Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
wurden zu Wochen, und es kam niemand. Trotzdem wachte ich nachts oft auf, weil ich von dem dumpfen Aufprall des Prügels auf dem Schädel des Mannes geträumt hatte. Hätte ich anders handeln sollen? Hätte ich Simone auf andere Art und Weise helfen können? Immer wieder stellte ich mir diese Frage.
    Simone schien von meinen inneren Qualen nichts mitzubekommen. Sie wirkte allerdings ebenfalls verändert. Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, war sie hin und wieder geradezu fröhlich. Manchmal stimmte sie sogar beim Abendessen in das Lachen der anderen ein. Dass mir das Lachen schwer fiel, merkte niemand – außer Zacharias. Oft spürte ich seinen forschenden Blick auf mir ruhen. Dann bemühte ich mich um ein Lächeln, und er war anscheinend damit zufrieden. Zacharias …
    Wenn Simone und ich allein waren, betonte sie immer wieder, wie dankbar sie mir sei. Dass ihr Leben fortan mir gehöre, weil ich sie gerettet hatte. Immer wieder wollte sie darüber reden, wie ich ihr zu Hilfe gekommen war. Doch ich mochte nichts davon hören!Und wie sie mich dabei ansah – mit einem Blick, den sich andere für die Marienstatue in der Kirche aufbewahrten! Mir war gar nicht wohl in meiner Haut. Ich bin deshalb sogar richtig grob geworden, habe mit ihr geschimpft, aber sie blieb in ihrer Bewunderung für mich unbeirrbar …
    Â»Ja, du bist eine Gute, Elsa!« Zufrieden zog Rosanna den Milcheimer unter der Hinterwälderkuh fort. Dass sie Elsa von ihrer ungeliebten Nachbarin Luise befreit und an die Seite von Karla gestellt hatte, dankte ihr die Kuh mit einer ordentlichen Portion Milch mehr als sonst. Rosanna legte ihre Wange an die samtene Flanke des Tieres. Mit geschlossenen Augen atmete sie den vertrauten Geruch ein.
    Anfänglich hatten die großen Kühe ihr Angst gemacht, doch schon nach wenigen Tagen hatten sie mit ihrer Sanftmütigkeit ihr Herz gewonnen. Wenn sie den Stall öffnete und ihr der über Nacht angesammelte Dampf entgegenschlug, war die Welt draußen verschwunden. Dann gab es nur noch Elsa und Karla und die anderen Kühe mit den schönen, mandelbraunen Augen. Rosanna fütterte immer zuerst die Schweine und die Ziegen, das Melken und Füttern der Hinterwälder hob sie sich bis zum Schluss auf. Manchmal gesellte sich der Hofkater dazu und hüpfte ihr wie jetzt auf den Schoß, sobald sie mit dem Melken fertig war. Dann kam es vor, dass Rosanna mit der einen Hand eine Kuh streichelte und mit der anderen den schnurrenden Kater kraulte.
    Doch heute sprang der Kater plötzlich davon.
    Â»Rosanna! Rosanna! Du sollst zum Großvater rauf!« Die Stalltür schepperte. Mit schlackernden Armen und Beinen kam Simone auf Rosanna zugerannt.
    Seufzend stellte Rosanna den Melkschemel zur Seite. Doch gleich darauf musste sie sich bei Simones Anblick ein Grinsen verkneifen. In den letzten Wochen war die jüngste Breuer-Tochter ein gutes Stück gewachsen. Allerdings hatte sich der liebeGott dabei nicht sonderlich um die Proportionen gekümmert, und Simones Arme und Beine waren nun viel zu lang im Verhältnis zum Körper.
    Â»Ich zum Großvater? Hast du dich da nicht verhört?«
    Â»Nein, die Mutter hat’s gesagt. Du sollst dich gleich auf den Weg machen! Sie hat schon alles eingepackt, was du auf den Moritzhof mitnehmen musst.«
    Rosanna runzelte die Stirn. »Aber das ist doch Katharinas Aufgabe! Und außerdem ist heute doch erst Dienstag …« Normalerweise fand der wöchentliche Besuch bei Franziskas Vater mittwochs statt.
    Â»Kathi ist krank, sagt die Mutter!« Simone prustete geringschätzig. »Nur weil sie sich den Magen verdorben hat – pah! Und du musst doch morgen den ganzen Tag lang backen, also kannst du nur heute gehen.«
    Â»Aber ich weiß den Weg doch gar nicht! Und außerdem kennt dein Großvater mich überhaupt nicht!«
    In Rosannas Worten schwang Beklommenheit mit. Der Gedanke, allein auf den Berg zu wandern, um Franziskas verrücktem Vater einen Besuch abzustatten, behagte ihr ganz und gar nicht.
    Â»Noch mehr Arbeit! Wo ich doch so schon zusehen muss, wie ich mit allem fertig werde!«, brummte sie unwillig. Erst vor ein paar Tagen hatte die Wirtin ihr eröffnet, dass sie von nun an vor jedem Backtag auch noch das Mehl aus der Mühle holen sollte. Glaubte Franziska eigentlich, dass ihr Tag mehr Stunden hatte als der anderer Leute?
    Simone zuckte

Weitere Kostenlose Bücher