Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
hatte. Sie war viel zu müde, um die Augen zu öffnen, und irgendwo weit hinten in ihrem Kopf wusste sie, dass er bestimmt bald wieder verschwinden würde. Verschwinden.
Was wollte er denn jetzt noch? Wieso blieb er am Fuß ihres Bettes stehen und beugte sich über sie? Sie spürte, wie er sich über ihre Beine lehnte und wie ein Knie in die Matratze gedrückt wurde.
Sie schreckte auf, voller Panik, und der kalte Schweiß stand ihr auf der Stirn. Völlig desorientiert starrte sie in die Dunkelheit. Setzte sich auf und sagte: »Was willst du?« Sie erhielt keine Antwort. Einige Sekunden lang wusste sie überhaupt nicht, wo sie war und wie sie dort hingekommen war.
Dann kehrte ihre Erinnerung zurück und mit ihr einige lebendige Details. Hier gab es gar keinen Tony, keinen Mitbewohner. Sie war in London. In diesem Apartment. Lillians Wohnung. Aber wer war dann …
Ihre Hand glitt hektisch über das Nachtschränkchen und suchte die Lampe. Tastete nach dem Einschaltknopf. Leise wimmernd, richtete sie sich auf und fühlte sich entsetzlich verletzbar, weil sie einer Gestalt ausgeliefert war, die in der undurchdringlichen Dunkelheit dicht neben ihr stand. Sie spürte den alten Keramikfuß der Lampe unter ihren Fingern, fand den klobigen Einschaltknopf und drückte darauf. Der schwere Lampenfuß rutschte ein Stück über das Nachtschränkchen. Dann ging das Licht an und verbreitete einen blassen Schein in dem bräunlichen Zimmer.
Niemand war da. Sie befand sich ganz allein im Zimmer.
Die Erleichterung war eine intensive körperliche Erfahrung. Sie schnappte nach Luft und keuchte, als wäre sie gerade mehrere Treppen hinaufgerannt. Es waren nur die Vorhänge gewesen, die sich in einem leisen Luftzug bewegt hatten, oder die alten Holzdielen, die geknackt hatten. So etwas kam vor in alten Häusern, an die man sich noch nicht gewöhnt hatte.
Sie legte das Gesicht in die Hände. Der Schreck wich langsam aus ihren Gliedern, und zurück blieb das peinliche Gefühl, sich zum Narren gemacht zu haben.
Aber die Erfahrung dieser völligen Orientierungslosigkeit und die nackte Angst, die sie vor dem eingebildeten Eindringling empfunden hatte, machten ihr sehr zu schaffen. Sie nahm sich vor, wenn möglich nur ganz leicht und im Sitzen zu schlafen und mit eingeschalteter Nachttischlampe. Die ließ sie die ganze Nacht über leuchten. Das hatte sie nicht mehr getan, seit sie zum ersten und einzigen Mal Der Exorzist gesehen hatte.
6
Irgendwann nach Mitternacht hörten die Bewohner des Hauses auf, Seth zu belästigen, und der Geruch nach Schwefel und kaltem Rauch auf den oberen Stockwerken im westlichen Gebäudeteil verschwand während seines dritten Kontrollgangs, als er in den Abstellkammern nach der Ursache suchte. Aber kaum saß er wieder hinter seinem Pult, da wurde er so müde, dass er sich nicht mehr auf den Evening Standard konzentrieren konnte. Alle paar Minuten fiel ihm der Kopf auf die Brust. Das war schon eigenartig, denn normalerweise nickte er nie vor zwei Uhr morgens ein. Wahrscheinlich lag es an dem Virus, der sich in seinem Körper breitgemacht hatte. Anscheinend wurde doch mehr daraus als nur ein bisschen erhöhte Temperatur und ein Kratzen im Hals.
Er beschloss ein paar Minuten zu dösen. Danach würde er wacher sein und wäre sicher in der Lage, die Augen offen zu behalten, zumindest für ein paar Stunden.
Seth fiel in einen tiefen Schlaf.
Er hatte das Gefühl, es wären nur wenige Sekunden vergangen, als er von einer huschenden Bewegung in seiner Nähe und einem Schatten, der über seine geschlossenen Lider fiel, geweckt wurde.
Erschrocken richtete er sich auf.
Die Eingangshalle war völlig leer.
Er zitterte, entspannte sich, lehnte sich zurück.
Und schlief erneut ein.
Einen Augenblick später schreckte er wieder hoch. Dieses Mal war er sicher, dass dort draußen, direkt gegenüber von seinem Pult, ein Gesicht hinter der Scheibe der Eingangstür zu sehen war. Aber als er die Augen weiter aufriss, sich in seinem Sessel nach vorn beugte und sich räusperte, konnte er nur die dunkle Glasfläche mit seinem eigenen Spiegelbild erkennen, das ihn anstarrte: ein ernstes, schmales Gesicht mit dunklen Augen.
Voller Unruhe ging er nach unten in den Aufenthaltsraum, rauchte zwei Zigaretten und trank eine Tasse Kaffee. Aber trotzdem fiel ihm, kaum dass er wieder in dem Sessel hinter dem Rezeptionspult saß, das Kinn auf die Brust. Und schon glitt er wieder hinab in einen tiefen, wohltuenden Schlaf.
Bis er das
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