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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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mit der Kapuze blickte über die Schulter zu den Bäumen hin. Seth merkte, dass er sich beeilen, eine schnelle Entscheidung treffen musste. Sollte er bleiben oder weggehen? Es war, als hätte sich ein viel größeres Tor geöffnet dort draußen in der Welt jenseits der Steinkammer, und wenn er sich nicht beeilte, dann würde es sich wieder schließen und ihn einsam und allein zurücklassen. Wenn sie beide hier noch länger stehen blieben, dann würde man sie sicherlich bemerken. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass jemand, der zwischen den Bäumen stand, sie beobachtete.
    Seth schob sich zaghaft durch das Tor und trat mit zitternden Knien auf das Gras. Seine Beine waren nicht mehr gewohnt zu laufen. Sie kamen ihm vor wie dünne Gemüsestrünke, die zu lange im Kühlschrank gelegen hatten.
    Er stand im Gras und genoss das Gefühl des weichen Untergrunds unter seinen Fußsohlen, die so lange nur kalten Stein gespürt hatten, ebenso wie den leichten Windhauch, der über seine nackte Haut strich. Aufgeregt bemerkte er einen Pfad, der zu dem dichten, sommergrünen Wald führte.
    Der Junge mit der Kapuze ging auf die Bäume zu. Seth folgte ihm ängstlich.
    Am Waldrand warf er einen letzten Blick über die Schulter zurück zu der Kammer und dem gelblichen Licht darin. Ein Stück weit entfernt stand der Junge und ermunterte ihn, ihm zu folgen, indem er einfach nur wartete und ihn ansah, bis sie schließlich nebeneinanderstanden, inmitten des feuchten Waldes.
    »Wohin gehen wir?«, fragte er den Jungen.
    »Weg von hier.«
    Seth schluckte und spürte Panik in sich aufsteigen.
    »Wenn du zurückgehst, komm’n wir nich’ mehr da raus. Dann musste hierbleiben. So isses immer. ’s gibt viele Menschen, die gefangen sind. Ich hab sie alle gesehen. Sie wissen nich’, wie man wegkommt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Nur noch’n kleiner Teil von dir is’ lebendig, Seth. Der Rest von dir is’ für immer hier gefangen. Und wenn du stirbst, kommste an diesen Ort zurück. Für lange, lange Zeit.« Der Kopf in der Kapuze deutete zu der marmornen Zelle. »So is’ es. Dann stehste im Dunkeln und siehst überhaupt nichts mehr. Erinnerst dich auch an nix. Das is’, wie wenn du nachts im Meer bist. Da is’ es kalt, und du gehst unter, und niemand kommt und holt dich raus.«
    Seth trat nervös vor und zurück.
    »Ich bin dein Freund, Seth«, sagte der Junge bestimmt und klang jetzt erwachsener. »Du kannst froh sein, dass wir gekomm’n sind. Du kannst uns vertrauen.«
    »Ich weiß, ich weiß. Danke. Vielen Dank.« Seth fühlte sich jetzt besser und war dankbar, aber auch verunsichert. Er hätte gern sehr viele Fragen gestellt, aber er wollte seinen neuen Freund nicht beleidigen. Immerhin hatte er ihn aus der Kammer befreit. »Wer … also, ich wollte nur fragen … wer ist ›wir‹ und was heißt ›uns‹?«
    Der Junge mit der Kapuze ging weiter den Pfad entlang, als hätte er die Frage gar nicht gehört. Äste und nasse Büsche hingen über dem Weg, Blätter und Zweige klatschten gegen seinen Mantel. Seth beeilte sich, ihm zu folgen. Sie gingen immer schneller und kamen so rasch voran, dass er sich fragte, ob er jemals den Weg zurück zur Kammer finden würde. Er spürte den nassen Tau auf der Haut und die Stacheln, die sein Schienbein zerkratzten.
    »Keine Angst, Seth. Das is’ nur am Anfang so komisch. Alles, was man macht, fühlt sich erst ma’ fremd an. Aber nach ’ner Weile is’ es okay. Ich war erst zehn, als ich eingesperrt wurde, in ein Betonrohr in der Nähe vom Spielplatz.«
    »In ein Rohr, ist das wahr?«
    »Dann ham meine Kumpels ’n Feuerwerk auf mich abgeschossen.« Der Kapuzenjunge wurde langsamer. Er zog die Hände aus den Taschen, und Seth sah die deformierten Finger und das violette Fleisch, das unter den langen Ärmeln hervorragte, die seine Hände normalerweise bis zu den Fingerspitzen bedeckten. »Jetzt, wo du aus ’m Gefängnis raus bist, wirst du alles so seh’n, wie’s wirklich is’. Wenn Leute wie du und ich da rausgekomm’n sind, dann seh’n wir alles. Und wir tun das, was wir tun soll’n.«
    »Wirklich?«
    »Klar. Und du wirst malen, was du siehst. Sie werden’s dir beibringen. Du wirst super werden, Kumpel. Der Beste. Das ham sie mir gesagt. Und dann wirst du’s uns irgendwie zurückgeb’n.«
    »Ja!«, sagte Seth jetzt ganz aufgeregt, obwohl ihm überhaupt nicht klar war, um was es eigentlich ging.
    »Am Anfang wird’s ziemlich beängstigend sein. Aber du willst bestimmt nicht zurück. Das

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