Anubis 02 - Horus
sich fast widerwillig von der offen stehenden Tür, hinter der die Katze verschwunden war, und suchte den Basts. »Sie können wirklich gut mit Tieren umgehen.«
»Katzen spüren es, wenn man sie mag«, meinte Bast nur.
»Ja, ich weiß«, sagte Mrs Walsh. Sie wirkte immer noch ein bisschen verwirrt. »Manchmal glaube ich sogar, dass sie über eine bessere Menschenkenntnis verfügen als die meisten Menschen. Besitzen sie zu Hause eine Katze?«
»Besitzen?« Bast verzog die Lippen, als wäre ihr die Bedeutung dieses Wortes nicht endgültig klar. »In unserem Haus in Kairo lebt eine ganze Anzahl Katzen, wenn Sie das meinen. Aber niemand kann eine Katze besitzen. Sie können sie einsperren und versklaven, aber ihre Zuneigung werden Sie auf diese Weise niemals gewinnen. Sie bekommen sie geschenkt oder gar nicht.«
Das schien Mrs Walsh nun endgültig zu verwirren. Sie sagte eine ganze Weile gar nichts, dann aber erschien ein leises Lächeln in ihren Augen. »Ich glaube, wir werden noch eine Menge interessanter Gespräche miteinander führen, meine Liebe«, sagte sie und fügte vielleicht eine Spur hastiger hinzu: »Wenn Sie es wünschen, heißt das.«
»Natürlich«, antwortete Bast. »Ich freue mich darauf. Und ich bin froh, hergekommen zu sein.«
Mrs Walsh blickte fragend.
»Um ehrlich zu sein«, erklärte Bast, »war ich am Anfang nicht ganz sicher, ob ich überhaupt herkommen sollte.«
»Weil Ihnen Jacob diese Pension empfohlen hat«, vermutete Mrs Walsh. Nein, es war keine Vermutung. Es war eine Feststellung.
»Ja«, gestand Bast unumwunden. »Nach dem, was Sie mir über Kapitän Maistowe erzählt haben, habe ich ihm vielleicht unrecht getan, aber …«
Mrs Walsh unterbrach sie mit einer entsprechenden Geste. »Dafür müssen Sie sich nicht entschuldigen. Ich kenne den guten Jacob nun schon so lange, und selbst mir fällt es bei ihm manchmal schwer, Haltung zu bewahren. Er hat ein großes Herz und kann der charmanteste Mensch sein, den Sie sich nur vorstellen können – aber er ist auch ein wahrer Meister darin, das zu verbergen.«
»Und woher kennen Sie sich?«, fragte Bast und trank wieder von ihrem Tee.
»Er wohnt hier«, antwortete Mrs Walsh, wobei Bast nicht entging, wie aufmerksam sie sie dabei ansah. Aber sie war nicht überrascht. Eigentlich hatte sie nichts anderes erwartet.
»Hier?«, vergewisserte sie sich dennoch.
»Die meiste Zeit des Jahres ist er auf See«, antwortete die Zimmerwirtin. »Früher hatte er ein kleines Haus hier in London, aber das musste er verkaufen, als die Geschäfte einmal schlecht gingen. Daraufhin hat er sich hier eingemietet. Anfangs sollte es nur für wenige Tage sein, aber es hat sich schnell erwiesen, dass dieses Arrangement für beide Seiten von Vorteil ist.«
Bast sagte zwar nichts, musterte Mrs Walsh aber auf eine ganz bestimmte Art und Weise, die sie leicht erröten und eindeutig hastig den Kopf schütteln ließ. »Nein, nicht was Sie jetzt vielleicht annehmen, meine Liebe. Jacob und ich sind zu verschieden, um mehr als gute Freunde zu sein.«
»Dann ist das hier sozusagen sein Heimathafen?«, fragte Bast.
Diesmal lachte Mrs Walsh leise. »Wenn Sie so wollen, ja. Jacob hat keine Familie und auch keine Freunde hier in London.
Dazu ist er zu selten hier. Und es lohnt nicht, ein eigenes Haus zu unterhalten, wenn man den allergrößten Teil des Jahres auf See ist. Die wenigen Wochen zwischen seinen Reisen wohnt er hier. Und manchmal«, fügte sie mit einem fast verschwörerischen Augenzwinkern hinzu, »schickt er mir auch einen Gast. Ich glaube, er betrachtet es als seine Pflicht, um mich irgendwie dafür zu entschädigen, dass ich sein Zimmer während des ganzen Jahres für ihn freihalte … nicht dass es mich wirklich etwas kosten würde. Die meisten Zimmer stehen ohnehin leer.«
»Das Geschäft geht nicht gut?«, vermutete Bast.
»Es könnte besser gehen … wenn ich es wollte«, antwortete Mrs Walsh. »Aber es ist nicht nötig. Ich habe eine kleine Erbschaft von der Schlachterei meines verstorbenen Mannes, von der ich einigermaßen bequem leben kann. Diese Pension ist mehr eine Art … Liebhaberei von mir, wenn Sie so wollen. Irgendetwas muss man tun.«
Von draußen war das Klappern von Pferdehufen und das Knarren von Rädern zu hören. Bast warf einen Blick auf das Ziffernblatt der Standuhr mit seinen verschnörkelten Zeigern. Arthur kam auf die Sekunde pünktlich. Wahrscheinlich hatte er in einer Seitenstraße gewartet, um nicht zu früh zu
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