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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Autor ein gewisses Maß an Optionalität.
    Außerdem ist es von Vorteil, wenn die Menschen, die einen unterstützen, nicht nur begeistert, sondern auch einflussreich sind. So wurde beispielsweise Wittgenstein von weiten Teilen der Öffentlichkeit, deren Meinung nicht zählte, als Verrückter, als Sonderling oder einfach nur als Schwätzer abgetan (seine Person und sein Werk wurden fast nicht wahrgenommen). Dafür hatte er eine kleine Anzahl von Anhängern, die ihn über alles stellten, und manche davon wie etwa Bertrand Russell und J. M. Keynes waren sehr einflussreich.
    Man kann sich über den Bereich des Buchmarkts hinaus folgende schlichte Heuristik merken: Ihre Arbeit und Ihre Ideen, sei es nun in der Politik, in der Kunst oder auf anderen Gebieten, sind antifragil, falls Sie mehr davon profitieren, wenn ein hoher Prozentsatz des Publikums Sie und Ihre Botschaft ablehnt (das kann ruhig auch heftige Ablehnung sein) und einige wenige Menschen Sie treu und enthusiastisch unterstützen, als wenn alle Ihre Mission akzeptieren oder mäßig empfehlenswert finden. Optionen werden begünstigt durch die Streuung von Ergebnissen und bleiben andererseits vom Durchschnitt meist unbeeindruckt.
    Ein anderer Geschäftsbereich, in dem der Durchschnitt keine Rolle spielt, sondern eher die Streuung um den Durchschnitt herum, ist die Luxusgüterindustrie – Juwelen, Uhren, Kunst, exklusive Apartments in angesagten Orten, teure Sammlerweine, probiotisches Feinschmeckerhundefutter aus Zuchtbetrieben und so weiter. Solche Erwerbszweige zielen ausschließlich auf das Finanzreservoir der Superreichen. Wenn die Bevölkerung der westlichen Welt ein Durchschnittseinkommen von fünfzigtausend Dollar hätte, das vollkommen gleichmäßig verteilt wäre, dann würden die Hersteller von Luxusgütern nicht überleben. Wenn andererseits bei gleichbleibendem Durchschnitt die Ungleichheit größer wäre, wenn manche Einkommen mehr als zwei Millionen, womöglich sogar mehr als zehn Millionen Dollar betrügen, dann hätte der Geschäftszweig viele Kunden – selbst wenn diese hohen Einkommen durch eine große Anzahl an Menschen mit niedrigeren Einkommen aufgewogen würden. Die »Tails« der Verteilung am oberen Ende der Einkommensschicht, die Extreme, sind wesentlich stärker beeinflussbar von Veränderungen der Ungleichheit als von Veränderungen des Durchschnitts. Das Gewerbe profitiert von Streuung, ist also antifragil. Damit erklärt sich auch die Blase bei den Grundstückspreisen in der Londoner Innenstadt, die von der Ungleichheit in Russland und am Arabischen Golf diktiert werden und mit der Entwicklung der Grundstückspreise in Großbritannien nichts zu tun haben. Einige Apartments dort, diejenigen für die Superreichen, lassen sich für zwanzigmal höhere Quadratmeterpreise verkaufen als eine Wohnung ein paar Blocks weiter.
    Der ehemalige Präsident von Harvard, Larry Summers, handelte sich stürmischen Protest ein, als er seine Version dieses Umstands vortrug, und verlor infolge der dadurch ausgelösten Empörung seinen Job. Was er sagen wollte, war, dass Männer und Frauen zwar im Schnitt gleich intelligent sind, dass allerdings die männliche Intelligenz variabler verteilt (also volatiler) ist – es gibt sowohl mehr extrem unintelligente als auch mehr hochintelligente Männer als Frauen. Für Summers war das die Erklärung dafür, dass Männer in der Wissenschafts- und Intellektuellengemeinschaft überrepräsentiert sind (wie auch in Gefängnissen und bei Geschäftspleiten). Die Anzahl erfolgreicher Wissenschaftler hängt weniger vom Durchschnitt als vielmehr von den »Tails«, den Extremen ab. So wie für eine Option negative Resultate unerheblich sind und sich ein Autor nicht um diejenigen kümmert, die ihn ablehnen.
    Keiner wagt es gegenwärtig, sich dem Offensichtlichen zu stellen: Das Wachstum einer Gesellschaft lässt sich vielleicht gar nicht so sehr dadurch erreichen, dass man, wie es in Asien geschieht, darauf hinarbeitet, das Durchschnittsniveau anzuheben, sondern viel eher durch die Vermehrung derjenigen in den »Tails«, dieser kleinen, sehr kleinen Anzahl an Menschen, die bereit sind, Risiken auf sich zu nehmen, die verrückt genug sind, eigene Ideen zu entwickeln; Menschen, die mit der sehr seltenen Fähigkeit der Fantasie ausgestattet sind und der noch selteneren Eigenschaft namens Mut – kurzum diejenigen, die dafür sorgen, dass sich wirklich etwas bewegt.
    Das Thalesianische und das Aristotelische
    Und nun etwas

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