Antonias Wille
gewesen wäre, nun ja ⦠Aber eine Wirtin muss mehr können, als nur Würste und Suppe servieren. Und du kannst nicht einmal richtig schreiben und lesen. Wie wolltest du ihm da je zur Seite stehen? Alle würden sich über dich lustig machen! Und Zacharias würde zum Gespött des ganzen Dorfes werden. Das kannst du doch nicht wollen! Wir müssen jetzt einen klaren Kopf behalten. Glaub mir, das ist die beste Lösung!« Nach diesem Redeschwalldrückte Franziska Rosannas Arm fester. Dabei lächelte sie gezwungen.
Rosanna konnte dem Impuls, die Hand der Wirtin wegzuschlagen und ihr das Lächeln aus dem Gesicht zu kratzen, kaum noch widerstehen. Sie zog ihren Arm zurück.
»Zacharias, stimmt das? Du willst, dass ich ⦠unser Kind â¦Â« Rosannas Stimme brach.
Zum ersten Mal schaute er sie an. Seine Unterlippe zitterte heftig. »Ich weià doch auch nicht mehr weiter! Sie wollen, dass ich später einmal die Elsbeth Jugel heirate! Die von der Brauerei in Schwend!« Ein trockenes Schluchzen stieg aus seiner Kehle empor. »Aber die lieb ich nicht!«, presste er hervor.
Rosanna fühlte sich, als hätte jemand ihr einen Prügel übergezogen. Fassungslos schaute sie von Zacharias zu Franziska, die nun doch etwas verlegen schien.
Elsbeth Jugel? Von der Brauerei Jugel? Das Mädchen mit dem schiefen Lächeln, mit dem Zacharias am ersten Mai getanzt hatte? Das konnte nicht wahr sein â¦
»Schnell gefreit, lang bereut«, sagte Gustav und nickte heftig mit dem Kopf. Dann begann er vor sich hin zu summen.
Rosanna hatte auf einmal das Gefühl, als stünde sie neben sich. Sie musste gegen ein hysterisches Lachen ankämpfen. Elsbeth Jugel und Zacharias? Der Wirt und die zukünftige Brauereibesitzerin?
Und was war mit ihr? Mit ihrem Kind? Mit ihrer Liebe?
Die Wirtin warf erst ihrem Mann und dann ihrem Sohn einen wütenden Blick zu.
»Darüber müssen wir ja jetzt nicht reden! Das eine hat mit dem anderen schlieÃlich überhaupt nichts zu tun.« Fahrig strich sie ihren Rock glatt.
»Natürlich hat das etwas miteinander zu tun!«, jammerte Zacharias. »Hier geht es schlieÃlich um mein Leben!«
»Ach â und um meines geht es nicht?« Rosanna spürte, dass die Wut wie Unkraut in ihr zu wuchern begann. Da heulte Zacharias herum wie ein trotziges Kleinkind â glaubte er etwa,seine Eltern auf diese Weise umzustimmen? Mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Zorn funkelte sie ihn an.
Mit seinen weit aufgerissenen, geröteten Augen sah Zacharias aus wie ein in die Enge getriebenes Tier.
»Mutter, Vater! Ihr habt damals doch auch aus Liebe geheiratet! Ihr müsstet uns doch verstehen!«
Gustav Breuer schnaubte.
»Liebe ⦠Was der Narr im Kopf hat, das hat er auch auf der Zunge!« Der Blick, mit dem er seinen Sohn bedachte, war klar und so eisig wie ein Gebirgsbach. Von einem Augenblick auf den anderen schien er wieder bei der Sache zu sein. »Was weiÃt du in deinen jungen Jahren schon von Liebe? Der Hintern gehört dir versohlt! Und dir will ich auch etwas sagen!« Er rutschte so nah an Rosanna heran, dass sie seinen widerlichen Atem riechen konnte. Sie lehnte sich unwillkürlich zurück. »Bei uns gibt es ein altes Sprichwort, das besagt: Liebe vergeht â Hektar besteht!«
Gustav wurde kurze Zeit später wieder ins Schlafzimmer gebracht. Danach bat Zacharias seine Mutter, ungestört mit mir sprechen zu dürfen. Genau zehn Minuten gewährte sie uns. Kaum waren wir allein, redete er auf mich ein. Dass er sich alles auch anders vorgestellt habe. Dass er genauso entsetzt, betrübt und fassungslos sei wie ich. Dass wir jetzt erst recht zusammenhalten müssten.
Ich hörte gar nicht richtig hin. Zacharias und Elsbeth Jugel? Und ich die dumme Magd, die nicht richtig lesen und schreiben konnte und mit der man nur Scherereien hatte â¦
Zacharias flehte mich an, hier zu bleiben. Weil der »Fuchsen« doch jetzt auch mein Zuhause sei, das könne ich doch nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Hier würde für mich gesorgt werden. Er beteuerte, dass er mich lieb habe. Dass diese Elsbeth Jugel ihm gar nichts bedeute, auch wenn ihre Eltern die gröÃte Brauerei der Gegend hatten! Er würde sich nicht einfach verheiraten lassen. Aber ich müsse eben auch die Eltern verstehen. Auf ihre Art hatten sie vielleicht nicht Unrecht. Ich
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