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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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Antonio nicht in der Lage. Als er
    einmal Hausarrest verordnete, hob er diesen nach einer
    knappen halben Stunde wieder auf, weil ihm seine
    Tochter so entsetzlich fehlte und er ihre Rache – «wen-
    ni mi nickte mehr wehre, schiebste du meiner Rollstuhl
    in eine See» – fürchtete.
    Kurz nach ihrem sechzehnten Geburtstag, ein ge-
    wisser Rolf war in ihr Leben getreten, indem er ihr auf
    einem Schulfest eine Cola spendiert hatte, bat Sara ihre
    Mutter, sie zu einem Frauenarzt zu begleiten. Sie
    brauchte ein Rezept für die Pille und elterlichen Bei-
    stand. Insgeheim wollte sie wohl auch, dass zumindest
    ihre Mutter wusste, dass es, dass sie nun so weit war.
    Ihren Vater hätte sie in dieser Sache niemals ins Ver-
    trauen gezogen, das Risiko eines enormen Antonio-
    Auftritts wäre viel zu groß gewesen.
    Mutter und Tochter verabredeten daher nach einem
    Blick auf Antonios Schichtplan einen Termin an einem
    Dienstag um 14 Uhr. Antonio würde arbeiten und das
    Wunder der Empfängnisverhütung von ihm ungeahnt
    vonstatten gehen. An nämlichem Dienstag erkrankte
    Antonio jedoch morgens an einer Scheibe Cervelat-
    wurst und konnte nicht zur Arbeit gehen. Sara und
    Ursula versuchten ihn zu überreden, aber Antonio wand
    sich in Krämpfen und legte sich anschließend auf die
    Couch, um Arbeitslosenfernsehen anzuschauen. Ursula
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    wollte schon den Termin absagen, aber Sara war dage-
    gen, denn ihre Beziehung zu Rolf hing an einem seide-
    nen Faden und von der Einnahme der Pille ab.
    Gegen Mittag ging es Antonio spürbar besser. Beim
    Mittagessen dozierte er vom Wesen der Liebe und von
    seinen wunderbaren Töchtern, ohne die er bloß Plank-
    ton im Meer des Lebens sein würde. Oh, und wie arm
    das Leben ohne Kinder sei. Gegen 13:30 Uhr beschloss
    Antonio, ein kleines Nickerchen zu machen, welches er
    um 13:34 Uhr beendete, als er gewahr wurde, dass sei-
    ne Tochter und ihre Mutter sich im Flur anzogen, um
    das Haus zu verlassen.
    «Wo wollte ihr dennin?» fragte er Ursula.
    «Was besorgen», antwortete sie betont gelangweilt.
    «Unde was?»
    «Dies und das», sagte Ursula, deren Versuche, ihren
    Mann abzuschütteln, aussichtslos waren.
    «Na, da kommi mit», rief Antonio fröhlich und zog
    sich die Jacke an.
    «Ich muss aber zum Arzt, Papa», sagte Sara, deren
    Befürchtungen sich in roten Flecken an Hals und Wan-
    gen äußerten.
    «Biste du krank?»
    «Nicht direkt krank. Ich muss halt zum Arzt.»
    «Kein Problem. Begleiti dich und musste keine Sor-
    gen machen, deine Papa iste da.»
    «Ich mache mir keine Sorgen, Papa.»
    «Aha. Und warum gehste dann zu ein Arzt? Hä?»
    Der Einsicht folgend, dass sie ihn ohnehin nicht los-
    werden konnten und es besser war, den Familienstreit
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    nicht in einer Arztpraxis, sondern zu Hause auszutra-
    gen, sagte Ursula die Wahrheit: «Antonio, sie braucht
    die Pille.»
    «Die Pille. Was fur ein Pille?»
    «Na, die Pille halt. Du weißt doch sowieso schon
    längst, dass wir heute zum Arzt wollen. Wahrschein-
    lich hast du uns belauscht. Deswegen bist du nicht bei
    der Arbeit und drückst dich hier seit heute Morgen
    herum.»
    Diese absolut richtige Unterstellung überhörte An-
    tonio geflissentlich. Dafür fiel ihm seine Lebensmittel-
    vergiftung wieder ein. Er beugte sich sterbenskrank
    vornüber und stützte sich auf dem Treppengeländer ab.
    So blickte er waidwund seiner Tochter in die Augen.
    Unerträglich, wirklich. «Du willste keine Kinder?»
    «Doch, Papa, aber noch nicht jetzt. Das ist noch viel
    zu früh.»
    «Sehr gut, findi auch, ist bisschen früh, in Ordnung.»
    Pause, Nachdenken. «Aber warum dann der Pille?»
    Sara sah ihre Mutter an, und die nahm den ganzen
    Mut mütterlicher Komplizenschaft zusammen und sag-
    te: «Damit unsere Tochter nicht jetzt schon schwanger
    wird. Antonio. Sie ist eine junge Frau.»
    «Heißte, sie machte eimelich mit einer der Junge
    rum?»
    «Ich mache gar nicht rum.»
    «Du biste ein Kind!»
    «Bin ich nicht.»
    «Doch biste ein kleine Mädche.»
    Antonio war wieder vollständig genesen und reckte
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    sich zu seiner vollen Größe auf. Obwohl er nicht der
    Meinung war, dass Frauen vor der Hochzeit über Babys
    und deren Vermeidung nachdenken sollten – er selber
    hatte für seine Person überhaupt nie darüber nachge-
    dacht, aber er war ja auch keine Frau –, war ihm klar, dass seine Ansichten hier offenbar auf Widerstand
    stießen. Und das nicht nur bei Sara. Seine eigene Frau
    bedeutete ihm nun mit eindeutig zornigem Blick, in
    dieser

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