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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Präzision, abgesehen lediglich von Einheiten, die fast mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sind – etwas, das Sie wohl kaum für Ihren nächsten Urlaub ins Auge fassen dürften. Und wir lesen diesen Unfug von Schlagzeilen, die verkünden, Einstein habe sich in Bezug auf die Lichtgeschwindigkeit »geirrt« – dabei sind die Instrumente, mit denen gearbeitet wurde, um ihn zu widerlegen, derart kompliziert und präzise, dass allein durch sie schon demonstriert wird, wie folgenlos dieser Umstand in der näheren und ferneren Zukunft für unsereiner ist.
    Die Sozialwissenschaften dagegen entwickeln sich offenbar mit jeder neuen Theorie in eine neue Richtung. Während des Kalten Krieges arbeitete die Universität von Chicago mit Laissez-faire-Theorien, wohingegen an der Universität von Moskau das genaue Gegenteil gelehrt wurde – die jeweiligen Fachbereiche für Physik dagegen waren sich in dem, was sie lehrten, relativ nahe, wenn nicht sogar in Übereinstimmung. Deshalb habe ich sozialwissenschaftliche Theorien in die linke Spalte eingeordnet als etwas, das sich auf Entscheidungen in der Realität superfragilisierend auswirkt und für Risikoanalysen unbrauchbar ist. Allein schon der Begriff »Theorie« ist irreführend. In den Sozialwissenschaften sollten derartige Konstrukte zutreffender als »Schimären« und nicht als Theorien bezeichnet werden.
    Es muss eine Methode ausgearbeitet werden, um mit diesen Defekten umzugehen. Wir können es uns nicht leisten, weitere 24 Jahrhunderte zu warten. Im Unterschied zur Medizin, wo die iatrogenen Effekte sich breit über die Bevölkerung verteilten (wo sich also alles in Mediokristan abspielte), kann uns die Iatrogenik in den Sozialwissenschaften und in der Politik aufgrund der in diesen Bereichen konzentrierten Machtfülle alle hochgehen lassen (denn das ist Extremistan).
    Nicht nichts tun
    Eine Hauptursache der im Jahr 2007 einsetzenden Wirtschaftskrise ist darin zu sehen, dass der Superfragilist Alan Greenspan (garantiert der ausgeprägteste Iatrogenist im Bereich der Wirtschaft, den die Welt je gesehen hat) versuchte, den »Boom and bust«-Zyklus (rascher Aufschwung und direkt folgender Zusammenbruch) einzuebnen, was dazu führte, dass Risiken unter den Teppich gekehrt wurden und sich dort bis zu dem Zeitpunkt akkumulierten, wo sie die Wirtschaft hochgehen ließen. Am deprimierendsten ist der Umstand, dass Greenspan im Grunde liberal eingestellt und scheinbar von der Idee überzeugt ist, dass man Systeme sich selbst überlassen sollte; die menschliche Fähigkeit zur Selbsttäuschung ist grenzenlos. Derselbe naive Interventionismus kam in Großbritannien in Gestalt des Fragilisten Gordon Brown zum Einsatz, einem Schüler der Aufklärung, der erklärtermaßen seine Mission darin sah, die Konjunkturzyklen »zu eliminieren«. Der Fragilist und Premierminister Brown, seines Zeichens ein Meister-Iatrogenist, obwohl nicht annähernd in derselben Liga wie Greenspan, versucht mittlerweile, die Welt über die Themen »Ethik« und »nachhaltige« Finanzpolitik zu belehren – allerdings stellte sich heraus, dass seine Politik, die Informationstechnologie zu zentralisieren (was massive Budgetüberschreitungen und Umsetzungsverzögerungen zur Folge hatte), statt dezentrale kleine Einheiten einzurichten, nur schwer umkehrbar ist. Der National Health Service in Großbritannien war nach dem Prinzip strukturiert, dass man eine Nadel, die in einem abgelegenen Krankenhaus auf den Boden fällt, in Whitehall hören sollte. Das technische Argument zu den Gefahren der Konzentration folgt in Kapitel 18.
    Derartige Versuche, Konjunkturzyklen auszuschalten, sind der direkte Weg zur Mutter aller Fragilitäten. Ein kleines Feuer hier und da beseitigt das leicht entzündliche Material aus einem Wald, ein kleiner Schaden hier und da sortiert wacklige Firmen früh genug aus der Wirtschaft aus, er ermöglicht ihnen, »früh zu scheitern« (sodass sie wieder neu anfangen können), und minimiert den langfristigen Schaden für das Gesamtsystem.
    Ein moralisches Problem entsteht, wenn jemandem Verantwortung übertragen wird. Greenspans Aktionen waren schädlich, aber selbst wenn er sich darüber im Klaren gewesen wäre, hätte es ein gehöriges Maß an Heldenmut gebraucht, um Nicht-Handeln zu rechtfertigen – in einer Demokratie, in der der Hauptansporn darin besteht, grundsätzlich und ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen ein besseres Ergebnis in Aussicht zu stellen als der Konkurrent.
    Einfältiger

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