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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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nötig,
    hob die Hand und grüßte läppisch, öffnete zwar den
    Mund, sagte aber nichts.
    «Iste der arme Jung stumm? Stumm vor Gluck? Äh?»
    Rolf trat einen Schritt vor und wiegte den Oberkör-
    per nach links und rechts wie eine Pappel im Wind.
    «Hallo. Ich bin der Rolf», sagte Rolf.
    «Weißi schon. Setze dimal her.»
    Rolf sah erschrocken Richtung Sara, die mit flehendem
    Blick zu ihrer Mutter hinübersah. Aber die zuckte bloß
    mit den Schultern. Irgendwie schien es ihr sogar recht zu
    sein, dass Antonio Rolf auf den Grill legte. Rolf setzte sich und legte seinen Mofahelm neben sich auf den Boden.
    «Was willste du mit meine Tochter anfangen, da oben
    in Zimmer?»
    «Anfangen? Nichts?»
    «Nix? Luge!»

    1 Es handelt sich dabei bis heute um Altbier, wie man es am Niederrhein trinkt. Antonio ist kein Pilstrinker. Bier heißt bei ihm immer «ein lecker Bierken».
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    «Also nichts Schlimmes.»
    Sara bekam rote Flecken. Sie wünschte sich nichts
    mehr, als dass Rolf mit ihr anstellte, was ihr Vater als
    schlimm bezeichnete.
    «Abtier gekusst?»
    «Ja, natürlich.»
    «Und? Gut?»
    Um Himmels willen! Papa!
    «Ja, war super.»
    Um Himmels willen! Rolf!
    «Ah, war super, ja? Du haste meine Kind gekusst und
    nun willste du mehr, was?»
    «Nein, nicht unbedingt.» Was hätte Rolf denn auch
    sonst darauf sagen können? Er schlug sich so, wie sich
    ein Sechzehnjähriger in solchen Situationen eben
    schlägt: miserabel.
    «Was heißte nein? Gefällt dir nicht meine Tochter?
    Iste zu hässelick?»
    «Nein, ganz im Gegenteil. Ich finde sie toll.»
    «Wenn du sie tolle finds, dann musst du der Offensi-
    ve gehen, mein Jung.»
    «Danke für den Tipp.» Antonio hob missbilligend
    die Augenbrauen.
    «So. Anderer Thema. Was machte der Vater?»
    «Mein Vater?» Rolf sah sich schutzsuchend nach
    Sara um, die die Hände vors Gesicht hielt. «Wir haben
    eine Bäckerei.»
    «Ah, die backen kleine Brötchen zu Haus, was», rief
    Antonio und stimmte ein sirenenartiges Geheul von ei-
    nem Gelächter an. Rolf stand auf.
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    «Ich muss jetzt gehen», sagte er. «Es ist ja schon
    spät.»
    Antonio winkte ihm zu und sagte: «Is gut, geh du
    mal. Ciao.»
    «Auf Wiedersehen», sagte Rolf und verschwand
    schnell im Flur, begleitet von Sara, die ihm bis an die
    Tür folgte. Er gab ihr einen kurzen Kuss auf den Mund
    und ging. Er kam nie wieder. Als Sara ins Wohnzimmer
    kam, erfreute sich Antonio immer noch an seinem Spit-
    zenwitz und nahm einen Schluck Bier.
    «Das vergesse ich euch nie», schrie sie. «Vielen
    Dank, Papa.»
    «Wirst noch dankbar sein fur mein Wissen von der
    Menschen. Der Kerle da iste ein Arschlock, glaube mir.»
    Später musste Sara zugeben, dass ihr Vater Recht
    hatte. Rolf erzählte überall eine ganz besonders gemei-
    ne Version seiner Begegnung mit dem bekloppten
    Herrn Marcipane herum und vergaß nie zu erwähnen,
    dass Sara frigide sei.
    Als er ein paar Wochen später nach der Schule zu
    seinem Mofa kam, war es nicht mehr grün, sondern
    rosa. Jemand hatte sich die Mühe gemacht, es komplett
    umzulackieren – während der Schulstunden. Der Täter
    wurde nie gefunden. Als Sara das erzählt, muss sie la-
    chen.
    «Er war natürlich auch ganz wunderbar», sagt sie.
    Antonio war ihr Trainer, als sie Volleyball spielte, und
    pritschte stundenlang Bälle mit ihr durch den Garten.
    Er kam zu jedem Spiel und feuerte sie an, bis sie ihn
    bat, damit aufzuhören. Er reparierte Fahrräder und ta-
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    pezierte die Zimmer seiner Töchter jedes Jahr neu, da-
    mit sie es schön hatten.

    Am Nachmittag gehen wir zurück zu Nonna Anna. An-
    tonio und Ursula sind nicht da, sie besuchen den Neu-
    geborenen Primo, der von Antonio in vorausschauen-
    der Großzügigkeit einen Tennisschläger geschenkt be-
    kommt. Als wir ins Gästezimmer kommen, liegt auf
    ihrem Kissen eine riesige Schokoladenbombe in Zello-
    phan. Das Ding wiegt drei Kilo, und wenn es nicht
    schmilzt, können wir bis an unser Lebensende davon
    zehren.
    100
    SEI
    Schließlich entwickelt sich der Urlaub doch noch sehr
    schön, auch für Sara, die ihrem Vater versucht zu ver-
    zeihen. Es bleibt ihr und mir nichts anderes übrig, als
    ihn zu lieben, und die ganze Familie dazu. Diese krat-
    zigen Kerle, von denen man nie genau weiß, was sie
    eigentlich beruflich machen. Und ihre Frauen, deren
    Hüften erst schmal, dann rund und irgendwann, so
    nach dem dritten Kind, riesig werden. Wie bei Biben-
    dum. 1 Sie können unglaublich sauer gucken, diese Frauen, aber meistens

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