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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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muss sich wirklich verfolgt fühlen! Kannst du mir mal sagen, was das Ganze soll?«
    Kleine Spuckefetzen flogen über den Tisch. Einer landete auf Rosannas Lippe. Sie wischte sich so heftig mit der Hand darüber, dass es wehtat. Die Wirtin wusste nichts, gar nichts. Zacharias hatte noch nicht mit ihr gesprochen.
    Als Rosanna nicht gleich antwortete, fuhr Franziska fort: »Da hat man Mitleid mit einer wie dir, nimmt sie auf, gibt ihr ein Dach über den Kopf und Essen – und was ist der Dank? Nach ein, zwei Jahren wird sie übermütig und glaubt, andere für dumm verkaufen zu können. Die Magd vor dir hat gestohlen, und du glaubst, dich an meinen Sohn heranmachen zu können. Du liebe Güte – da frag ich mich wirklich, was das kleinere Übel ist!«
    Mit jeder Anschuldigung, jeder Gemeinheit, die Franziska ihr an den Kopf warf, spürte Rosanna, wie ein Damm in ihr weiter nachgab. Nein, das hatte sie nicht verdient. So etwas musste sie sich nicht sagen lassen.
    Die Wirtin schlug so hart mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Stühle, die noch darauf standen, einen Hüpfer machten. »Was ist, hat’s dir die Sprache verschlagen?«
    Plötzlich brach alles, was Rosanna in den letzten Wochen so mühsam zurückgehalten hatte, aus ihr hinaus. »Mir nicht, aber Ihrem Sohn anscheinend!«, fauchte sie. »Schon seit Wochen flehe ich ihn an, dass er endlich mit Ihnen redet. Aber wenn er dazu zu feige ist, muss ich es eben übernehmen!« Sie schaute der Wirtin gerade ins Gesicht.
    Â»Was ist denn das schon wieder für ein Ton?«, schimpfte Franziska, blickte dann aber irritiert zur Seite. Sie war es nicht gewohnt, dass ihr jemand widersprach.
    Jetzt musste es gesagt werden! Rosanna holte Luft. »Ich bekomme ein Kind, und Zacharias ist der Vater!«
    Â»Nein!« Die Beine von Franziskas Stuhl kratzten schrill über den Boden.
    Â»Doch. Wir lieben uns!«, sagte Rosanna und konnte den Triumph in der Stimme nicht ganz verbergen. »Schon seit vielen Monaten. Wir …«
    Bevor sie weitersprechen konnte, rannte die Wirtin aus der Küche.
    Der Rest des Tages wurde für Rosanna schier unerträglich. Als sie Zacharias erzählte, dass sie seiner Mutter reinen Wein eingeschenkt hatte, brach er fast in Tränen aus. Dann wurde er wütend, machte ihr alle möglichen Vorwürfe, nicht zuletzt den, ihn verraten zu haben. »Was glaubst du, wie ich mich bei ihren Anschuldigungen gefühlt habe?«, warf Rosanna ihm als Antwort weinend an den Kopf.
    Am Mittagstisch wurde kein Wort gesprochen. Die Luft war so dick, dass nicht einmal eine Säge sie hätte zerteilen können. Rosanna glaubte, an jedem Bissen Brot, den sie in ihre Milch tunkte, ersticken zu müssen. Unter dem Tisch drückte Simone immer wieder mit verschwitzten Fingern ihre Hand. Rosanna musste sich zusammennehmen, um nicht laut loszuschreien.
    Â»Zacharias, komm mit zu deinem Vater. Wir müssen mit dir sprechen!«, presste Franziska schließlich zwischen ihren Lippen hervor, nachdem sie zu Ende gegessen hatte. Und an Rosanna gewandt, fuhr sie fort: »Du bist heute Abend an der Reihe, wenn die Gäste weg sind!« Dann riss sie allen die Teller weg, ohne sich darum zu kümmern, dass ihre Schwiegereltern noch nicht mal zur Hälfte mit ihrer Brotsuppe fertig waren.
    Â»Was ist denn los? Geht’s meinem Jungen nicht gut?«,krächzte Gustavs Vater mit seinem dünnen Stimmchen. Ein Blick von Franziska reichte, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    Es war kurz nach elf Uhr nachts, und die letzten Gäste waren eine Viertelstunde zuvor gegangen. Der Geruch von Bier und Tabak hing schwer in der Luft.
    Franziska und Zacharias hatten Gustav für das Gespräch unter den Armen gepackt und ihn die Treppe halb hinuntergetragen, halb gezogen. Zu dritt hatten sie dann am unteren Ende des Stammtisches Platz genommen. Die Wirtin wies Rosanna den Stuhl am anderen Ende zu – weit weg von Zacharias.
    Rosanna war schlecht vor Aufregung. Sie hatte Zacharias den ganzen Abend über nicht gesehen, Anton hatte an seiner Stelle den Zapfhahn bedient. Sie wusste nicht, wie das Gespräch zwischen ihm und seinen Eltern verlaufen war. Wie sehnte sie sich nach einem Blick, einer tröstenden Geste, einem aufmunternden Zwinkern von ihm! Doch Zacharias schaute sie nicht an, sondern widmete sich eingehend den Rillen in der Tischplatte.
    Franziska seufzte tief

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