Langohren, die immer noch auf der Oster-Insel leben – die bemerkenswert kaukasoid aussehen, wie ich hinzufügen möchte. Er spricht dies der Tatsache zu, daß die peruanischen Eroberer in Wirklichkeit überhaupt keine Indianer waren, sondern weiße Menschen mit roten Haaren (Ist hierin eine Nordische Hypothese versteckt?). Die Tatsache, daß keine prähistorische kaukasoide Bevölkerungsgruppe irgendwo in Peru nachgewiesen werden kann, ist für die Theorie natürlich nebensächlich. Das plötzliche Auftauchen von Weißen in der Heyerdahlschen Theorie ist total verwirrend, da Heyerdahl verzweifelt zu zeigen versucht hat, daß polynesisches Blut amerikanischem Indianerblut in punkto Blutgruppenverbreitung gleicht. Welche rassischen Beziehungen haben also diese Weißen zu den Indianern? Besitzen sie die gleichen Blutgruppen wie die Indianer? Wenn ja, dann stehen Blutgruppe und physischer Phänotyp nicht miteinander in Zusammenhang, was seiner Theorie widersprechen würde.
Das Datum der Besiedlung der Oster-Insel wird mit 380 n. Chr. angegeben, festgestellt durch eine C-14 Messung, die in völlig unspezifiziertem Kontext steht, wie weiter oben schon besprochen wurde. Nach Heyerdahl entspricht die Kultur der peruanischen Siedler jener Epoche, die den Archäologen Südamerikas als die der Tiahuanaco-Periode bekannt ist. Die Tiahuana co-Kultur blühte jedoch in den Hochländern Boliviens (nahe dem Titicaca-See) ungefähr 750 n.Chr. auf; also brachten die Peruaner die Tiahuanaco-Kultur etwa 400 Jahre bevor sie überhaupt existierte auf die Oster-Insel; wahrlich eine Glanztat, sogar für die sagenhaften Peruaner! Was jedoch noch erstaunlicher ist, ist die Tatsache, daß diese Peruaner die Technik des Maurerhandwerks mit sich brachten, verstanden sie es doch, exakte Steinmauern zu bauen, was man in Peru erst sehr viel später konnte, ungefähr ab 1500 n. Chr.
Obwohl sie diese bemerkenswert entwickelte (und absolut anachronistische) Steinbearbeitungstechnik besaßen, fehlten den Tiahuanaco-Entdeckern der Os ter-Insel seltsamerweise alle Dinge; die für Tiahuanaco typisch sind. Die Tiahuanaco-Periode zeichnet sich durch einen Reichtum an schönen Töpferwaren aus, die als Dekoration sorgfältig gemalte Katzen, Bussarde und Gottheiten von Menschengestalt trugen. Auf der Oster-Insel wurden jedoch keine Töpferwaren gefunden. Auf dem Tiahuanacogelände in Bolivien wurden Ruinen von großen Gebäuden und
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