Anti-Eis
akzeptierte dieses Argument zwar nicht, hatte aber keine
andere Wahl, als sich dreinzufügen; und so wurden wir in
kleinen, im Haus der Lubbocks verstreuten Zimmern auf harten
Pritschen gebettet. Holden überredete den Farmer, einen seiner
Leute als Wache vor dem Zimmer des armen Bourne abzustellen; ich
hielt das indessen für ziemlich übertrieben, denn Bourne
war kaum in der Lage, aus dem Fenster zu klettern und über die
Felder in die Freiheit zu flitzen.
Ich lag auf der Pritsche und wartete auf den Schlaf, wobei ich das
Fenster geöffnet hatte, um die kühle Herbstluft
hereinzulassen; dabei überlegte ich, daß trotz der
Widrigkeiten der Welt (die harte Matratze unter meinem Kreuz
unterstützte mich kaum bei der erneuten Gewöhnung an die
irdische Schwerkraft), der Ausgleich hierfür – der Geruch
der direkt unter dem Fenster wachsenden Bäume, die entfernt in
der Hecke raschelnde Brise und die Liebkosung des kratzigen
Kopfkissens der Lubbocks auf meinem Gesicht – den Gedanken,
diese Erde jemals wieder zu verlassen, horrend erscheinen
ließ.
Ich erwachte morgens in strahlendem Sonnenschein, fühlte mich
ziemlich erholt und war sogar imstande, die paar Schritte zum
Waschbecken ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Traveller saß
bereits am Küchentisch der Lubbocks; er war in seinen eigenen
Morgenmantel gewickelt, den man aus der Phaeton geholt hatte,
saß in einem alten Rollstuhl und genoß ein deftiges
Frühstück aus Schinken und Eiern. Auf dem Tisch waren
Zeitungen aufgestapelt, die er beim Essen durchging; und trotz der
gemütlich warmen Küche, wobei die Strahlen der Morgensonne
auf den Fußboden fielen und funkelnd von den polierten Brettern
reflektiert wurden, war Travellers Gesichtsausdruck so düster
und mißlaunig wie immer. Er schaute auf, als einer von Lubbocks
hilfreichen Leuten mich in die Küche führte und sagte:
»Ned, es ist kein Wunder, daß der Farmer Lubbock von
unserem Erscheinen derart überrascht war. Es war schiere
Eitelkeit, anzunehmen, daß unser Verschwinden auch nur für
kurze Zeit von öffentlichem Interesse gewesen wäre –
nicht, wenn Europa sich gerade selbst zerfleischt!«
Beunruhigt von diesen Worten begann ich nun selbst die Zeitungen
durchzublättern. Die ältesten Ausgaben datierten von Anfang
August, ein paar Tage vor unserem Abflug am achten des Monats:
Offensichtlich bewahrte Lubbock die alten Zeitungen auf, um den
Hühnerstall damit auszulegen. Grundsätzlich war unser
Verschwinden im übergeordneten Kontext untergegangen – der
Sabotage der Prince Albert am Tage ihres Stapellaufs –,
und man hatte allgemein angenommen, daß wir in der durch den
Angriff auf das Schiff verursachten Explosion umgekommen wären.
Mit Erstaunen las ich, daß es sich seitdem als unmöglich
erwiesen hatte, die Albert von den Saboteuren, oder
Franktireurs, zurückzuerobern, die sie entführt hatten,
wobei das Schiff in meiner Vorstellung noch immer wie ein entflohenes
wildes Tier die Felder Belgiens oder Nordfrankreichs umpflügte!
Die Aktionen der Franktireurs waren mit weiteren Anschlägen auf
britisches Eigentum einhergegangen; ich fragte mich, ob die versuchte
Sabotage der Schwebebahn, deren Zeuge Holden und ich in Dover gewesen
waren, auch auf das Konto eines Franzosen ging.
Und, natürlich, gab es keine Neuigkeiten von Françoise
Michelet oder den anderen Passagieren, die auf dem
Unglücksschiff gefangen waren; und trotz des schönen
Morgens in der Grafschaft Kent sank meine Stimmung, während ich
diese nüchternen Zeitungsmeldungen sichtete.
Traveller registrierte meinen deprimierten Gesichtsausdruck und
fragte mich, was mich denn bedrückte. Zögernd – denn
für diese Art von Problemen hatte Traveller sicher kein
Verständnis – erzählte ich ihm von Françoise:
Von unseren Begegnungen und dem Eindruck, den sie sofort auf mich
gemacht hatte. Im Verlauf meiner Erzählung spürte ich, wie
ich errötete; was nämlich in der Intimität meines
Herzens anscheinend eine ätherische Passion gewesen war,
verwandelte sich im Bericht, den ich in dieser lichtdurchfluteten
Bauernküche erstattete, in eine ziemlich dumme
Schwärmerei.
Traveller hörte sich das alles kommentarlos an. »Das
Mädchen scheint selbst auch ein Franktireur zu sein,
Wickers«, folgerte er dann gleichmütig. Ich wollte
empört protestieren, aber er fuhr fort: »Was denn sonst,
wenn sie so vertraut war mit diesem erbärmlichen Bourne?«
Er schniefte. »Wenn ich mich nicht irre, solltet Ihr keine
Gefühle mehr an sie
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