Anthropofiction
haben und was wir noch zu leisten hoffen, der Öffentlichkeit, den Universitäten, den Gelehrten-Gesellschaften und der Bundesregierung darzulegen. Da wird ein schönes Stück Arbeit getan werden müssen. Wir dürfen nicht zulassen, daß die anderen Wissenschaftsgebiete und die sogenannten praktischen Interessen die öffentliche und akademische Unterstützung für sich monopolisieren. Daher meine ich, daß ich zumindest für einige Zeit zurückkehren sollte, um zu sehen, was ich tun kann …«
Vorlesungen. Die Organisation einer Gesellschaft für Mars-Archäologie mit Dr. phil. Anthony Lattimer, dem logischerweise der Vorsitz gebührt. Rang und Eh ren; der Respekt des Gelehrten und die Lobhudelei des Laienpublikums. Stellungen mit eindrucksvollen Titeln und Gehältern. Süß sind die Vorteile der Publicity. Martha drückte ihre Zigarette aus und stand auf. »Nun, ich muß noch die endgültigen Listen von dem, was wir in der Halvhulva – Biologieabteilung – gefun den haben, überprüfen. Morgen werde ich mit Somhu ha beginnen, und ich möchte dieses Material zur fachlichen Auswertung bereit haben.«
Das war es, wovon Tony Lattimer loskommen woll te, die Detailarbeit und Plackerei. Soll die Infanterie sich durch den Dreck schlagen; die hohen Offiziere ernten die Medaillen.
Eine Woche später war sie mit dem fünften Stock zur Hälfte fertig und nahm das Mittagessen im Lesesaal im ersten Stock ein, als Hubert Penrose herüberkam und sich neben sie setzte, um sich zu erkundigen, woran sie arbeitete. Sie sagte es ihm.
»Ich wüßte gern, ob du für ungefähr eine Stunde ein paar Leute für mich auftreiben kannst«, setzte sie hin zu. »Ein paar verrammelte Türen in der Zentralhalle sind mir im Weg. Lesesaal und Bibliothek, falls die Anlage dieses Stockwerkes wie die der unteren ist.«
»Ja. Ich selbst bin auch ein ganz anständiger Türen-Knacker.« Er blickte im Raum umher. »Da wäre noch Jeff Miles; er hat nicht besonders viel zu tun. Und zur Abwechslung werden wir auch Sid Chamberlain etwas Arbeit geben. Wir vier sollten deine Türen schon aufkriegen.« Er rief Chamberlain an, der gerade sein Tablett zur Geschirrspülmaschine hinübertrug. »Sid, hast du in der nächsten Stunde irgendwas zu tun?«
»Ich wollte zum vierten Stock ’rauf und schauen, was Tony macht.«
»Laß das. Tony hat den Höchstpreis der Saison für Marsianer eingesackt. Ich will Martha helfen, ein paar Türen aufzubrechen; wahrscheinlich werden wir einen ganzen Friedhof voller Marsianer finden.«
Chamberlain zuckte die Achseln. »Warum nicht. Eine verrammelte Tür kann alles hinter sich bergen, und ich weiß, was Tony macht – bloß Routinekram.«
Jeff Miles, der Raumflotten-Kapitän, kam in Begleitung von jemand aus dem Laborteam vom Raumschiff, der am Tag zuvor mit der Rakete heruntergekommen war.
»Das sollte nach deinem Geschmack sein, Mort«, sagte er zu seinem Begleiter. »Abteilung Chemie und Physik. Willst mitkommen?«
Der Labormann, Mort Tranter, wollte. Der Sehenswürdigkeiten wegen war er ja vom Raumschiff heruntergekommen. Sie trank ihren Kaffee aus, rauchte die Zigarette zu Ende, und zusammen gingen sie hinaus auf den Flur, nahmen die Gerätschaften auf und fuhren mit dem Aufzug in den fünften Stock.
Die Tür zum Lesesaal lag am nächsten; sie wurde zuerst in Angriff genommen. Mit geeignetem Gerät und Hilfskräften war das kein Problem, und in zehn Minuten hatten sie sie weit genug offen, um sich mit den Scheinwerfern durchzuzwängen. Der Innenraum war ganz leer und, wie die meisten Räume hinter verschlossenen Türen, staubfrei. Die Studenten hatten augenscheinlich mit dem Rücken zur Tür, einem niedrigen Podium gegenüber gesessen, aber ihre Stühle, Pult und Apparatur des Dozenten waren fortgeschafft worden. An den beiden Längswänden befanden sich Schrifttafeln: an der rechten ein Muster aus konzentrischen Kreisen, das sie als Diagramm der Atomstruktur erkannte, und an der linken eine komplizierte Tabelle von Zahlen und Wörtern in zwei Kolonnen. Tranter zeigte auf das Diagramm zur Rechten.
»Jedenfalls sind sie bis zum Bohrschen Atommodell vorgedrungen«, sagte er. »Hm, nicht ganz. Sie kannten die Elektronenschalen, aber den Kern haben sie als feste Masse dargestellt. Kein Hinweis auf die Protonen- und Neutronenstruktur. Ich wette, wenn es dir gelingt, ihre wissenschaftlichen Bücher zu übersetzen, wirst du feststellen, daß sie gelehrt haben, das Atom sei das letzte und unteilbare Teilchen. Das erklärt,
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