Antiheld - Thriller (German Edition)
Überfall. Den ermittelnden Polizisten gab sie einfach an, dass sie den Täter nicht gesehen habe und er ihr auch nichts ent wendet habe. Er müsse wohl aus Langeweile oder sonstigen Be weggründen gehandelt haben.
Dies glaubten die Polizisten zwar genauso wenig wie Claire, doch versicherten sie ihr, die Spur zu verfolgen.
»Warum zum Teufel tust du dir das bloß an?«
Jack und Claire saßen einander gegenüber am Küchentisch. Im Hintergrund tickte die Wanduhr und im Radio wurde beinahe schon lautlos »Only you« von den Platters gespielt.
Claire umfasste eine Tasse Tee, dessen heißer Dampf ihr entgegen schlug. Sie starrte durch die trübe Flüssigkeit zum Grund des Bodens hindurch.
»Das habe ich doch bereits erklärt.« Sie war es allmählich satt. Ständig musste sie ihre Entscheidungen rechtfertigen. Weshalb konnte man sie nicht frei wählen lassen, ohne dass sie stets eine passende Entschuldigung parat haben musste!? Sie war eine er wachsene Frau, verdammt!
»Du hättest tot sein können.« Er betonte es extra noch dramatisch, um ihr vor Augen zu halten, dass sie definitiv falsch entschieden hatte. Doch stand Claire zu ihrem Entschluss.
»Ich lebe aber noch.« Sie hob den Kopf. Jack sollte sehen, dass sie nichts bereute. »Ich will verhindern, dass er noch mehr un schuldige Menschen umbringt. Seine Taten müssen endlich ein Ende haben.«
»Wie willst du das bitte verhindern!?« Jacks Stimme geriet außer Kontrolle. Er schrie so laut, dass die Glastüren des Küchen schrankes erzitterten. »Willst du ihn dich so lange zusam menschlagen lassen, bis er irgendwann die Lust an Folter und Mord verliert?«
Claires Finger verkrampften sich um die Tasse. »Nein!« Nun war sie diejenige, die schrie. »Du verstehst es nicht. Niemand versteht es!« Ihre Fingerknöchel wurden bereits weiß, durch den Druck, den sie auf die Tasse ausübte. Durch das Porzellan zog sich ein Riss, der immer größer wurde.
Bis die Tasse in ihren Händen zerbarst. Der Tee floss über ihre Finger, doch schien Claire dies zu missachten. Ihr Blick, von Wahnsinn getrübt, haftete auf den Scherben.
»Endlich weiß ich, dass meine Krankheit auch einen Sinn hat und mich nicht nur von innen heraus zerstört. Ich kann mit ihr gutes vollbringen. Menschenleben retten. Ich kann-«
»Claire, du bist machtlos gegen ihn!« Jacks Faust hämmerte so stark auf die Tischplatte, dass sie zusammenzuckte. Immerhin brachte sie dies aus ihrer anbahnenden Verwandlung hinaus. Sie sah zu ihm hinüber, wobei sie das erste Mal, seit ihrer Beziehung, so etwas wie Angst vor ihm verspürte. Nein, Angst womöglich keine, aber dafür Respekt.
»Du bist im Krankenhaus gelandet und lebst nur noch, weil er so gnädig gewesen ist und dich verschont hat. Du musst dir endlich der Tatsache bewusst werden, dass du auch nur ein Mensch bist.«
Sie versuchte etwas zu sagen, doch blieben ihr die Worte im Halse stecken. Mitschuld daran waren Jacks Tränen. Wahrscheinlich beobachtete sie ihn erstmals beim weinen.
»Als ich hörte, dass du im Krankenhaus liegst, hatte ich panische Angst um dich. Ich dachte, ich verliere dich für immer.« Jack gab sich keineswegs die Mühe seine Tränen zu trocknen oder gar zu rückzuhalten. Er schniefte, während er lächelnd den Kopf ab wandte. »Du bist hier die einzige im Raum, die so einiges nicht versteht, Claire.« Nun sah er aus dem Fenster. Dunkle Wolken zo gen auf und verdeckten den Himmel. »Diese Typen nutzen dich nur aus. Du merkst es noch nicht einmal.«
Schon wieder folgte die übliche Ansprache. Dass Christian und die anderen sie nur für ihre eigenen Zwecke benutzten. Natürlich verstand sie Jacks Sorgen, doch weshalb konnte er noch nicht ein mal seiner Partnerin Vertrauen schenken? Claire war nie eine leichtgläubige Frau gewesen. Sie wusste durchaus Schein und Rea lität zu unterscheiden. Doch hatte sie im Gegensatz zu Jack in den letzten Stunden Dinge gesehen, die über den normalen Men schenverstand hinausliefen.
Er hatte sich einfach in Luft aufgelöst.
»Jack.« Claire stand mittlerweile. Halt fand sie an der Stuhllehne, an welcher sie sich abstützte. Ihre Knie schienen ohnehin jeden Moment unter ihrem Gewicht nachzugeben. »Es ist mir wichtig. Unterstütze mich doch einfach bei meiner Entscheidung.«
Wiederholt erklang ein Schniefen. Jacks breiter wie hoch ge wachsener Oberkörper verdeckte den gesamten Ausblick aufs Fenster. Sachte schüttelte er den kurz geschorenen Schädel. »Dies ist keine belanglose
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