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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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unbedingt länger in der Gesellschaft dieser …«, sie sah flüchtig auf die toten Ghoule hinab, » Kreaturen bleiben, als unbedingt notwendig ist.«
    »Dann gehen wir«, sagte Tom. »Professor?«
    Mogens nickte. Auch ihm bereitete die Nähe der beiden Ghoule – ob tot oder lebendig – zunehmend größeres Unbehagen.
    »Dann kommen Sie«, sagte Tom. Er schwang sich in einer übertriebenen Bewegung das Gewehr über die Schulter, die nicht so recht zu ihm passen wollte, fand Mogens. So als diene sie hauptsächlich dem Zweck, ihm selbst Mut zu machen. »Aber seien Sie vorsichtig. Ich hab zwar nur diese beiden Ungeheuer gesehen, aber man kann nie wissen.«
    Tom schien von ihm zu erwarten, dass er vorausging. Als Mogens sich nicht rührte, zuckte er mit den Schultern und wandte sich mit einer demonstrativ beiläufigen Bewegung um, um die Führung zu übernehmen. Auch Miss Preussler und das Mädchen setzten sich in Bewegung – wenn auch erst, nachdem Mogens mehrere Schritte zur Seite gemacht hatte. Das Mädchen hatte ganz offensichtlich immer noch Angst vor ihm, und der Sicherheitsabstand, auf dem es beharrte, war ganz eindeutig größer geworden – möglicherweise aus dem simplen Grund heraus, dass es hier oben einfach mehr Platz gab.
    Mogens seinerseits studierte das Gesicht des Mädchens sehr aufmerksam, als es in vier oder fünf Schritten Abstand an ihm vorüberging. Bisher hatte er es eher vermieden, sie so offen anzustarren; einerseits aus einem vollkommen absurden Gefühl von Takt heraus, andererseits aber auch, weil er spürte, dass er ihr damit tatsächlich Angst machte. Etikette schien ihm hier unten jedoch wenig Sinn zu machen, und das heftige Brennen, wo seine Handrücken Bekanntschaft mit ihren Fingernägeln gemacht hatten, sorgte dafür, dass sich sein schlechtes Gewissen in Grenzen hielt.
    Der Anblick des toten Kindes, das sie mit aller Kraft an sich drückte, jagte ihm noch immer einen eisigen Schauer über den Rücken, viel aufschlussreicher aber fand er im Moment die Blicke, die sie den toten Ghoulen zuwarf. Sowohl Tom als auch Miss Preussler hatten ganz unbewusst einen Bogen geschlagen, um dem Leichnam des erschossenen Ungeheuers nicht zu nahe zu kommen, doch das Mädchen schien solcherlei Hemmungen nicht zu kennen. Ganz im Gegenteil fehlten nur Zentimeter, und sie wäre einem der toten Ghoule auf die Hand getreten. Mogens wusste viel zu wenig über sie, um den Ausdruck in ihren Augen deuten zu können, aber immerhin sah er seinen ersten Eindruck von vorhin bestätigt: Das Mädchen hatte nicht die geringste Angst vor den Ghoulen. Sie fürchtete sie, aber was sie an diesen Wesen ängstigte, war ganz eindeutig nicht das blanke Entsetzen, das jeden Menschen bei der bloßen Erkenntnis der Existenz einer so grässlichen Zwitterkreatur aus Mensch und Tier überkommen musste. Was die dunkelhaarige junge Frau beim Anblick des Wesens empfand, das war durchaus Furcht, aber jene Art von resignierender Furcht, die ein Mensch einer Naturgewalt gegenüber empfinden mochte, die ihn mit beiläufiger Gleichgültigkeit auszulöschen vermochte, im Prinzip aber nicht feindselig war – und nicht einmal wirklich gefährlich, solange man wusste, wie man mit ihr umzugehen hatte.
    Auf jeden Fall, fügte er finster in Gedanken hinzu, scheint sie diese Kreaturen deutlich weniger zu fürchten als mich.
    Mogens brach diese unerfreuliche Überlegung ab und ließ seinen Blick aufmerksam über Wände und Decke der großen Halle schweifen. Er konnte nicht sagen, ob die Spuren von Zerstörung und Verfall, die er auch hier auf Schritt und Tritt sah, alt oder auf das gerade überstandene Beben zurückzuführen waren. Auf jeden Fall hatte es dieses Gebäude nicht annähernd so schwer getroffen wie das unterirdische Labyrinth. Weiter oben, wo der Himmel nicht mehr aus Stein bestand, war möglicherweise nur ein sachtes Zittern zu spüren gewesen, und vielleicht nicht einmal das. Plötzlich kam Mogens zu Bewusstsein, wie vollkommen fremd und unbekannt diese Welt war, durch die sie sich bewegten. Sie befanden sich vielleicht fünfzig Meter unter der Erdoberfläche – wahrscheinlich weniger –, und trotzdem bewegten sie sich durch eine Welt,die so vollkommen fremdartig und bizarr war, dass sie ebenso gut auf der Oberfläche eines anderen Planeten liegen könnte – was in gewissem Sinne sogar zutraf. Mogens fragte sich, wie viele Geheimnisse wohl noch unter ihren Füßen darauf warten mochten, entdeckt zu werden.
    Tom blieb

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