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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Horus. »Wenn ich das sagen würde, vielleicht … aber du? Wo dir doch so viel an deinem lebendigen Spielzeug liegt?«
    Sie hatte die Treppe entdeckt, eine viel schmalere, steile Stiege, die vielleicht auf halbem Wege zwischen ihr und Horus lag. Vielleicht nahe genug, um ihm den Weg abzuschneiden, vielleicht auch nicht. Horus war schnell – aber er hatte einen schweren Fehler gemacht. Sie gedachte nicht, ihm diesen Fehler durchgehen zu lassen. Sie griff unter ihren Mantel, zog den Revolver, den Abberline ihr gegeben hatte und schoss.
    Bast verabscheute Schusswaffen aus tiefstem Herzen. Ihrer Meinung nach gehörten sie mit zu dem Unehrenhaftesten, was es gab. denn sie ermöglichten es jedem Dummkopf und Feigling, zu töten. Aber das bedeutete nicht, dass sie nicht damit umgehen konnte.
    Der Schuss hallte laut wie ein Kanonenschlag in der Kuppel wider, ein nicht enden wollendes, tausendfach gebrochenes Echo, das sogar lauter zu werden schien, statt zu verebben. Horus prallte zurück und starrte sie aus fassungslos aufgerissenen Augen an – dem einen, das noch sehen konnte, hieß das. Bast hatte ihn nicht perfekt getroffen. Die Kugel hatte sein linkes Auge, den Knochen daneben und einen Teil des Schläfenknochens weggerissen, bevor sie ein gut faustgroßes Loch in die Wand hinter ihm gestanzt hatte. Er stand einfach da und starrte sie an, als könne er immer noch nicht glauben, was geschehen war. Wahrscheinlich konnte er es auch nicht.
    Bast hob den Revolver und zielte sorgfältiger, aber sie drückte nicht ab, denn Horus brach plötzlich wie vom Blitz getroffen zusammen, und sie stürmte los. Horus war nicht tot, ganz gewiss nicht. Sie hatte ihn übel erwischt, und wenn sie Glück hatte, dann war er lange genug außer Gefecht gesetzt, bis sie bei ihm war und es zu Ende bringen konnte.
    Sie hatte kein Glück. Ein schmieriger Blutfleck auf dem Boden und eine davon ausgehende unterbrochene Blutspur wiesen ihr die Richtung, in die sich Horus davongeschleppt hatte, von ihm selbst aber war nichts zu sehen. Bast hielt nur einen Moment inne, um ihrer Enttäuschung mit einem Faustschlag gegen die Wand Luft zu machen, dann setzte sie ihre Verfolgung fort. Horus war ein harter Brocken, selbst für einen ihrer Art, aber sie hatte ihm in den Kopf geschossen, und das würde selbst ihn eine Weile beschäftigen. Er war nicht tot, aber schwer genug verletzt. Er würde Stunden brauchen, um sich so weit zu erholen, dass er wieder eine Gefahr für sie darstellte.
    Wäre er in Richtung der Treppe gelaufen, dann wäre er ihr entgegengekommen, und in der entgegengesetzten Richtung hätte er die Galerie praktisch einmal ganz umrunden müssen, was in seinem Zustand schlichtweg unmöglich war … ab er er konnte sich schließlich auch nicht in Luft aufgelöst haben.
    Sie fand die Lösung dieses Rätsels nach einem knappen Dutzend weiterer Schritte. Die Blutspur endete vor einer geschlossenen Tür, und sie war bereits sichtbar dünner geworden. Möglicherweise hatte sie Horus doch nicht so schwer verletzt, wie sie es gehofft hatte. Aber immer noch schlimm genug. Horus war ihr auch unter normalen Umständen nicht gewachsen, und heute waren die Umstände ganz eindeutig nicht normal.
    Trotzdem öffnete sie die Tür mit äußerster Vorsicht und nur einen Spalt breit und lauschte einen Moment lang angestrengt. Sie hörte nichts. Zumindest lauerte Horus nicht auf der anderen Seite der Tür.
    Dafür erwartete sie eine weitere, noch steilere Treppe. Eine frische Blutspur wies ihr den Weg, den Horus genommen hatte, und jetzt hörte sie auch Schritte, die vielfach gebrochen von der verwirrenden Akustik dieses Ortes an ihr Ohr drangen. Er bewegte sich schnell, aber seine Schritte waren schleppend und unregelmäßig. Bast konnte spüren, dass er Schmerzen litt, und offenbar blutete er immer noch stark, obwohl seine Spur immer dünner wurde. Aber Bast brauchte auch keine sichtbare Spur, um ihm zu folgen. Sie konnte ihn wittern. Er hatte Angst. Vermutlich eine ganz neue Erfahrung für ihn.
    Sie folgte ihm, nun wieder das Schwert statt des Revolvers in der Hand, schnell, aber nicht so schnell, wie sie gekonnt hätte. Horus war verletzt, aber immer noch für eine Überraschung gut. Und verletzt war er möglicherweise noch gefährlicher, ganz wie ein verwundetes Raubtier, das in die Enge getrieben wurde.
    »Warum bleibst du nicht stehen und stellst dich zum Kampf?«, rief sie. »Dieses Weglaufen passt nicht zu dir! Du warst doch nie ein Feigling! Bleib

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