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Anti-Eis

Anti-Eis

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nur zu bald setzt wieder
die Dämmerung ein, und ihre Adern verstopfen sich erneut; sie
schlafen im Sonnenschein ein und warten darauf, daß in vierzehn
Tagen die Nacht aufs neue ihre Kräfte weckt.
    Und erinnert Euch, daß die um einen Supraleiter entstehenden
Magnetfelder extrem stark sind – viel stärker als alles,
was menschliche Wissenschaftler bisher mit konventionellen Mitteln
erreichen konnten. Meiner Meinung nach sind es diese Felder, welche
die Grundlage für die von uns beobachtete immense Kraft und
Geschwindigkeit der Phoebianer bilden.«
    Holden nickte. »Das könnte tatsächlich der Wahrheit
entsprechen, Sir Josiah. Überlegt einmal, Ned! Was, wenn Ihr die
Tage in Bewußtlosigkeit verbringen würdet und nur in
dunkler Nacht aktiv sein könntet?«
    Ich dachte darüber nach und antwortete: »Ich habe
tatsächlich einige Freunde, die einen vergleichbaren Lebensstil
pflegen. Vielleicht haben sie ja phoebianische Vorfahren.«
    »Ihr sagtet, diese Vermutung würde sich mit der
früheren Beobachtung decken, daß die Phoebianer
anscheinend auf den Traveller-Krater begrenzt sind.«
    »Ja. Wie Ihr wißt, ist das Phänomen der
Supraleitung nämlich nur in der Substanz beobachtet worden, die
wir als Anti-Eis bezeichnen. Daher würde ich sagen, daß
die von uns entdeckten Lebensformen von dem Kometen oder Meteor aus
Anti-Eis auf den Mond gebracht wurden, der unseren Spekulationen
zufolge auf die Oberfläche des Trabanten stürzte und durch
seine Detonation diesen gigantischen Krater schuf.«
    Ich nahm ein Schlückchen Brandy und sagte: »Das ist ja
eine bestechende Theorie; aber hätten so große und
komplexe Wesen eine derartige Explosion denn überleben
können?«
    »Eine vergleichsweise intelligente Frage«, konzedierte
Traveller ohne jede Ironie. »Das hätten sie
möglicherweise nicht. Aber wir können unterstellen,
daß die Phoebianer von primitiveren Lebewesen abstammen, Sporen
vielleicht, die robust genug waren, den Einschlag zu überstehen.
Und wir können auch unterstellen, daß sie sich angesichts
ihres schnellen Wachstums und ihrer energischen Aktivitäten in
wenigen Jahrhunderten auch über die der Erde zugewandte Seite
des Mondes ausbreiten werden.«
    Ich runzelte die Stirn ob dieser Aussage. »Gott sei gedankt,
daß die Möglichkeit einer weiteren Ausbreitung dieser
Tiere ausgeschlossen ist – zum Beispiel auf unsere Erde.«
Es schauderte mich bei der Vorstellung, diese großen
kristallinen Extremitäten aus den grünen Hügeln
Englands eruptieren zu sehen.
    »Vielleicht«, sagte Traveller. »Aber welch eine
Gelegenheit für wissenschaftliche Forschungen uns eine solche
Invasion bescheren würde!«
    »Wenn es dann noch Überlebende gäbe, die solche
Forschungen durchführen könnten«, kommentierte
Holden.
    »Es ist zu bedauern«, befand Traveller, »daß
die Restbestände an Anti-Eis so gering sind – und
überwiegend anderen Projekten zugeteilt –, so daß
nach unserer Rückkehr zur Erde eine weitere Expedition zum Mond
höchst unwahrscheinlich ist; und es kann noch Jahrhunderte
dauern, bis die von mir entwickelten Theorien bestätigt werden.
So werden wir zum Beispiel nie erfahren, ob das von Ned gesammelte
Wassereis originär vom Mond stammte, von einem Anti-Eis-Kometen
dort abgelagert wurde oder ein Abfallprodukt der Aktivitäten der
Phoebianer ist.«
    Bourne grinste. »Wie traurig, daß ihr Engländer
jetzt von eurer neuesten Kolonie abgeschnitten seid. Ihr hättet
diese Phoebianer nämlich lehren können, eure Fahne zu
grüßen oder wie man ein Parlament einrichtet, wie ihr es
mit den unglücklichen Indianern gemacht habt.«
    Ich lachte nur darüber, aber Holden entgegnete echauffiert:
»Oder ihr Franzen könntet sie in der Technik der Revolution
unterweisen. Dazu sind sie sicher hirnlos und destruktiv
genug.«
    »Gentlemen, bitte«, intervenierte ich. »Dies ist
kaum der geeignete Moment für eine solche
Auseinandersetzung.« Ich sah Traveller erwartungsvoll an.
»Sir Josiah, Ihr habt von unserer Rückkehr zur Erde
gesprochen. Also befinden wir uns in Sicherheit, oder?«
    Traveller lächelte mich an, nicht einmal unfreundlich, und
deutete auf das in der Decke eingelassene Schott.
»Überzeugt Euch selbst.«
    Ich löste die Gurte, überreichte Pocket den Stummel
meiner Zigarre zwecks ordnungsgemäßer Entsorgung und
ließ die Brandyflasche in der Luft schwebend zurück; und
dann, noch immer im Bademantel, hüpfte ich zur Luke hoch und
betrat die Brücke.
    Die Brücke war ein Ort spektraler

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