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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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überdurchschnittlich charmant
und attraktiv zu sein…
    Holden ergriff meinen Arm und schüttelte ihn. »Mein
Gott, Ned; verspürt Ihr denn überhaupt keine Neugierde?
Betrachtet doch nur die Wunder, an denen Ihr vorbeigeht!«
    Ich hob den Kopf, als ob ich aus einem Traum erwachte, und schaute
mich um; und ich spürte, daß ein Lächeln auf meinem
Gesicht erschien.
    Denn das Promenadendeck der Albert war in der Tat ein
wundervoller, wenn nicht gar magischer Ort.
    Der größte Teil des Decks war als Rasen gestaltet, auf
dem vereinzelte junge Bäume standen (Fichten mit flachen
Wurzeln). Wir folgten einem zwischen den Bäumen verlaufenden
Pfad, wobei Kieselsteine angenehm unter den Füßen
knirschten. Es gab gestutzte Büsche und eine kleine Statue, aber
generell herrschte der Eindruck einer Synthese vor, die den
Naturzustand und die Kultivierung gefällig in sich vereinte
– genauso wie in den besten englischen Gärten, dachte ich,
welche die übermäßige Verspieltheit beispielsweise
der französischen Anlagen vermeiden.
    Hinter den Bäumen ragten die Schornsteine des Schiffes hoch
in die Luft, und die kupferfarbenen Bänder leuchteten.
    Da standen wir nun, sechzig Fuß über der belgischen
Landschaft auf der Hülle dieses eisernen Kolosses, und doch war
es, als ob wir durch einen ländlichen englischen Garten
spazierten!
    Schließlich erreichten wir eine große freie
Fläche im Mittelpunkt des Schiffes. Zu unserer Linken befand
sich eine kleine, geschmückte Kapelle; das Orchester
bemühte sich redlich, die Polka zu verhunzen – obwohl es
jetzt durch das lautere Scheppern der Royal Marines Band am Boden
Konkurrenz bekam. Und vor uns lag eine glitzernde runde
Wasserfläche. Hierbei handelte es sich um das gepriesene
elegante Schwimmbad der Albert; in seinem Mittelpunkt thronte
ein prächtiger Springbrunnen-Neptun, komplett mit Dreizack. Die
sich im Becken spiegelnde Sonne blendete mich.
    Auf der anderen Seite erspähte ich die lange,
schwarzgewandete Gestalt von Traveller, der sich von uns entfernte;
er hatte den Zylinder tief ins Gesicht gezogen, und der Mann namens
Pocket klebte wie ein Schatten an seiner Seite.
    Dann schaute ich an Traveller vorbei und erblickte zum erstenmal
die Phaeton, sein fliegendes Schiff.
    Mit meinen geblendeten Augen hatte ich den unglaublichen Eindruck,
daß Traveller vor dem Hintergrund dieses wundervollen
Fahrzeuges auf der Oberfläche eines beweglichen eisernen Meeres
wandelte; und für einen flüchtigen Moment gewann er in
meinen Augen die Aura eines Magiers.
    In ihrer Gesamtheit hatte die Phaeton die Form einer
Mörsergranate, die auf ihrer Grundfläche stand – bzw.
auf drei ziemlich fragil wirkenden Stelzen aus Schmiedeeisen, welche
die Masse des Fahrzeuges etwa zehn Fuß über dem Deck
schweben ließen. Aber dieses Geschoß wurde von einer
vielleicht fünfzehn Fuß durchmessenden Kuppel aus
Bleikristall gekrönt; und im unteren Hüllenabschnitt
zeichnete sich etwas ab, das ich als Luken und Bullaugen
interpretierte, die allesamt bündig in die Wandung
eingepaßt waren. Eine Luke in der Nähe der Glaskuppel
stand offen, und eine Strickleiter fiel über die Hülle des
Fahrzeugs bis auf das Deck herab.
    Die ganze Konstruktion hockte geduckt auf dem Deck der Albert, vielleicht fünfunddreißig Fuß hoch. Die Wandung
glänzte im Sonnenlicht wie eine silberne Boje.
    Eine kleine Gruppe von Schaulustigen wurde von einem an
Messingrohren befestigten roten Seil auf Distanz gehalten. Ein
einzelner Polizist patrouillierte innerhalb dieser kreisförmigen
Absperrung; er hatte die Arme auf dem Rücken verschränkt
und schien außerordentlich zu schwitzen in seiner schweren
schwarzen Uniform.
    Wir trafen Traveller und Pocket innerhalb der Barriere; Traveller
lehnte ostentativ an einem der drei Beine der Phaeton, und nun
konnte ich sehen, daß die Stelzen in Kufen ausliefen – die
nicht wie bei einem Schlitten starr, sondern an Kardangelenken
aufgehängt waren und die Flugmaschine zweifellos zur Landung auf
unebenen Oberflächen befähigten – und das
schmiedeeiserne Bein war mit filigranen Motiven verziert. Drei
Düsen hingen wie klaffende Münder im Mittagsschatten des
Fahrzeuges, und ich registrierte, daß die Decksoberfläche
unterhalb der Düsen Brandspuren aufwies und sogar – an ein
oder zwei Stellen – geschmolzen war.
    »Habt Ihr Euren Spaziergang genossen?« fragte Traveller.
»Ich dachte, Euer Freund wäre etwas durstiger,
Wickers.« Er nahm uns die leeren Champagnergläser

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