Anwältin der Engel
zweiten Anschlusses erlosch. »Dann rufe ich Sie an, sobald ich weiß, wann ich den Jugendrichter aufsuchen kann. Dort treffen wir uns dann. Mal sehen, ob es uns gelingt, sie nach Hause zu holen.« Bree verabschiedete sich kurz und legte auf. Dann sah sie Ronbestürzt an. »Das war Hartley Williams auf Leitung 2? Gerade hat sie aufgelegt.«
Erneut klingelte das Telefon. Bree nahm ab und meldete sich. Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang piepsig und kindlich. »Hier ist Hartley Williams«, stieß sie atemlos hervor. »Ich möchte mit Lindseys Anwältin sprechen.«
»Das tun Sie«, sagte Bree. »Ich freue mich sehr, dass Sie anrufen, Miss Williams.«
»Ah. Gut. Ich hab mir gedacht, ich sollte vielleicht mit Ihnen darüber reden, was da auf dem Parkplatz passiert ist.«
»Halte ich für eine großartige Idee. Wollen wir einen Termin ausmachen?«
»Ich habe versucht, Ihr Büro zu finden«, erwiderte Hartley verdrossen, »aber das Navigationssystem in meinem Auto hat völlig versagt. Na ja, eigentlich ist es das Auto meines Stiefvaters, was ja auch mal wieder typisch ist. Ich meine, bei dem ist einfach alles verkorkst, sogar seine Autos. Jedenfalls bin ich gerade bei Savannah Sweets. Sie wissen doch, wo das ist? Gleich unten am Fluss.«
»Klar weiß ich das«, antwortete Bree. »Ich bin in zehn Minuten dort.«
»Muss ich dann irgendwas unterschreiben?«
Bree runzelte verwirrt die Stirn. »Unterschreiben? Brauchen Sie einen Rechtsvertreter, Miss Williams? Legt man Ihnen irgendetwas zur Last?«
»Sie meinen, ein Verbrechen oder so? Nein! Ich hab nichts verbrochen. Aber heißt das, ich könnte Sie engagieren? Das wäre echt cool. Ich möchte nämlich wie Lin in einer Talkshow auftreten.«
Bree lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und starrte zur Decke. »Solche Aufträge übernehme ich nicht, Miss Williams. Aber ich hätte gern ein paar Informationen über Lindsey und hatte gehofft, sie von Ihnen zu bekommen. Sind Sie bereit, unter diesen Bedingungen mit mir zu sprechen?«
»Bringen Sie Reporter mit?«
»Leider nein. Aber ich kann Ihnen eine Tasse Kaffee und vielleicht was Süßes spendieren. Was halten Sie davon?«
»Na okay. Könnten Sie nicht doch ein paar Reporter mitbringen?«
»Nein, tut mir leid. Ich bin dann in zehn Minuten bei Ihnen.«
»Sagen wir lieber, in zwanzig. Ich muss erst mal mein Gesicht zurechtmachen und so. Ich bin heute Morgen nach der Talkshow einfach so aus dem Haus gelaufen und sehe echt schlimm aus.«
Bree legte den Hörer auf. »Himmel noch mal!«, sagte sie zu Petru. »Ist diese jüngere Generation denn völlig durchgedreht?«
» Die Jugend dieser Stadt hat keine Ehrfurcht vor der Tradition .« Petru zog die dichten schwarzen Augenbrauen zusammen. »Cicero, glaube ich. Cicero fand die jungen Römerr ebenso flatterhaft, wie diese Miss Hartley Williams es zu sein scheint. Die Dinge änderrn sich nicht, liebe Bree.«
Bree warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Bis zu Savannah Sweets brauchte sie zu Fuß keine fünf Minuten. »Konnten Sie mir eine Kopie der Aufnahme beschaffen, die die Überwachungskamera gemacht hat? Ich möchtemir das Ganze noch mal ansehen, um herauszufinden, wie weit Miss Hartley Williams wohl an diesem Gaunerstück beteiligt war. Ich bin mir nicht sicher, ob der Sender die gesamte Aufnahme gezeigt hat.«
»Die habe ich besorgt und auf meinem Computer abgespeichert.«
»Dann würde ich sie mir gern mal ganz schnell ansehen.«
Petru hinkte nach draußen und kam mit seinem Laptop zurück. Nachdem er das Gerät vorsichtig auf den Schreibtisch gestellt hatte, öffnete er die Datei.
Der Raubüberfall dauerte nicht lange – insgesamt zweieinhalb Minuten. Ein süßes kleines Mädchen in Pfadfinderuniform stand vor Bloomingdale’s. Die Kleine hatte lange, lockige dunkle Haare.
»Sophie Chavez«, sagte Bree.
»Ein rreizendes Kind«, meinte Petru. »Die Jury wäre, glaube ich, entzückt von ihr.«
Die Kekse waren auf einem wackligen Kartentisch aufgebaut. Eine Frau mittleren Alters, in Jeans und leichter Jacke, blieb stehen, sah sich die Kekse an und wählte eine Schachtel mit Erdnussbutterplätzchen aus (Brees Lieblingskekse). Der Hummer kam über den Parkplatz. Lindsey lehnte sich auf der Fahrerseite aus dem Fenster. Auf der Beifahrerseite lehnte sich dagegen ein sehr hübsches, sportlich aussehendes Mädchen aus dem Fenster – Madison Bellamy, wie Bree inzwischen wusste. Die Frau mittleren Alters gab Sophie Chavez ein paar Geldscheine, bekam
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