Anubis 02 - Horus
bin.«
Bast machte einen Gegenzug und sah ihn dabei stirnrunzelnd an. »Und Sie würden das alles aufgeben? Das Leben auf See, die Freiheit …?«
Maistowe schnaubte. »Wenn man es lange genug gemacht hat, dann verliert dieses freie Leben doch eine Menge von seinem Reiz«, sagte er und machte einen Zug, der Bast endgültig davon überzeugte, dass er gerade die Wahrheit gesagt hatte, als er von seiner Mühe berichtet hatte, die Züge zu lernen. Wie es aussah, hatte er auch heute noch so seine Schwierigkeiten damit. »Die meiste Zeit besteht es aus Arbeit und Mühe. Und die viel gelobte Freiheit entpuppt sich irgendwann als der Kampf gegen die See und das Wetter, und wenn man das alles übersteht, hat man es mit den Bürokraten und den Banken zu tun. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Hat Ihnen Gloria erzählt, wie wir uns kennen gelernt haben?« Bast nickte, aber Maistowe fuhr trotzdem fort: »Vor einigen Jahren war ich beinahe ruiniert, und es war nicht meine Schuld, das können Sie mir glauben. Nein.« Er schüttelte heftig den Kopf und machte einen weiteren Zug, ohne dass Bast ihre Figuren auch nur angerührt hätte. Sie sagte nichts dazu. »Das Beste, was mir noch passieren kann, ist, dass mir nichts passiert, und das ist es nicht, was ich mir von weiteren zehn oder zwanzig Jahren auf See erträume.«
Er sog an seiner Zigarre, und sein Ton und seine Gestik änderten sich. »Aber so weit ist es noch nicht, nicht wahr? Ich habe nicht vor, Gloria zu irgendetwas zu zwingen – einmal davon abgesehen, dass keine Macht der Welt Gloria zu etwas zwingen könnte, was sie nicht will –, aber vielleicht gefällt ihr ja das, was ich ihr zu bieten habe.«
»Ich gönne es Ihnen«, sagte Bast.
Er wedelte mit seiner Zigarre herum und machte den dritten Zug hintereinander. »Aber wir reden immer nur über mich, nicht über Sie.«
»Da gibt es auch nicht viel zu reden.« Bast verschob unbemerkt zwei ihrer Figuren, damit es nicht ganz so auffiel. »Vielleicht sehen wir uns ja, wenn Sie tatsächlich in Kairo leben.«
»Das ist gelogen«, sagte Maistowe. »Nett gemeint, aber gelogen. Sie haben das nicht vor.«
»Das ist wahr«, bekannte Bast. »Aber es ist besser so, glauben Sie mir.«
»Besser für uns«, vermutete Maistowe. Er sah auf das Schachbrett hinab, blinzelte und legte einen Moment lang die Stirn in Falten, deutete aber dann nur ein Achselzucken an und verschob seinen Bauern nach rechts. Bast sparte es sich, ihn darauf hinzuweisen, dass dieser Zug nicht erlaubt war. »Ich mache mir eher Sorgen um Sie.«
Und das zu recht. Aber es gab nichts, was er für sie tun konnte – außer sein Leben vollkommen sinnlos wegzuwerfen. »Ich kann schon auf mich aufpassen.«
»Das ist mir aufgefallen«, sagte Maistowe, blieb dabei aber vollkommen ernst. »Ich frage mich nur, ob Sie die richtigen Prioritäten setzen.«
»Inwiefern?«
»Sie sind hier«, antwortete Maistowe. »Irgendwo dort draußen ist jemand, der Ihnen nach dem Leben trachtet. Aber statt sich um Ihre eigenen dringenden Angelegenheiten zu kümmern«, fuhr Maistowe ungerührt f ort, »sitzen Sie hier und bringen Cindy das Schachspielen bei. Halten Sie das für klug?«
»Nein«, antwortete Bast. »Ich sollte es lieber Ihnen beibringen. Cindy wird Sie niedermetzeln, wenn Sie sich mit ihr einlassen.«
»Und Sie werden auch hier bleiben, bis wir abgereist sind, habe ich recht? Nicht um Cindy Schachunterricht zu erteilen, sondern um auf uns aufzupassen. Sie riskieren Ihr eigenes Leben, um unsere zu beschützen.«
»Unsinn!«, widersprach Bast, eindeutig zu hastig. »Ich bin nicht in Gefahr. Jedenfalls nicht so, wie Sie glauben. Haben Sie mir heute Morgen nicht zugehört? Horus würde mir nie etwas antun!«
»Sie gestatten, dass ich in diesem Punkt anderer Meinung bin«, antwortete Maistowe. »Frederick hat mir erzählt, was in der Tube passiert ist. Wenn dieser Horus, wie Sie sagen, das Inferno überlebt hat, dann ist er bestimmt ziemlich sauer auf Sie.«
»Damit haben Sie sogar recht, Jacob«, antwortete Bast. »Aber ich kann Sie beruhigen. Ich weiß, wie ich mit ihm umzugehen habe. Und wenn Sie die Wahrheit wissen wollen: Ich bin tatsächlich hier geblieben, um auf Sie, Gloria und Cindy aufzupassen … aber aus einem anderen Grund. Wäre ich eine Anhängerin Ihrer Religion, dann würde ich drei Kreuze schlagen, sobald die Lady abgelegt hat.«
Maistowe wirkte ein bisschen beleidigt. »Wieso?«
»Horus würde mir tatsächlich niemals etwas antun, Jacob«, sagte
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