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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ungläubig.
    »Ich habe es versucht«, antwortete Graves. Der entsetzte Unterton in Mogens’ Stimme schien ihm entgangen zu sein; oder er interessierte ihn nicht. Seine schwarz behandschuhten Finger glitten weiter über die sinisteren Bilder und Glyphen, die in die Oberfläche des grauen Metalls graviert waren wie Tore in eine andere, verbotene Welt, in der der Wahnsinn und der Tod zu Hause waren. Das Licht flackerte stärker, und Mogens hatte den unheimlichen Eindruck, dass etwas unter dem schwarzen Leder darauf reagierte. »Mit allen Mitteln habe ich es versucht, aber es ist mir nicht gelungen.« Er ließ – endlich – die Hand sinken, trat einen Schritt zurück und wandte sich mit einem tiefen Seufzen wieder zu Mogens um.
    »Dieses Metall wurde nicht von Menschenhand erschaffen, Mogens«, sagte er. »Und kein von Menschen geschaffenes Werkzeug kann es zerstören.«
    »Und was …« Mogens fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen und setzte neu an. Er wich Graves’ Blick aus. »Und wie komme ich da ins Spiel?« Er kannte die Antwort. Er wusste längst, warum Graves ihn hier heruntergeführt hatte. Er hatte es im selben Moment gewusst, in dem er die Kammer betreten hatte.
    »Es gibt andere Wege, ein Tor zu öffnen, als mit Meißel und Sprengstoff, Mogens«, sagte Graves beinahe sanft.
    »Du weißt, dass ich … dass ich mich mit solchen Dingen nicht mehr befasse«, sagte Mogens stockend. Er wollte etwas ganz anderes sagen, schreien, weglaufen, sich die Fäuste ins Gesicht schlagen – aber er konnte nichts von alledem. Graves’ Ansinnen war so ungeheuerlich, dass er zu keinerlei Reaktion wirklich fähig war; nicht einmal dazu, wirklich zu denken .
    »Du hast deine Bücher seit jener schrecklichen Nacht nicht mehr angerührt, ich weiß«, sagte Graves. »Seit jenem Tag verleugnest du all das, was du vorher so vehement – und mit Recht – verteidigt hast.« Er schüttelte den Kopf. »Tief in dir weißt du, dass es ein Fehler ist.«
    »Und was erwartest du jetzt von mir?« Mogens’ Stimme war nicht mehr als ein heiseres, halb ersticktes Krächzen, und dennoch klang sie in seinen eigenen Ohren wie ein verzweifelter Schrei. »Dass ich diese Tür aufzaubere? «
    »Wenn du so willst, ja«, bestätigte Graves unverblümt. »Obwohl du so gut weißt wie ich, dass das Unsinn ist.« Er hob die Hand, als Mogens widersprechen wollte, und fuhr mit leicht erhobener, schärferer Stimme fort: »Soll ich dir jetzt den gleichen Vortrag halten, den du selbst mir und vielen anderen unzählige Male gehalten hast?«
    »Nein«, antwortete Mogens abweisend. »Ich will nichts mehr von diesem Unsinn hören. Nie wieder.«
    »Unsinn?« Graves schüttelte den Kopf. Die Bewegung wirkte ungehalten, fast zornig. »Warum verleugnest du plötzlich alles, woran du jemals geglaubt hast? Es ist hier! Du spürst es ebenso deutlich wie ich. Jeder, der diesen Raum beträte, würde es spüren. Leugne es nicht!«
    »Ich will davon nichts mehr hören!« Mogens schrie jetzt wirklich. »Nie wieder! Ich habe genug Schaden angerichtet!«
    »Deine Selbstvorwürfe machen Janice nicht wieder lebendig, Mogens«, sagte Graves leise. »Was damals geschehen ist, war nicht deine Schuld. Wenn jemanden die Schuld trifft, dann allerhöchstens mich.«
    Mogens widersprach ihm nicht. Wenn Graves ihn hier heruntergebracht hatte, damit er ihm die Absolution erteilte, dann hatte er sich den Weg umsonst gemacht. »Und du glaubst, zum Dank würde ich dir helfen, mit dem hier berühmt zu werden?«, fragte er böse. »Erzähl mir nicht, dass es die hehre Wissenschaft ist, um deretwegen du hier bist, Jonathan. Du hast diese Entdeckung hier eifersüchtig bewacht wie einen Schatz! Du hast deinen Fund Hyams, Mercer und McClure nicht verschwiegen, weil das hier nicht ihr Fachgebiet ist, sondern weil du ihn mit niemandem teilen willst! Du willst ihn ganz für dich allein! Den Ruhm, die wissenschaftliche Unsterblichkeit – bei Gott, ich bin sicher, wenn das hier eine gewöhnliche Grabkammer irgendwo in der ägyptischen Wüste wäre, hättest du keine Skrupel, ihre Schätze zu plündern und zu verkaufen! Wann hast du dich entschlossen, mich um Hilfe zu bitten? Nachdem dir klar geworden ist, dass du dieses Tor allein niemals aufbekommen wirst?«
    »Und wenn es so wäre?«, fragte Graves ungerührt.
    »Was bringt dich dann auf die Idee, dass ich dir helfen würde – selbst wenn ich es könnte?«
    »Weil das hier deine Chance ist, dich zu rehabilitieren,

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