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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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prüfe nicht, ob Ihre Tochter sich mit ihrem
    Freund verträgt, sondern ob sie die Pille verträgt», sagte Kunz nun ganz leicht genervt.
    «I wurde das nickt nehmen.»
    «Sie sind auch keine Frau.»
    «Es ist gegen unserer Glauben», versuchte es Anto-
    nio in liturgischem Crescendo. Der Katholizismus als
    letzter Weg, eine von Antonios stumpfsten Waffen,
    denn es gibt wirklich kaum jemanden, der aus so we-
    nig Glaubenspraxis so viel moralische Überlegenheit
    schöpft wie er.
    «Willst du, dass ich schwanger werde, Papa?»
    «Nein, will nicht, will vor allem nickte, dass du mit
    der Pickelgesickte mit der grüne Mofa in Bett landest.»
    «Herr Marcipane, worum geht es Ihnen eigentlich?
    Sind Sie gegen die Pille oder gegen die Partnerwahl Ih-
    rer Tochter?», fragte Kunz.
    «Bin kein Freund von beides», sagte Antonio trotzig.
    «Nun lass sie doch einfach mal in Ruhe», mischte

    1 schwanger
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    sich Ursula ein. «Sie muss schließlich ihre Erfahrungen
    sammeln. Genau wie wir beide.»
    Da winkte Antonio matt ab und fügte sich. Als der
    Arzt seine Tochter untersuchte und diese sich dafür
    auch noch untenrum entkleiden sollte, verließ er unter
    Protest und Mitnahme seiner Gattin das Sprechzimmer
    und setzte sich neben eine ältere Frau, der er erklärte,
    dass der Arzt da drin seine Tochter verdorben hätte. Die
    Frau verließ daraufhin die Praxis.
    Sara nahm nun die Pille, jedenfalls drei Tage lang.
    Dann war sie weg. Sie fand die Packung im Keller hinter
    den Dosenpfirsichen und stellte ihren Vater zur Rede.
    «Wie kommen meine Pillen hinter die Pfirsiche, Papa?»
    «Weißi nickte.»
    «Lässt du sie bitte einfach, wo sie sind?»
    «Das iste mein Haus, kanni der Sachen tun, woi
    will.» Seine Tochter würde keinen Sex haben, wenn sie
    keine Pille hatte, dachte er wahrscheinlich. Jeder Tag,
    an dem er sie an der Einnahme hindern würde, wäre
    ein gewonnener Tag. Von ihm aus konnte das noch
    zehn, elf Jahre so gehen. Tatsächlich aber gelang es
    ihm nur noch einmal, die Packung verschwinden zu
    lassen (im Heizungskeller), danach versteckte Sara ihre
    Pille selber und nahm ihrem Vater so die Möglichkeit,
    ihre Familienplanung zu beeinflussen.
    Nachdem ihre Schwester so erfolgreich gewesen
    war, ließ auch Lorella sich die Pille verschreiben, und
    ganz allmählich verebbten die Mahnungen des Vaters.
    Antonio beschränkte sich nun darauf, die äußere Er-
    scheinung seiner Töchter zu geißeln und deren Freun-
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    de fürchterlichen Prüfungen zu unterziehen. Als erster
    war Rolf an der Reihe.

    Ein abendlicher Besuch bei den Marcipanes führte einen
    Jungen niemals direkt in das Allerheiligste von Saras
    Zimmer, sondern immer und unweigerlich zunächst ins
    Wohnzimmer, wo Antonio ihm auf den Zahn fühlte.
    Rolf war ein Fußballtalent, reich gesegnet mit dunk-
    lem Haar und Pickeln, unter der unebenen Haut aber
    scheinbar rein und ohne Arg und vor allem ausgestattet
    mit einer mühsam gezügelten Libido, die bei Sech-
    zehnjährigen einfach ausbricht und machen will, wozu
    sie da ist. Rolf und Sara hatten schon eine Weile etwas
    miteinander, es war zu Nahkämpfen gekommen, in de-
    ren Verlauf er einige wichtige strategische Stellen bei
    Sara erobert hatte. Letztlich hatte sie die Schlachten
    aber immer für sich entschieden und ihre Jungfräulich-
    keit verteidigt. Als sie ihm nun eröffnete, dass sie die
    Pille bekommen hatte, suchten sie nach einer passen-
    den Gelegenheit, dem richtigen Ort, der perfekten
    Stimmung. Aber immer störte irgendwas, es lief nicht
    richtig, es funktionierte einfach nicht, und bald wurde
    Rolf ungeduldig. Eines Abends entschloss er sich, Sara
    abends zu besuchen und – die Sache nötigenfalls zu
    beenden. Kuss oder Schluss.
    Er rief an, um sich mit ihr zu verabreden, und er-
    schien gegen 20 Uhr. Sara war blitzschnell an der Tür.
    Sie bat ihn leise hinein, aber natürlich hatte Antonio die Türglocke gehört, nicht umsonst hatte er sie vor einiger
    Zeit auf höchste Lautstärke gestellt.
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    «Saaaraaaa», hörten sie ihn aus dem Wohnzimmer
    rufen. Und nochmal: «Saaaraaaa!»
    Sara nahm ihren Rolf an die Hand und ging ins Wohn-
    zimmer, wo die Nachrichten liefen. Antonio saß mit einer
    geöffneten Flasche Bier 1 auf der Couch und lächelte Sara an. Ursula saß auf einem Sessel und lies die Zeitschrift
    sinken. Sie sah Rolf an wie ein Bund unreifer Bananen.
    «Oooh, wir aben Besuch.»
    «Das ist Rolf. Rolf – meine Eltern.»
    Rolf, der nicht vorhatte, länger zu bleiben als

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