Anubis 02 - Horus
und suchte sichtlich nach irgendetwas, womit sie unverfänglich auf ein anderes Thema überleiten konnte. In diesem Moment erklang hinter ihr das leise Tappen weicher Pfoten, gefolgt von einem fast kläglichen Maunzen. Mrs Walsh runzelte die Stirn und beugte sich in ihrem Sessel zur Seite, um an ihr vorbeisehen zu können, und Bast drehte sich halb herum und blickte in die entsprechende Richtung, obwohl es nicht nötig gewesen wäre.
Mrs Walsh hatte die Tür zur Küche nicht ganz geschlossen, als sie hereingekommen war, und eine schlanke, pechschwarze Katze war durch den schmalen Spalt hereingeschlüpft und auf halber Strecke zum Kamin stehen geblieben. Es war ein sehr schönes Tier, klein, aber von kräftigem Wuchs und mit einem prachtvollen, dichten Fell, dessen matter Glanz seine Gesundheit und Kraft verriet. Seine bernsteingelben Augen blickten sehr aufmerksam in Basts Richtung. Es maunzte noch einmal in vollkommen anderer Tonlage, bevor es mit wiegenden Schritten und steil erhobenem Schwanz langsam näher kam.
»Cleopatra, was tust du hier?«, wunderte sich Mrs Walsh. »Du weißt doch, dass du im Salon nichts zu suchen hast.«
»Cleopatra?«, wiederholte Bast.
»Ich fand den Namen passend, als ich sie damals aufgenommen habe«, antwortete Mrs Walsh. »Das heißt: Eigentlich habe ich sie gar nicht aufgenommen. Sie ist eine kleine Streunerin, wissen Sie? Eines Tages stand sie einfach vor der Tür und hat so laut gemaunzt, bis ich sie hereingelassen habe, und seither scheint sie einen Narren an mir gefressen zu haben.« Sie lächelte flüchtig. »Oder vielleicht auch nur an meinen Küchenabfällen.«
»Ich verstehe«, sagte Bast. »Sie glauben, Kleopatra wäre eine Streunerin gewesen?« Gleichzeitig beugte sie sich leicht in ihrem Sessel vor und streckte die Hand aus. Die schwarze Katze hielt für einen Moment inne, sah sie wieder auf diese sonderbare Art aus ihren großen, leuchtend gelben Augen an und kam dann mit gesenktem Kopf und laut schnurrend näher. Ein Ausdruck von Erstaunen erschien auf Mrs Walshs Gesicht.
»Nein«, sagte sie, ohne die näher kommende Katze dabei aus den Augen zu lassen. Sie wirkte ehrlich verblüfft. »Aber heißt es nicht, dass Katzen im alten Ägypten heilige Tiere gewesen sind?«
»Das ist wahr«, antwortete Bast, während sie leicht die Finger rieb, um das Tier weiter anzulocken. Aber Kleopatra hat Katzen gehasst. Sie hatte schon Erstickungsanfälle bekommen, wenn sich ihr ein solches Tier auch nur auf zwanzig Schritte Entfernung genähert hatte. Sie hielt die Hand jetzt still, um der Katze Gelegenheit zu geben, vorsichtig an ihren Fingern zu schnuppern, was diese auch etliche Momente lang ausgiebig tat. Dann maunzte sie hörbar, ließ sich auf den Rücken fallen und wälzte sich genießerisch auf Basts Mantel, den sie neben sich auf den Boden gelegt hatte, während sie selbst ihr behutsam Bauch und Hals kraulte.
»Sie wird Ihnen den ganzen Mantel mit ihren Haaren vollfusseln«, murmelte Mrs Walsh. Der Blick, mit dem sie die Katze jetzt maß, war eindeutig fassungslos.
»Das macht nichts«, antwortete Bast. »Ich liebe Katzen, müssen Sie wissen.«
»Trotzdem.« Mrs Walsh gab sich einen sichtbaren Ruck, und ihr Blick war nun eindeutig tadelnd. »Das reicht jetzt, Cleopatra! Du hast hier nichts zu suchen. Geh in die Küche oder nach draußen.«
Die Katze rollte sich lauthals schnurrend und mit genießerisch geschlossenen Augen weiter über Basts Mantel und begann schließlich spielerisch an ihrem Finger zu knabbern, als sie für einen Moment mit Kraulen innehielt. Sie ignorierte Mrs Walshs Worte vollkommen.
»Cleopatra!«, sagte Mrs Walsh noch einmal, jetzt in hörbar schärferem Ton. »Was ist denn in dich gefahren? Seit wann hörst du nicht mehr, wenn ich etwas sage?«
Ungefähr seit jetzt, dachte Bast amüsiert, zog aber nach einem weiteren Moment auch die Hand zurück und schüttelte leicht den Kopf, als die Katze die Augen öffnete und sie vorwurfsvoll ansah. »Hör auf sie und geh«, sagte Bast. Vielleicht habe ich später ein bisschen Zeit für dich, Kleines.
Mrs Walshs Augen quollen vor Unglauben schier aus den Höhlen, als Cleopatra ihren Gast zwar noch einen Moment lang vorwurfsvoll und enttäuscht ansah, sich dann aber wieder auf die Füße rollte und mit raschen Schritten verschwand. »Es ist ganz und gar erstaunlich«, murmelte sie. »Sie kommt normalerweise niemals hier herein. Und sie lässt sich schon gar nicht von Fremden anfassen.« Ihr Blick löste
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