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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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sollte.
    Und man vergleiche außerdem Unternehmer mit den erbsenzählenden Managern großer Firmen, die die Hierarchieleiter hochkrabbeln, ohne dass sie je mit irgendwelchen Nachteilen rechnen müssten. Deren Kohorte setzt sich kaum irgendwelchen Risiken aus.
    Im Zeitalter der Globalisierung und des Internet breitet sich das Phänomen, das Erasmus als ingratitudo vulgi , die Undankbarkeit der Massen, bezeichnet hat, immer weiter aus.
    Mein Traum und die Lösung des Problems wäre die Einführung eines Nationalen Gedenktags für Unternehmer, dessen Botschaft folgendermaßen lauten müsste:
    Die meisten von euch werden scheitern, euch steht Armut und Verachtung bevor, wir aber sind dankbar für die Risiken, die ihr auf euch nehmt, und für die Opfer, die ihr zum Wohl des globalen Wirtschaftswachstums bringt und mit denen ihr andere vor Armut bewahrt. Ihr seid die Quelle unserer Antifragilität. Unsere Nation dankt euch.
    16 Eine fachwissenschaftliche Anmerkung zu der Frage, warum das Anpassungskriterium von Wahrscheinlichkeit nicht tangierbar ist (der an den fachspezifischen Details nicht interessierte Leser kann den Rest dieser Anmerkung überspringen). In einem stochastischen Prozess kann man zu keinem Zeitpunkt t erkennen, was in der Zeit nach t , also in irgendeiner Periode größer als t geschehen wird, und reagiert daher mit einem Rückstand, und zwar einem nicht-komprimierbaren Rückstand. Diese Eigenschaft wird nicht antizipative Strategie genannt – eine Voraussetzung stochastischer Integration. Die Unmöglichkeit, den Rückstand zu komprimieren, ist zentral und unaufhebbar. Organismen können nur nicht-antizipative Strategien verfolgen – also kann die Natur nur nicht-prognostisch sein. Dieser Umstand ist alles andere als trivial und verwirrte sogar Wahrscheinlichkeitsforscher wie den Vertreter der Russischen Schule Stratonovich sowie diejenigen, die seine Integrationsmethode anwandten und auf die verbreitete mentale Verzerrung hereinfielen, dass die Zukunft irgendwelche Signale schickt, die von uns entzifferbar sind. Schön wär’s ja.
    17 Starke Antifragilität liegt vor, wenn der Hang zur Volatilität grenzenlos ist – die Gewinne haben eine sehr hohe Obergrenze oder sind tatsächlich nach oben grenzenlos. Derartiges gibt es nur in künstlichen, menschengemachten Bereichen – etwa bei Wirtschaftsverträgen oder kulturellen Produkten, nicht aber in natürlichen Prozessen. Mehr dazu im Anhang.
    18 Er veröffentlichte zusammen mit Kollegen in der Zeitschrift Genes einen Aufsatz über das Phänomen der Antifragilität in biologischen Systemen. Interessanterweise war der Artikel als Reaktion auf eine Vorstufe dieses Buchs entstanden; ich habe dann Passagen in diesem Buch als Reaktion auf Danchins Artikel verändert.
    19 Viele glauben zunächst einmal, das schlimmste vorstellbare Ereignis im Sinn eines Schwarzen Schwans wäre ihr eigener Tod. Das stimmt nicht. Jeder, der nicht zu tief in die moderne Wirtschaftswissenschaft eingestiegen ist, wird zustimmen, dass der eigene Tod plus der Tod derer, die man liebt, plus die Auslöschung der gesamten Menschheit ein sehr viel schlimmeres Ereignis wäre. Man erinnere sich an meine Bemerkung zu komplexen Systemen. Wir sind lediglich Teil einer großen Kette, und wir müssen sowohl um unser eigenes Wohl besorgt sein wie auch um das des Gesamtsystems und den Erhalt von Teilen dieser großen Kette.
    20 Der Korrespondent Jean-Louis Rheault bemerkte: »Ich habe festgestellt, je mehr die Menschen den Unternehmer als abstrakte Person glorifizieren, desto tiefer verachten sie ihn, wenn sie ihm als realer Person gegenüberstehen.«

Buch II
    Die Moderne und die Verleugnung
von Antifragilität
    In Baudelaires traurigem Gedicht über den Albatros wird deutlich, dass es einem Geschöpf, das dafür bestimmt ist zu fliegen, gar nicht gut tut, wenn es gezwungen ist, sich über die soliden Planken eines Schiffs zu schleppen.
    Dazu passt der Umstand, dass »Volatilität« vom lateinischen volare (»fliegen«) kommt. Werden politische (und andere) Systeme ihrer Volatilität beraubt, dann führt das irgendwann zu noch größerer, kaskadierender Volatilität.
    Buch II handelt von der Fragilität, die sich aus der Verleugnung von Hormesis – der natürlichen Antifragilität der Organismen – ergibt, und davon, dass wir mit den besten Absichten Systeme schwächen, indem wir uns als Dirigenten aufspielen. Wir fragilisieren soziale und wirtschaftliche Systeme, indem wir ihnen Stressoren

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