Antiheld - Thriller (German Edition)
sie sogleich wieder zu öffnen.
»Wer bist du? Warum tust du das?« Jacob versuchte den Abstand zu seinem Gegenüber zu vergrößern, doch verringerte dieser ihn mit jedem seiner Schritte.
»Man nennt mich Ratcatcher.« Das sichelförmige Grinsen kam immer näher. Es war Jacob, als ob er in ein Paar blasser Augen sehen konnte. »Ich tue es, weil ich dazu imstande bin.«
»Das kapier ich nicht.« Jacob schrie die Worte regelrecht hinaus. »Du kannst doch nicht einfach losziehen und wahllos Menschen umbringen.«
»Ich bin blind«, kreischte Ed aus dem Hintergrund. Niemand beachtete ihn.
» Andere können dies doch auch.«
Die Erklärung dieses sogenannten Ratcatchers klang banal und zugleich vollkommen einleuchtend.
» Ich habe noch nie jemanden umgebracht. Ja, ich habe bereits ziemlich viel Scheiße gebaut. Aber umgebracht habe ich noch nie jemanden.«
»Amüsant«, erwiderte Ratcatcher, in seiner gewohnt ruhigen und vornehmen Redensart. »Ich nämlich auch nicht.«
Wieder agierte die abstruse Gestalt schnell. Zu schnell für das menschliche Auge. Jacob spürte bloß noch, wie ihm das Blut den Rachen hinauf schoss. Seine Hände fuhren zum Hals, in dem nun ein tiefer Schnitt klaffte.
» Noch nicht.«
Röchelnd presste er sich mit dem Rücken gegen die Hausmauer. Nicht weit von ihm saß noch immer das Mädchen. Es hatte die Lippen fest aufeinander gepresst. Ihr Blick verharrte auf dem ster benden Jacob. Als dieser sie mit Hilfe suchendem Blick anstarrte und sogar versuchte, einen ihrer Arme zu packen, zog sie diesen angewidert hinfort.
Ed gab inzwischen keinen Ton mehr von sich. Wahrscheinlich war er bereits tot.
»Keine Angst«, meinte der kostümierte Fremde. Dennoch saß das Mädchen weiterhin zitternd und mit schockiertem Blick da.
»Die tun dir nichts mehr.«
Sie antwortete nicht und zeigte auch sonst keine Reaktion. Er konnte ihre Gedanken geradezu erahnen.
»Hätte ich sie nicht getötet, dann wärst du wahrscheinlich die jenige gewesen, die tot auf dem Boden liegt.«
Wobei Jacob noch lebte. Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis er an seinem eigenen Blut erstickte.
»Komm.« Vorsichtigen Schrittes ging er auf sie zu, darauf bedacht, sie nicht noch mehr zu verängstigen. Er reichte ihr eine in Leder gehüllte Hand. »Steh auf!«
Das Mädchen, dessen schwarzes Haar zerzaust auf dem Kopf lag, blinzelte überrascht, als sie plötzlich die dunkle Gestalt vor sich sah. Erst aus dieser Distanz heraus, erkannte er, dass ihre Lippen feucht schimmerten.
Sie verzichtete darauf die Geste zu erwidern. Die Rehaugen tas teten seinen Oberkörper entlang und hielten beim Gesicht an. Sie wirkte nachdenklich. Als ob sie etwas zu prüfen versuchte.
Ihre Finger strichen derweil einige Strähnen aus der Stirn, wobei man den dunkelroten Nagellack auf den langen Nägeln erkannte.
Nein!
Er presste die angehaltene Luft aus seinen Lungen, was ein Zi schen zur Folge hatte. Die Hand sank nieder. Nun war er es, der am ganzen Leib bebte. Keineswegs vor Kälte.
Sondern vor Wut.
Die längst verdrängte Erinnerung stieg erneut in ihm auf. Ver nebelte seine Wahrnehmung. Nicht länger saß da das hilflose Mädchen vor ihm, sondern die niederträchtige Frau, die versucht hatte, sein Leben zu zerstören und dies nur für ein paar bessere Zensuren.
Der Geschichtstest wurde nie geschrieben, da der Fachlehrer sich lieber in einem Erotikladen aufhielt, um seine fetischistischen Gelüste zu befriedigen.
Er griff zu seinem Gürtel, dort wo hinterm Rücken noch einige andere handliche Messer platziert waren.
Dreh dich um! Sie kann dich unmöglich erkannt haben. Geh einfach!
Schlitz die Schlampe auf! Verteile ihre Eingeweide auf dem As phalt!
Willst du es wirklich so enden lassen!?
Lass sie, für das, was sie getan hat, bluten!
Dreh dich um und alles wird gut.
Die grinsende Fratze verharrte auf ihrem Gesicht, wobei sich die Gestalt immer mehr von dem Mädchen entfernte. Wie damals schon, beriet ihm auch heute ihre Nähe Unbehagen.
Er musste hier weg. Sofort! Er brauchte umgehend Luft. Die Maske musste unbedingt runter. Der Anzug musste runter. Sein altes Leben wartete bereits sehnsüchtig auf ihn. Es war ein nettes kleines Abenteuer gewesen, doch nun wurde es Zeit wieder die altmodische Brille aufzusetzen und Schularbeiten zu korrigieren. Ratcatcher musste sterben, damit Andrew wieder zum Leben er weckt werden konnte.
Flüchtig schwenkte sein Blick in die Richtung der beiden Leichen.
Was habe ich bloß
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