Anubis - Roman
Runter!«
Mogens ließ sich einfach fallen – und hinter ihm krachte ein zweiter Schuss. Die Kugel pfiff so dicht an ihm vorbei, dass er die Hitze der verbrannten Luft zu spüren glaubte, traf den Ghoul in die Schulter und riss ihn herum. Noch bevor er gänzlich zu Boden fallen konnte, fiel ein dritter Schuss, der ihn diesmal mit schon fast unheimlicher Präzision in die Brust traf und auf der Stelle tötete.
Mogens blieb sekundenlang wie gelähmt liegen und starrte den reglosen Ghoul an. Er begriff nicht, was geschehenwar, nicht einmal, als Miss Preussler zu ihm eilte und ihn auf die Füße zu ziehen versuchte. Erst als hinter ihm Schritte erschollen, fand er allmählich wieder zu sich selbst. Unsicher und Miss Preusslers hilfreich ausgestreckte Hände geflissentlich ignorierend setzte er sich auf und drehte sich gleichzeitig halb herum. Seine Augen wurden groß.
»Sie können jetzt aufstehen, Professor«, sagte Tom mit einem breiten, fast jungenhaften Grinsen. »Es waren nur diese beiden. Im Augenblick sind wir wohl sicher.«
»Thomas, mein lieber Junge!«, seufzte Miss Preussler. Sie klang unendlich erleichtert. »Gott schickt dich, da bin ich ganz sicher! Aber du hättest wirklich keine einzige Sekunde später kommen dürfen!«
»Oh, ich bin schon seit ’ner ganzen Weile hier«, antwortete Tom in fast fröhlichem Ton. Er blinzelte Mogens zu. »Ich wollte sehen, wie sich der Professor hält. Ich finde, für einen Mann wie ihn hat er sich gar nicht schlecht geschlagen.«
Mogens erwiderte sein Lächeln zwar schwach, aber er war nicht sicher, dass Tom tatsächlich nur einen Scherz gemacht hatte. Er wollte es im Grunde auch gar nicht wissen.
»Danke«, sagte er einfach.
»Kein Problem«, antwortete Tom feixend, allerdings nur, um gleich darauf und mit umso abrupter wirkender Plötzlichkeit ernst zu werden. »Sind Sie verletzt?«, fragte er.
»Nicht ernsthaft«, antwortete er. Mogens hoffte zumindest, dass das stimmte, und vielleicht hauptsächlich, um sich selbst von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen, stemmte er sich unbeholfen in die Höhe. Es gelang ihm nicht so mühelos, wie er es gerne gehabt hätte, aber es gelang ihm – und das war vielleicht schon mehr, als er insgeheim erwartet hatte.
Tom musterte ihn einen Moment lang kritisch, schien dann aber zu einem Ergebnis zu gelangen, das ihn zufrieden stellte, und drehte sich zu Miss Preussler um. Ein Ausdruck nicht besonders überzeugend geschauspielerter Überraschung erschien auf seinem Gesicht, als er das Mädchen ansah. »Wer ist das?«, fragte er.
»Wir wissen ihren Namen nicht«, sagte Mogens rasch, bevor Miss Preussler antworten konnte. »Sie war unten.« Er deutete mit einer Kopfbewegung zur Tür. Toms Blick formulierte eine stumme Frage, die er mit einem ebenso wortlosen Kopfschütteln beantwortete.
»Wo kommst du her, Thomas?«, fragte Miss Preussler. »Der Professor und ich haben kaum noch zu hoffen gewagt, dich lebend wiederzusehen.«
»Viel hätt auch nicht gefehlt«, antwortete Tom in unerwartet ruppigem Ton, der klar machte, dass er nicht weiter über dieses Thema reden wollte. Allerdings entschärfte er ihn auch sogleich durch ein nun schon wieder jungenhaft wirkendes Grinsen.
»Sind dort unten noch mehr?«, fragte er.
Diesmal antwortete Mogens ganz bewusst so schnell, dass Miss Preussler keine Chance hatte, ihm zuvorzukommen. »Dort unten ist alles zerstört«, sagte er. »Wir sind gerade noch so herausgekommen.«
»Da haben Sie verdammtes Glück gehabt, Professor«, sagte Tom. Sein Blick flackerte für einen Moment unsicher, als er das zerfetzte Bündel in den Armen des Mädchens streifte, aber er verbiss sich jede entsprechende Bemerkung.
»Was ist mit Graves?«, fragte Mogens. »Hast du etwas von ihm gehört?«
»Es hat ihn ziemlich übel erwischt«, antwortete Tom, »aber er wird sich wieder erholen, da bin ich sicher. Er hat schon Schlimmeres überstanden.«
»Graves lebt?«, vergewisserte sich Mogens ungläubig. Er hatte nicht damit gerechnet, noch einmal etwas von Graves zu hören, geschweige denn, ihn noch einmal lebend wiederzusehen. »Wo ist er?«
»Vorne, in dem kleineren Raum links vom Eingang«, antwortete Tom mit einer entsprechenden Geste und verbesserte sich rasch: »Rechts, von hier aus gesehen. Aber machen Sie sich bemerkbar, wenn Sie sich ihm nähern. Er ist ziemlich nervös. Und er hat ein Gewehr.«
»Wir gehen vielleicht besser alle zusammen«, schlug MissPreussler vor. »Ich muss nicht
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