Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
Stufe behauptete steif und fest, dass sie in Wahrheit Annika Sperling hieß und in ihrer Freizeit unverschämt enganliegende T-Shirts trug. Eher unwahrscheinlich, dachte sich Anton und betrachtete ihre feinen, polierten Lackschuhe.
„Ruhe!“, rief Fräulein Sperling und rückte ihre Brille zurecht. Dann zog sie aus ihrer Tasche einen Schwung Papierbögen. „Ruhe, bitte! Ich verteile jetzt die Aufgaben für die Mathearbeit !“
Der Geräuschpegel im Klassenraum senkte sich auge n blicklich. Das Wort Mathearbeit wirkte wesentlich bedro h licher als das Wort „Ruhe“ aus dem Mund von Fräulein Sperling.
Schweigend ging Fräulein Sperling durch die Reihen und verteilte die Aufgaben.
Währenddessen fischte Anton die Algebrabrille aus se i ner Jackentasche und setzte sie sich vorsichtig auf die N a se. Ein bisschen verschwommen sah man dadurch, aber langsam wurde es besser.
„Was ist denn das? Bist du jetzt blind…?“, flüsterte Uli von der Seite und sah ihn verständnislos an.
„Man darf ja wohl noch eine Sehhilfe tragen…“, mu r melte Anton unwillig.
Fräulein Sperling trat neben sie an den Tisch, legte die Aufgabenblätter ab und musterte ihn. „So so, der Anton trägt jetzt Brille, wollen wir hoffen, dass es auch bei der Mathearbeit hilft.“
Das will ich auch hoffen, dachte sich Anton und läche l te freundlich.
Fräulein Sperling ging wieder nach vorne zum Lehre r pult. „Ihr habt genau eine Stunde Zeit. Spickzettel und andere Hilfsmittel werden sofort konfisziert, und wer a b schreibt, bekommt eine Sechs.“
Im Klassenzimmer war es jetzt mucksmäuschenstill, nur das leise Quietschen von Füllfederhaltern war zu ve r nehmen. Anton betrachtete die erste Aufgabe. Es war ein komplizierter Bruch, bei dem ihm schon vom Hinschauen schwindelig wurde.
Und wie funktionierte nun die Brille? Ratlos schaute er nach oben. Und staunte: Vor seinen Augen tanzten Zahlen durch die Luft! Wie im 3-D Kino! Zunächst ungeordnet, doch nach ein paarmal Blinzeln formierten sie sich zu Zahlenreihen, an deren Ende hinter einem Gleichheitsze i chen eine Bruchzahl stand. Der Lösungsweg für Aufgabe Eins!
Das war ja einfacher als gedacht. Mit konzentrierter Miene begann Anton, die Lösung auf Papier zu bringen. Danach folgten im gleichen Tempo Aufgabe Zwei und Drei. Doch als er gerade mit Aufgabe Vier anfangen wol l te, baute sich ein Schatten vor ihm auf.
„Was geht hier vor?“ Fräulein Sperling tippte mit dem Finger auf das dicht beschriebene Blatt Papier vor seiner Nase. „Willst du hier einen Marathon gewinnen, oder wie?“
Anton guckte hoch, und da ihm nichts Schlaueres ei n fiel, lächelte er.
Fräulein Sperling musterte ihn. Durch Brillengläser fast so dick wie Lupen schauten sie zwei unnatürlich vergr ö ßerte Augen unschuldig an.
Fräulein Sperling runzelte die Stirn. „Schluss mit den Scherzen!" Sie zog Anton die Brille von der Nase und ging damit zurück zum Lehrerpult „Du kannst sie dir nachher wieder abholen.“
Verzweifelt starrte Anton auf die Brille vorne auf dem Lehrerpult. Jetzt war alles aus. Wie sollte er die restlichen Aufgaben lösen? Er sackte auf seinem Stuhl in sich z u sammen. Hilflos blickte er durch die Reihen.
Da fiel ihm auf, dass auf der anderen Seite des Klasse n zimmers eins der Fenster einen Spalt breit geöffnet war. Auf dem Sims davor hinter einer Topfpflanze bewegte sich etwas. Ein Schmetterling? Nein, es war Emma! Im Mini a turformat!
Augenblicklich richtete Anton sich wieder auf. Emma schien zu ihm hinüber zu winken.
Offenbar deutete sie auf etwas. Wollte sie ihm etwas zeigen? Suchend blickte Anton umher. Ein Stück vor ihm auf dem Tisch stand eine Cola-Flasche, die Uli als Stärkung vor der Mathearbeit in einem Zug geleert hatte. Wie g e wöhnlich hatte er die gesamte Folie abgeknibbelt .
Antons Augen wurden groß. Auf dem gläsernen Fl a schenhals formierten sich Zahlen! In feiner, leicht glitzer n der Schrift, hauchdünn, aber doch lesbar. Die Lösung zu Aufgabe Vier!
Dankbar lächelte Anton in Richtung der Fensterfront. Dann zog er die Cola-Flasche unauffällig ein Stückchen näher und machte sich ans Abschreiben. Ruhig und b e dacht brachte er eine Lösung nach der anderen zu Papier.
Als die Pausenglocke klingelte waren alle Aufgaben g e löst. Zufrieden lehnte Anton sich zurück und legte den Füller beiseite. Geschickt wie er war, hatte er in die letzte Lösung einen kleinen Fehler eingebaut. Zuviel Perfektion war schließlich verdächtig.
Mit leicht
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