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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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täglich an Herzbeschwerden, Spannungsgefühlen, Herzschmerzen, Lähmungen des linken Arms, Kurzatmigkeit und Depressionen.
    Bewusst wählte er für diese Phase den bedeutungsschwangeren Begriff »Abstinenz« und schrieb am 19. April 1894 an Fließ, er habe »tatsächlich von damals an (es sind heute drei Wochen) nichts Warmes mehr zwischen den Lippen gehabt« ( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 61). Seine seltsame Theorie über das Rauchen
aus einem Brief vom 22. Dezember 1897 wundert uns kaum mehr: »Es ist mir die Einsicht aufgegangen, daß die Masturbation die einzige große Gewohnheit, die ›Ursucht‹ ist, als deren Ersatz und Ablösung erst die anderen Süchte nach Alkohol, Morphin, Tabak etc. ins Leben treten.« (ebd., S. 312 f) Außerdem wird die Zigarette oder Zigarre in der Traumdeutung symbolisch mit dem Phallus gleichgesetzt.
    Da haben wir den gesamten Freud: eine Psychoneurose mit Zigarrenabhängigkeit, seltsame symbolische Gleichsetzungen wie Zigarre gleich Phallus und rauchen gleich masturbieren, die Tyrannei des Trieblebens, die Verleugnung des Todes in Zusammenhang mit der Weigerung, das Rauchen aufzugeben, die »toxikomanische« Neigung (ein Ausdruck von Jones) und zwölf Jahre Kokainsucht. Vor allem frappiert jedoch Freuds seltsamer Glaube, er selbst sei von einer Theorie ausgenommen, die für die gesamte Menschheit Gültigkeit haben sollte.
    Als ein befreundeter Psychoanalytiker ihn nämlich auf die tiefere Bedeutung seiner Leidenschaft für Zigarren ansprach, sagte er, manchmal sei eine Zigarre einfach nur eine Zigarre. Freuds gelehrter Theorie zufolge saugt jeder Raucher auf diesem Planeten gemäß der Substitutionslogik der Onanie am Busen seiner Mutter – außer er selbst, der einfach nur rauchte.
     
    Totem und Tabu legt explizit eine weitere Entsprechung zwischen Freuds Untersuchungen zur Magie und der psychoanalytischen Theorie offen: »[D]as Denken ist bei den Primitiven noch in hohem Maße sexualisiert, daher rührt der Glaube an die Allmacht der Gedanken, die unerschütterliche Zuversicht auf die Möglichkeit der Weltbeherrschung.« ( Totem und Tabu, Bd. IX, S. 110) Hinzufügen ließe sich: »Zusammenfassend können wir nun sagen: das Prinzip, welches die Magie, die Technik der animistischen Denkweise, regiert, ist das der ›Allmacht der Gedanken‹«. (ebd., S. 106) Ist das eine Art Selbstporträt der Psychoanalyse als magisches Denken?

    War das magische Denken ein Ersatz für das fehlende wissenschaftliche Denken? Finden sich »die unerschütterliche Zuversicht auf die Möglichkeit der Weltbeherrschung«, das »sexualisiert [e]« Denken und der »Glaube an die Allmacht der Gedanken« der Primitiven nicht auch überall in Freuds Werk? Immerhin lautet der Untertitel von Totem und Tabu: »Einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker«. Natürlich weiß jeder, dass Freud kein Wilder in dem dort verhandelten Sinne war.
     
    Freud behandelte seine Patienten also nach dem Prinzip magischer Kausalität. Auf der einen Seite standen die Symptome, Schmerzen, Leiden, Psychoneurosen, Geisteskrankheiten, und die Unfähigkeit der Seelenärzte – auch Freuds, wie immer er sich selbst einschätzen mochte –, diese zu behandeln und zu heilen. Auf der anderen Seite postulierte das magische Denken die sexuelle Ätiologie der Neurosen, die Verführungstheorie und den Ursprung jeder Geisteskrankheit in einem durch die Libido ausgelösten Trauma. Zwischen diesen beiden Polen schuf Freud durch sein Prinzip der magischen Kausalität eine Verbindung, obwohl beide in Wirklichkeit kein Verhältnis von Ursache und Wirkung hatten.
    Am Fall Emma Eckstein konnten wir bereits beobachten, wie diese Logik funktionierte. Auf der einen Seite standen Emmas Blutungen, Regelschmerzen und Migräneanfälle; auf der anderen  – so Freuds Interpretation – der hysterische Wunsch einer in ihren Arzt verliebten Patientin. Zwischen beiden vermittelte der Therapeut, der so tat, als habe die Frau einen Onaniewunsch verdrängt, und der schließlich eine Übertragung diagnostizierte, die tatsächlich die Hysterie begründen und die von Freud verschriebenen Behandlungsmethoden legitimieren sollte.
    Dann kam eine junge Ärztin zu einer wissenschaftlicheren Diagnose, entdeckte einen Tumor in der Gebärmutter und entfernte diese. Und dennoch hielt Freud an seiner These fest. Er negierte
die körperlichen Beschwerden zwar nicht – wie hätte das auch gehen sollen? –, aber er bezeichnete sie als

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